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Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

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nen Spangen verschließt, mit nördlichem Reife be-
haucht, und in denen morgenländisch glühende
Mährchen ruhn, sie betrachten mich kalt und scheu
und neugierig. Diese Vereinigung im Blicke ist
ächt englisch. Um solcher Welt der Untersuchung
zu entgehen, schließ ich mich an die Genossen tollen
Lebens, ich brauche eine kräftigere Bewegung, als
sie das Nachdenken über unabänderlich Geschehenes
bietet -- manche Nacht sprangen wir durch die
gaslichten Straßen hinaus in die Nacht, um ein
Landhaus zu besuchen, wo eine fröhliche Wirthschaft
gedeiht. Mädchen aus Afrika, Bajaderen aus Ost-
indien, verschloßne Amerikanerinnen, verschleierte
Ladies, verlarvte Kinder begegnen uns dort, Prinz
Heinz hat reizloser lüderlich gelebt.

Es ist ein Mädchen dort, von Allen die Perle
genannt, die mich wunderbar fesselt, obwohl sie
mir niemals ihr Antlitz zeigt; sie kleidet sich frei
und prächtig wie eine Jndierin, sie tanzt mit dem
Tambourin zum Entzücken, alle Uebrigen haben ihr
Antlitz gesehen und nennen sie schön zum Erstau-
nen, alle Uebrigen haben mit ihr geredet und fin-
den sie liebenswürdig zum Berauschen -- mir nur

nen Spangen verſchließt, mit nördlichem Reife be-
haucht, und in denen morgenländiſch glühende
Mährchen ruhn, ſie betrachten mich kalt und ſcheu
und neugierig. Dieſe Vereinigung im Blicke iſt
ächt engliſch. Um ſolcher Welt der Unterſuchung
zu entgehen, ſchließ ich mich an die Genoſſen tollen
Lebens, ich brauche eine kräftigere Bewegung, als
ſie das Nachdenken über unabänderlich Geſchehenes
bietet — manche Nacht ſprangen wir durch die
gaslichten Straßen hinaus in die Nacht, um ein
Landhaus zu beſuchen, wo eine fröhliche Wirthſchaft
gedeiht. Mädchen aus Afrika, Bajaderen aus Oſt-
indien, verſchloßne Amerikanerinnen, verſchleierte
Ladies, verlarvte Kinder begegnen uns dort, Prinz
Heinz hat reizloſer lüderlich gelebt.

Es iſt ein Mädchen dort, von Allen die Perle
genannt, die mich wunderbar feſſelt, obwohl ſie
mir niemals ihr Antlitz zeigt; ſie kleidet ſich frei
und prächtig wie eine Jndierin, ſie tanzt mit dem
Tambourin zum Entzücken, alle Uebrigen haben ihr
Antlitz geſehen und nennen ſie ſchön zum Erſtau-
nen, alle Uebrigen haben mit ihr geredet und fin-
den ſie liebenswürdig zum Berauſchen — mir nur

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[244/0252] nen Spangen verſchließt, mit nördlichem Reife be- haucht, und in denen morgenländiſch glühende Mährchen ruhn, ſie betrachten mich kalt und ſcheu und neugierig. Dieſe Vereinigung im Blicke iſt ächt engliſch. Um ſolcher Welt der Unterſuchung zu entgehen, ſchließ ich mich an die Genoſſen tollen Lebens, ich brauche eine kräftigere Bewegung, als ſie das Nachdenken über unabänderlich Geſchehenes bietet — manche Nacht ſprangen wir durch die gaslichten Straßen hinaus in die Nacht, um ein Landhaus zu beſuchen, wo eine fröhliche Wirthſchaft gedeiht. Mädchen aus Afrika, Bajaderen aus Oſt- indien, verſchloßne Amerikanerinnen, verſchleierte Ladies, verlarvte Kinder begegnen uns dort, Prinz Heinz hat reizloſer lüderlich gelebt. Es iſt ein Mädchen dort, von Allen die Perle genannt, die mich wunderbar feſſelt, obwohl ſie mir niemals ihr Antlitz zeigt; ſie kleidet ſich frei und prächtig wie eine Jndierin, ſie tanzt mit dem Tambourin zum Entzücken, alle Uebrigen haben ihr Antlitz geſehen und nennen ſie ſchön zum Erſtau- nen, alle Uebrigen haben mit ihr geredet und fin- den ſie liebenswürdig zum Berauſchen — mir nur

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Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/252>, abgerufen am 22.11.2024.