Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833.Kind, welches sorglos lächelte, in die Höhe, küßte es Ich sah unverwandt hin und bemerkte es nicht, 5 *
Kind, welches ſorglos lächelte, in die Höhe, küßte es Ich ſah unverwandt hin und bemerkte es nicht, 5 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0109" n="99"/> Kind, welches ſorglos lächelte, in die Höhe, küßte es<lb/> und gab es der ſchönen Mutter in die Arme. Sie war<lb/> außer ſich vor Bewegung, ſah mich mit weiten Augen<lb/> wie ein durſtiger Himmel an, griff haſtig nach meiner<lb/> Hand und bedeckte ſie mit Küſſen. Ich erwehrte mich<lb/> deſſen kaum — das heiße Waſſer ſtand in ihren Augen;<lb/> erregt ſtieg ich wieder auf mein Roß, winkte ihr Lebe¬<lb/> wohl und flog davon. Dieſelbe Dame — ich erkannte<lb/> ſie jetzt genau — war die Desdemona.</p><lb/> <p>Ich ſah unverwandt hin und bemerkte es nicht,<lb/> daß mich die Fürſtin fortwährend fixirte, daß ihr Bru¬<lb/> der, den ich einige Male an der Pharobank und in lü¬<lb/> derlichen Häuſern gefunden, mich zu begrüßen verſuchte.<lb/> Als ich deſſen inne ward, fertigte ich ihn kurz ab, und<lb/> verwies ihn auf das ſchöne Spiel der ſchönen Schau¬<lb/> ſpielerin. Seine Schweſter winkte ihm und nach dem<lb/> erſten Akte ſtellte er mich ihr vor. Ich war zerſtreut<lb/> und ſprach wie eine Seite der Abendzeitung in lang¬<lb/> weiligen Aphorismen, die Blicke immer auf den Vor¬<lb/> hang heftend. Sie fragte boshaft, ob ich ſo ſehnſüch¬<lb/> tig auf die Desdemona wartete. Ich ſah ſie lange<lb/> freundlich an und ſagte lächelnd: „Ja.“ Es zuckte et¬<lb/> was über ihr Geſicht und ſie wendete den Kopf hinweg.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">5 *<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [99/0109]
Kind, welches ſorglos lächelte, in die Höhe, küßte es
und gab es der ſchönen Mutter in die Arme. Sie war
außer ſich vor Bewegung, ſah mich mit weiten Augen
wie ein durſtiger Himmel an, griff haſtig nach meiner
Hand und bedeckte ſie mit Küſſen. Ich erwehrte mich
deſſen kaum — das heiße Waſſer ſtand in ihren Augen;
erregt ſtieg ich wieder auf mein Roß, winkte ihr Lebe¬
wohl und flog davon. Dieſelbe Dame — ich erkannte
ſie jetzt genau — war die Desdemona.
Ich ſah unverwandt hin und bemerkte es nicht,
daß mich die Fürſtin fortwährend fixirte, daß ihr Bru¬
der, den ich einige Male an der Pharobank und in lü¬
derlichen Häuſern gefunden, mich zu begrüßen verſuchte.
Als ich deſſen inne ward, fertigte ich ihn kurz ab, und
verwies ihn auf das ſchöne Spiel der ſchönen Schau¬
ſpielerin. Seine Schweſter winkte ihm und nach dem
erſten Akte ſtellte er mich ihr vor. Ich war zerſtreut
und ſprach wie eine Seite der Abendzeitung in lang¬
weiligen Aphorismen, die Blicke immer auf den Vor¬
hang heftend. Sie fragte boshaft, ob ich ſo ſehnſüch¬
tig auf die Desdemona wartete. Ich ſah ſie lange
freundlich an und ſagte lächelnd: „Ja.“ Es zuckte et¬
was über ihr Geſicht und ſie wendete den Kopf hinweg.
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