brennenden Augen bis in das Innerste meiner Seele hineinsah; -- die Verachtung sprang lachend um seine Mundwinkel; er sprach kein Wort. "Willst Du mir nicht etwas darüber sagen? -- Wofür habe ich Euch Freunde? "Hyppolit, sprich doch!" ""Du bist ein schwa¬ cher Mensch, ein teutscher Wicht, der mit Träumen buhlt und vor dem Sonnenlicht bleich wird -- wäre nicht Valer unter Euch gewesen, mich reute der Zeit, die ich in Euren Kreisen verbracht -- sprich mir nicht wie¬ der davon!"" Damit ging er hinweg. Es ist ein beispielloser Uebermuth solches Ausländers, ich war sehr zornig und machte mir durch viele Worte Luft. Als er am andern Morgen erst heimkam, wiederholte ich ihm allen Zorn, alle Vorwürfe. Lange schien er gar nicht zuzuhören, endlich warf er einen raschen unwilligen Blick auf mich, und warf die ganz fremde Frage dazwischen, ob ich ihm für den Abend ein Billet zum Gesandten¬ balle verschaffen könne. Sein Liebeselend, das auf dem blassen Gesicht umherirrt, ließ mich abstehen von mei¬ ner Polemik; ich fragte theilnehmend, wie seine Sachen mit Julien ständen. Mit vieler Mühe habe ich folgen¬ den Thatbestand ermittelt, denn man muß ihm wie ein Kriminalist das Wichtigste abfragen, da er kaum
brennenden Augen bis in das Innerſte meiner Seele hineinſah; — die Verachtung ſprang lachend um ſeine Mundwinkel; er ſprach kein Wort. „Willſt Du mir nicht etwas darüber ſagen? — Wofür habe ich Euch Freunde? „Hyppolit, ſprich doch!“ „„Du biſt ein ſchwa¬ cher Menſch, ein teutſcher Wicht, der mit Träumen buhlt und vor dem Sonnenlicht bleich wird — wäre nicht Valer unter Euch geweſen, mich reute der Zeit, die ich in Euren Kreiſen verbracht — ſprich mir nicht wie¬ der davon!““ Damit ging er hinweg. Es iſt ein beiſpielloſer Uebermuth ſolches Ausländers, ich war ſehr zornig und machte mir durch viele Worte Luft. Als er am andern Morgen erſt heimkam, wiederholte ich ihm allen Zorn, alle Vorwürfe. Lange ſchien er gar nicht zuzuhören, endlich warf er einen raſchen unwilligen Blick auf mich, und warf die ganz fremde Frage dazwiſchen, ob ich ihm für den Abend ein Billet zum Geſandten¬ balle verſchaffen könne. Sein Liebeselend, das auf dem blaſſen Geſicht umherirrt, ließ mich abſtehen von mei¬ ner Polemik; ich fragte theilnehmend, wie ſeine Sachen mit Julien ſtänden. Mit vieler Mühe habe ich folgen¬ den Thatbeſtand ermittelt, denn man muß ihm wie ein Kriminaliſt das Wichtigſte abfragen, da er kaum
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brennenden Augen bis in das Innerſte meiner Seele
hineinſah; — die Verachtung ſprang lachend um ſeine
Mundwinkel; er ſprach kein Wort. „Willſt Du mir
nicht etwas darüber ſagen? — Wofür habe ich Euch
Freunde? „Hyppolit, ſprich doch!“ „„Du biſt ein ſchwa¬
cher Menſch, ein teutſcher Wicht, der mit Träumen buhlt
und vor dem Sonnenlicht bleich wird — wäre nicht
Valer unter Euch geweſen, mich reute der Zeit, die
ich in Euren Kreiſen verbracht — ſprich mir nicht wie¬
der davon!““ Damit ging er hinweg. Es iſt ein
beiſpielloſer Uebermuth ſolches Ausländers, ich war ſehr
zornig und machte mir durch viele Worte Luft. Als
er am andern Morgen erſt heimkam, wiederholte ich ihm
allen Zorn, alle Vorwürfe. Lange ſchien er gar nicht
zuzuhören, endlich warf er einen raſchen unwilligen Blick
auf mich, und warf die ganz fremde Frage dazwiſchen,
ob ich ihm für den Abend ein Billet zum Geſandten¬
balle verſchaffen könne. Sein Liebeselend, das auf dem
blaſſen Geſicht umherirrt, ließ mich abſtehen von mei¬
ner Polemik; ich fragte theilnehmend, wie ſeine Sachen
mit Julien ſtänden. Mit vieler Mühe habe ich folgen¬
den Thatbeſtand ermittelt, denn man muß ihm wie
ein Kriminaliſt das Wichtigſte abfragen, da er kaum
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/182>, abgerufen am 25.02.2025.
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