Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

ist, was man vereinzelt von ihm hört, so ist er ein sol¬
cher Ausbund von Lasterhaftigkeit, eine solche Größe
von Untugend, daß man versucht wird ihn zu bewun¬
dern. Er weiß z. B. um Albertas heftige Neigung
für ihn, er hat sie hingenommen wie ein angenehm
Geschenk und vom Tage meiner Ankunft an nicht die
mindeste Notiz mehr davon gezeigt. Meinst Du nun
aber, daß er in ihrer Gegenwart befangen, auch nur
im Mindesten befangen wäre? Gott bewahre; er un¬
terhält sich harmlos, als ob gar nichts vorgefallen sei.
Mich verfolgt er mit den feurigsten Versicherungen sei¬
ner Liebe; aber selbst in seinen Bitten liegt etwas Wil¬
des, Herausforderndes. Der Himmel weiß, was die
Fürstin gegen ihn hatte, sie nahm in der ersten Zeit
ihres Hierseins unglaublich leidenschaftlich Partei gegen
ihn, sie war immer so erregt, wenn sie von ihm sprach,
daß ich eine Zeitlang glaubte, sie habe eine glühende
Neigung in die Livree des Hasses gekleidet -- es war
ein auffallender Anblick, diese stolze gewaltige Frau und
den imponirenden Hyppolit einander gegenüber sitzen zu
sehen: Constantie sah ihm vornehm, fest, starr in die
Augen, als erzähle sie ihm eine Geschichte von seiner
eignen Nichtswürdigkeit; er gab die Blicke sprühend zu¬

II. 3

iſt, was man vereinzelt von ihm hört, ſo iſt er ein ſol¬
cher Ausbund von Laſterhaftigkeit, eine ſolche Größe
von Untugend, daß man verſucht wird ihn zu bewun¬
dern. Er weiß z. B. um Albertas heftige Neigung
für ihn, er hat ſie hingenommen wie ein angenehm
Geſchenk und vom Tage meiner Ankunft an nicht die
mindeſte Notiz mehr davon gezeigt. Meinſt Du nun
aber, daß er in ihrer Gegenwart befangen, auch nur
im Mindeſten befangen wäre? Gott bewahre; er un¬
terhält ſich harmlos, als ob gar nichts vorgefallen ſei.
Mich verfolgt er mit den feurigſten Verſicherungen ſei¬
ner Liebe; aber ſelbſt in ſeinen Bitten liegt etwas Wil¬
des, Herausforderndes. Der Himmel weiß, was die
Fürſtin gegen ihn hatte, ſie nahm in der erſten Zeit
ihres Hierſeins unglaublich leidenſchaftlich Partei gegen
ihn, ſie war immer ſo erregt, wenn ſie von ihm ſprach,
daß ich eine Zeitlang glaubte, ſie habe eine glühende
Neigung in die Livrée des Haſſes gekleidet — es war
ein auffallender Anblick, dieſe ſtolze gewaltige Frau und
den imponirenden Hyppolit einander gegenüber ſitzen zu
ſehen: Conſtantie ſah ihm vornehm, feſt, ſtarr in die
Augen, als erzähle ſie ihm eine Geſchichte von ſeiner
eignen Nichtswürdigkeit; er gab die Blicke ſprühend zu¬

II. 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="49"/>
i&#x017F;t, was man vereinzelt von ihm hört, &#x017F;o i&#x017F;t er ein &#x017F;ol¬<lb/>
cher Ausbund von La&#x017F;terhaftigkeit, eine &#x017F;olche Größe<lb/>
von Untugend, daß man ver&#x017F;ucht wird ihn zu bewun¬<lb/>
dern. Er weiß z. B. um Albertas heftige Neigung<lb/>
für ihn, er hat &#x017F;ie hingenommen wie ein angenehm<lb/>
Ge&#x017F;chenk und vom Tage meiner Ankunft an nicht die<lb/>
minde&#x017F;te Notiz mehr davon gezeigt. Mein&#x017F;t Du nun<lb/>
aber, daß er in ihrer Gegenwart befangen, auch nur<lb/>
im Minde&#x017F;ten befangen wäre? Gott bewahre; er un¬<lb/>
terhält &#x017F;ich harmlos, als ob gar nichts vorgefallen &#x017F;ei.<lb/>
Mich verfolgt er mit den feurig&#x017F;ten Ver&#x017F;icherungen &#x017F;ei¬<lb/>
ner Liebe; aber &#x017F;elb&#x017F;t in &#x017F;einen Bitten liegt etwas Wil¬<lb/>
des, Herausforderndes. Der Himmel weiß, was die<lb/>
Für&#x017F;tin gegen ihn hatte, &#x017F;ie nahm in der er&#x017F;ten Zeit<lb/>
ihres Hier&#x017F;eins unglaublich leiden&#x017F;chaftlich Partei gegen<lb/>
ihn, &#x017F;ie war immer &#x017F;o erregt, wenn &#x017F;ie von ihm &#x017F;prach,<lb/>
daß ich eine Zeitlang glaubte, &#x017F;ie habe eine glühende<lb/>
Neigung in die Livr<hi rendition="#aq">é</hi>e des Ha&#x017F;&#x017F;es gekleidet &#x2014; es war<lb/>
ein auffallender Anblick, die&#x017F;e &#x017F;tolze gewaltige Frau und<lb/>
den imponirenden Hyppolit einander gegenüber &#x017F;itzen zu<lb/>
&#x017F;ehen: Con&#x017F;tantie &#x017F;ah ihm vornehm, fe&#x017F;t, &#x017F;tarr in die<lb/>
Augen, als erzähle &#x017F;ie ihm eine Ge&#x017F;chichte von &#x017F;einer<lb/>
eignen Nichtswürdigkeit; er gab die Blicke &#x017F;prühend zu¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II.</hi> 3<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0061] iſt, was man vereinzelt von ihm hört, ſo iſt er ein ſol¬ cher Ausbund von Laſterhaftigkeit, eine ſolche Größe von Untugend, daß man verſucht wird ihn zu bewun¬ dern. Er weiß z. B. um Albertas heftige Neigung für ihn, er hat ſie hingenommen wie ein angenehm Geſchenk und vom Tage meiner Ankunft an nicht die mindeſte Notiz mehr davon gezeigt. Meinſt Du nun aber, daß er in ihrer Gegenwart befangen, auch nur im Mindeſten befangen wäre? Gott bewahre; er un¬ terhält ſich harmlos, als ob gar nichts vorgefallen ſei. Mich verfolgt er mit den feurigſten Verſicherungen ſei¬ ner Liebe; aber ſelbſt in ſeinen Bitten liegt etwas Wil¬ des, Herausforderndes. Der Himmel weiß, was die Fürſtin gegen ihn hatte, ſie nahm in der erſten Zeit ihres Hierſeins unglaublich leidenſchaftlich Partei gegen ihn, ſie war immer ſo erregt, wenn ſie von ihm ſprach, daß ich eine Zeitlang glaubte, ſie habe eine glühende Neigung in die Livrée des Haſſes gekleidet — es war ein auffallender Anblick, dieſe ſtolze gewaltige Frau und den imponirenden Hyppolit einander gegenüber ſitzen zu ſehen: Conſtantie ſah ihm vornehm, feſt, ſtarr in die Augen, als erzähle ſie ihm eine Geſchichte von ſeiner eignen Nichtswürdigkeit; er gab die Blicke ſprühend zu¬ II. 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/61
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 1, 2. Leipzig, 1833, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa0102_1833/61>, abgerufen am 21.11.2024.