Ich hoffe nicht, daß mir die Zeitungen voraus¬ fliegen; wenigstens werden sie Euch nicht sagen können, wie gut mir's in der hiesigen Schlacht geht. Sattle Dein Roß und fliege her, wir machen Freiheit hier. Vorgestern ist er losgegangen in den Straßen von Paris, der hochrothe blutige Kampf eines Volkes um sein Recht, die dunkeln Schatten der Jacobiner schreiten vor der neuen Jugend einher, die alten Freiheitslieder flattern wie Sturmvögel über den Plätzen, mein Herz ist fast zer¬ sprungen vor Freude, so zur rechten Zeit gekommen zu sein, und meinen grimmigen Haß gegen alles weltgeschichtliche Unrecht ausbaden zu können in schlechtem Söldnerblute. Ich habe gefochten wie ein Rasender. Gestern stand ich am Fenster des Zimmers, wo die Deputirten zu¬ sammenkamen -- der alte Student der Revolutionen, das bemooste Haupt auf dem Fechtboden der Völker, La¬ fayette, sagte uns, was wir thaten. Die Deputirten spra¬ chen verwirrt von Ementen, Revolten etc. -- Da stand der unsterbliche alte Knabe, dessen Herz noch im Sarge schla¬
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17. Constantin an Hyppolit.
Paris, den 29. Juli.
Ich hoffe nicht, daß mir die Zeitungen voraus¬ fliegen; wenigſtens werden ſie Euch nicht ſagen können, wie gut mir's in der hieſigen Schlacht geht. Sattle Dein Roß und fliege her, wir machen Freiheit hier. Vorgeſtern iſt er losgegangen in den Straßen von Paris, der hochrothe blutige Kampf eines Volkes um ſein Recht, die dunkeln Schatten der Jacobiner ſchreiten vor der neuen Jugend einher, die alten Freiheitslieder flattern wie Sturmvögel über den Plätzen, mein Herz iſt faſt zer¬ ſprungen vor Freude, ſo zur rechten Zeit gekommen zu ſein, und meinen grimmigen Haß gegen alles weltgeſchichtliche Unrecht ausbaden zu können in ſchlechtem Söldnerblute. Ich habe gefochten wie ein Raſender. Geſtern ſtand ich am Fenſter des Zimmers, wo die Deputirten zu¬ ſammenkamen — der alte Student der Revolutionen, das bemooste Haupt auf dem Fechtboden der Völker, La¬ fayette, ſagte uns, was wir thaten. Die Deputirten ſpra¬ chen verwirrt von Ementen, Revolten ꝛc. — Da ſtand der unſterbliche alte Knabe, deſſen Herz noch im Sarge ſchla¬
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17.
Constantin an Hyppolit.
Paris, den 29. Juli.
Ich hoffe nicht, daß mir die Zeitungen voraus¬
fliegen; wenigſtens werden ſie Euch nicht ſagen können,
wie gut mir's in der hieſigen Schlacht geht. Sattle
Dein Roß und fliege her, wir machen Freiheit hier.
Vorgeſtern iſt er losgegangen in den Straßen von
Paris, der hochrothe blutige Kampf eines Volkes um ſein
Recht, die dunkeln Schatten der Jacobiner ſchreiten vor
der neuen Jugend einher, die alten Freiheitslieder flattern
wie Sturmvögel über den Plätzen, mein Herz iſt faſt zer¬
ſprungen vor Freude, ſo zur rechten Zeit gekommen zu ſein,
und meinen grimmigen Haß gegen alles weltgeſchichtliche
Unrecht ausbaden zu können in ſchlechtem Söldnerblute.
Ich habe gefochten wie ein Raſender. Geſtern ſtand
ich am Fenſter des Zimmers, wo die Deputirten zu¬
ſammenkamen — der alte Student der Revolutionen,
das bemooste Haupt auf dem Fechtboden der Völker, La¬
fayette, ſagte uns, was wir thaten. Die Deputirten ſpra¬
chen verwirrt von Ementen, Revolten ꝛc. — Da ſtand der
unſterbliche alte Knabe, deſſen Herz noch im Sarge ſchla¬
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 1. Leipzig, 1833, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0101_1833/181>, abgerufen am 16.07.2024.
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