Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.mittelalterliche Courage, das Vorrecht von Studenten mittelalterliche Courage, das Vorrecht von Studenten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0056" n="44"/> mittelalterliche Courage, das Vorrecht von Studenten<lb/> und Soldaten, die es in Ermangelung eines beſſeren<lb/> Kerns zum Mittelpunkte ihres Lebens gemacht haben,<lb/> bei denen man keiner andern Eigenſchaft bedarf, um für<lb/> vollkommen zu gelten. Die beſten Männer der Welt¬<lb/> geſchichte dürften leichtlich nichts taugen, wenn man die¬<lb/> ſen Duellmaaßſtab bei ihnen anlegen wollte, und doch<lb/> iſt es Mode geworden, ſelbigen Maaßſtab an uns Alle<lb/> anzulegen. Sind wir nicht wie die Kinder? Wenn<lb/> ſich einer vor Dummheiten nicht fürchtet, ſo iſt er ein<lb/> tüchtiger Mann, vor Klugheiten aber Furcht zu haben,<lb/> ein Dummkopf zu ſein, das thut der Ehre nichts.<lb/> Ich habe mich auf der Univerſität geſchlagen, weil —<lb/> nun ja, weil ich Student war; ich werde mich wahr¬<lb/> ſcheinlich jetzt wieder ſchlagen, weil ich ſchwach bin, oder<lb/> wenigſtens nicht den Muth habe, allein ſtark zu ſein.<lb/> Aber ich will mich beſſern, ich will mich an das Schreck¬<lb/> bild gewöhnen, für feig zu gelten; es gehört ja doch wahr¬<lb/> lich mehr Muth dazu, ihm ins Angeſicht zu ſehn als<lb/> einer ſchmalen Kugelmündung. Wenn meine Beſſerung<lb/> nicht ſo ſchnell von Statten geht, daß ich ſchon meinen<lb/> jetzigen Ausfoderer heimſchicke, ſo ſoll er doch der letzte<lb/> ſein, mit dem ich dieſe Narrheit treibe. Laß mich Dir's<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [44/0056]
mittelalterliche Courage, das Vorrecht von Studenten
und Soldaten, die es in Ermangelung eines beſſeren
Kerns zum Mittelpunkte ihres Lebens gemacht haben,
bei denen man keiner andern Eigenſchaft bedarf, um für
vollkommen zu gelten. Die beſten Männer der Welt¬
geſchichte dürften leichtlich nichts taugen, wenn man die¬
ſen Duellmaaßſtab bei ihnen anlegen wollte, und doch
iſt es Mode geworden, ſelbigen Maaßſtab an uns Alle
anzulegen. Sind wir nicht wie die Kinder? Wenn
ſich einer vor Dummheiten nicht fürchtet, ſo iſt er ein
tüchtiger Mann, vor Klugheiten aber Furcht zu haben,
ein Dummkopf zu ſein, das thut der Ehre nichts.
Ich habe mich auf der Univerſität geſchlagen, weil —
nun ja, weil ich Student war; ich werde mich wahr¬
ſcheinlich jetzt wieder ſchlagen, weil ich ſchwach bin, oder
wenigſtens nicht den Muth habe, allein ſtark zu ſein.
Aber ich will mich beſſern, ich will mich an das Schreck¬
bild gewöhnen, für feig zu gelten; es gehört ja doch wahr¬
lich mehr Muth dazu, ihm ins Angeſicht zu ſehn als
einer ſchmalen Kugelmündung. Wenn meine Beſſerung
nicht ſo ſchnell von Statten geht, daß ich ſchon meinen
jetzigen Ausfoderer heimſchicke, ſo ſoll er doch der letzte
ſein, mit dem ich dieſe Narrheit treibe. Laß mich Dir's
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