gestehen, daß meine Schwäche durch meine Umgebung gesteigert wird: der Adel sieht seinen Duellmuth für eine Prärogative an, womit er seine andern Prärogativen verdiene; wenn ich ihm den Unsinn des Duells noch so klar beweise, so zuckt er doch die Achsel und schwappt sich auf den Bauch und spricht: "Man sieht's doch gleich" etc. -- Unter den Indianern mußt Du erst an den Götzen, welchen sie verehren, geglaubt haben, eh' Du ihnen beweisen kannst, daß der Götze ein Götze sei. Ich will noch einmal mich gläubig stellen, und dann auf offnem Markte das Götzenbild zertrümmern. Es ist ja doch gar zu lächerlich, jedem Laffen preisgegeben zu sein, sei's auch nur den Zeitpunkt betreffend, in welchem ich ihm zu Dienst sein muß. Man beschäftigt sich mit den höchsten Interessen der Menschheit und ist den al¬ ten Resten der Blutrache, dem faustrechtlichen Larifari unterworfen; man predigt auf der Kanzel und sündigt hinter der Kirche. Der Krieg im Allgemeinen bleibt immer noch ein Akt der Barbarei, welcher wegen der Verschiedenartigkeit der Stufen, auf denen die Völker stehen, noch immer nicht abgeschafft werden kann; aber den Krieg im Kleinen sollten wir doch wahrlich däm¬ pfen können. Es ist eine eben so große Dummheit,
geſtehen, daß meine Schwäche durch meine Umgebung geſteigert wird: der Adel ſieht ſeinen Duellmuth für eine Prärogative an, womit er ſeine andern Prärogativen verdiene; wenn ich ihm den Unſinn des Duells noch ſo klar beweiſe, ſo zuckt er doch die Achſel und ſchwappt ſich auf den Bauch und ſpricht: „Man ſieht's doch gleich“ ꝛc. — Unter den Indianern mußt Du erſt an den Götzen, welchen ſie verehren, geglaubt haben, eh' Du ihnen beweiſen kannſt, daß der Götze ein Götze ſei. Ich will noch einmal mich gläubig ſtellen, und dann auf offnem Markte das Götzenbild zertrümmern. Es iſt ja doch gar zu lächerlich, jedem Laffen preisgegeben zu ſein, ſei's auch nur den Zeitpunkt betreffend, in welchem ich ihm zu Dienſt ſein muß. Man beſchäftigt ſich mit den höchſten Intereſſen der Menſchheit und iſt den al¬ ten Reſten der Blutrache, dem fauſtrechtlichen Larifari unterworfen; man predigt auf der Kanzel und ſündigt hinter der Kirche. Der Krieg im Allgemeinen bleibt immer noch ein Akt der Barbarei, welcher wegen der Verſchiedenartigkeit der Stufen, auf denen die Völker ſtehen, noch immer nicht abgeſchafft werden kann; aber den Krieg im Kleinen ſollten wir doch wahrlich däm¬ pfen können. Es iſt eine eben ſo große Dummheit,
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geſtehen, daß meine Schwäche durch meine Umgebung
geſteigert wird: der Adel ſieht ſeinen Duellmuth für eine
Prärogative an, womit er ſeine andern Prärogativen
verdiene; wenn ich ihm den Unſinn des Duells noch
ſo klar beweiſe, ſo zuckt er doch die Achſel und ſchwappt
ſich auf den Bauch und ſpricht: „Man ſieht's doch
gleich“ ꝛc. — Unter den Indianern mußt Du erſt an
den Götzen, welchen ſie verehren, geglaubt haben, eh'
Du ihnen beweiſen kannſt, daß der Götze ein Götze ſei.
Ich will noch einmal mich gläubig ſtellen, und dann
auf offnem Markte das Götzenbild zertrümmern. Es iſt
ja doch gar zu lächerlich, jedem Laffen preisgegeben zu
ſein, ſei's auch nur den Zeitpunkt betreffend, in welchem
ich ihm zu Dienſt ſein muß. Man beſchäftigt ſich mit
den höchſten Intereſſen der Menſchheit und iſt den al¬
ten Reſten der Blutrache, dem fauſtrechtlichen Larifari
unterworfen; man predigt auf der Kanzel und ſündigt
hinter der Kirche. Der Krieg im Allgemeinen bleibt
immer noch ein Akt der Barbarei, welcher wegen der
Verſchiedenartigkeit der Stufen, auf denen die Völker
ſtehen, noch immer nicht abgeſchafft werden kann; aber
den Krieg im Kleinen ſollten wir doch wahrlich däm¬
pfen können. Es iſt eine eben ſo große Dummheit,
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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/57>, abgerufen am 16.02.2025.
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