Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.durchsichtige Haut war durch die Bewegung auf den durchſichtige Haut war durch die Bewegung auf den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0100" n="88"/> durchſichtige Haut war durch die Bewegung auf den<lb/> Wangen geröthet; es war ein warmer Tag und ſie trug<lb/> ein leichtes weißes Kleid, ein dünnes rothes Flortüch¬<lb/> lein um den Hals, mit dem die Lüfte ſpielten, und was<lb/> nicht im Stande war, das ſchöne weiße Fleiſch der run¬<lb/> den Schultern und des jungen Buſens zu verhüllen.<lb/> Unter einem großen Platanusbaume, der einſam unter<lb/> den Kaſtanien ſtand, und ſeine breiten Aeſte wie ein<lb/> gefälliger Liebeshehler ausbreitete, hielt ich plötzlich im<lb/> Gehen inne, ſchlang meinen Arm um das heiße ſtrah¬<lb/> lende Mädchen — ſie wendete ſich nicht zu mir und<lb/> ich konnte nur ihre Seite an meinen glühenden Kör¬<lb/> per drängen. „Nicht ſo, Hyppolit,“ bat ſie innig.<lb/> Mein gerührtes Herz zerbrach die Sehnen meines Kör¬<lb/> pers, ich knickte zuſammen und mein Kopf ſank auf<lb/> ihre Schulter. Ich fühlte ihre Hand in meinen Haaren<lb/> und den Hauch eines Kußes auf meiner Stirn. „Leb<lb/> wohl, mein Freund,“ ſprach ſie und flog davon. An<lb/> die Platane gelehnt ſah ich ihr ſchmerzlich nach. Das<lb/> mag wohl etwas von Eurer ſentimentalen Liebe ſein,<lb/> was mir mit dieſem Mädchen gekommen iſt: ich wüßte<lb/> nicht, daß es mir je ſo ergangen wäre: meine Augen<lb/> ſtanden in Thränen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [88/0100]
durchſichtige Haut war durch die Bewegung auf den
Wangen geröthet; es war ein warmer Tag und ſie trug
ein leichtes weißes Kleid, ein dünnes rothes Flortüch¬
lein um den Hals, mit dem die Lüfte ſpielten, und was
nicht im Stande war, das ſchöne weiße Fleiſch der run¬
den Schultern und des jungen Buſens zu verhüllen.
Unter einem großen Platanusbaume, der einſam unter
den Kaſtanien ſtand, und ſeine breiten Aeſte wie ein
gefälliger Liebeshehler ausbreitete, hielt ich plötzlich im
Gehen inne, ſchlang meinen Arm um das heiße ſtrah¬
lende Mädchen — ſie wendete ſich nicht zu mir und
ich konnte nur ihre Seite an meinen glühenden Kör¬
per drängen. „Nicht ſo, Hyppolit,“ bat ſie innig.
Mein gerührtes Herz zerbrach die Sehnen meines Kör¬
pers, ich knickte zuſammen und mein Kopf ſank auf
ihre Schulter. Ich fühlte ihre Hand in meinen Haaren
und den Hauch eines Kußes auf meiner Stirn. „Leb
wohl, mein Freund,“ ſprach ſie und flog davon. An
die Platane gelehnt ſah ich ihr ſchmerzlich nach. Das
mag wohl etwas von Eurer ſentimentalen Liebe ſein,
was mir mit dieſem Mädchen gekommen iſt: ich wüßte
nicht, daß es mir je ſo ergangen wäre: meine Augen
ſtanden in Thränen.
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