Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

ein halbes tete-a-tete mit Frau van Wälen, da-
mit ich die Schlüssel erhielte. Sie schien mir un-
ruhig, und zu meinem Erstaunen wagte Tallon die
wunderlichsten Sticheleien, als ob er die gestrige
Spitzendame gesprochen, und meinen Giacomo aus-
spionirt habe. Man muß so bornirt für nichts Jn-
teresse haben als für politisches Gewäsch, wie dieser
Wälen, um so unberührt zu bleiben, wie er bleibt.

Endlich konnte mir Frau van Wälen zuflüstern,
wir könnten uns nicht sehen, die Schlüssel seien
spurlos fort, sie argwöhne Alles gegen diesen Tallon,
der aus dem Weg geräumt werden müsse.

Wie ein ruhiger feuerspeiender Berg, in dessen
Jnnern ungesehn fulminante Ausbrüche bereit liegen,
erschien mir die Frau.

Am andern Morgen bewaffnete ich Giacomo
tüchtig, der sich so ungeschickt anstellte, daß eine
halbe Stunde Zeit darüber vertrödelt wurde, nahm
einen handfesten Kutscher und fuhr mit Leopold nach
der Hügellehne von Waterloo hinaus. Wälen's und
Tallon waren schon da, wir sahen sie aus der Ferne
auf dem Hügel stehn, und -- zwei Kerle sprangen
aus dem nahen Gehölz, hoben blitzschnell Margarita

3*

ein halbes tête-à-tête mit Frau van Wälen, da-
mit ich die Schlüſſel erhielte. Sie ſchien mir un-
ruhig, und zu meinem Erſtaunen wagte Tallon die
wunderlichſten Sticheleien, als ob er die geſtrige
Spitzendame geſprochen, und meinen Giacomo aus-
ſpionirt habe. Man muß ſo bornirt für nichts Jn-
tereſſe haben als für politiſches Gewäſch, wie dieſer
Wälen, um ſo unberührt zu bleiben, wie er bleibt.

Endlich konnte mir Frau van Wälen zuflüſtern,
wir könnten uns nicht ſehen, die Schlüſſel ſeien
ſpurlos fort, ſie argwöhne Alles gegen dieſen Tallon,
der aus dem Weg geräumt werden müſſe.

Wie ein ruhiger feuerſpeiender Berg, in deſſen
Jnnern ungeſehn fulminante Ausbrüche bereit liegen,
erſchien mir die Frau.

Am andern Morgen bewaffnete ich Giacomo
tüchtig, der ſich ſo ungeſchickt anſtellte, daß eine
halbe Stunde Zeit darüber vertrödelt wurde, nahm
einen handfeſten Kutſcher und fuhr mit Leopold nach
der Hügellehne von Waterloo hinaus. Wälen’s und
Tallon waren ſchon da, wir ſahen ſie aus der Ferne
auf dem Hügel ſtehn, und — zwei Kerle ſprangen
aus dem nahen Gehölz, hoben blitzſchnell Margarita

3*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0065" n="57"/>
ein halbes <hi rendition="#aq">tête-à-tête</hi> mit Frau van Wälen, da-<lb/>
mit ich die Schlü&#x017F;&#x017F;el erhielte. Sie &#x017F;chien mir un-<lb/>
ruhig, und zu meinem Er&#x017F;taunen wagte Tallon die<lb/>
wunderlich&#x017F;ten Sticheleien, als ob er die ge&#x017F;trige<lb/>
Spitzendame ge&#x017F;prochen, und meinen Giacomo aus-<lb/>
&#x017F;pionirt habe. Man muß &#x017F;o bornirt für nichts Jn-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e haben als für politi&#x017F;ches Gewä&#x017F;ch, wie die&#x017F;er<lb/>
Wälen, um &#x017F;o unberührt zu bleiben, wie er bleibt.</p><lb/>
          <p>Endlich konnte mir Frau van Wälen zuflü&#x017F;tern,<lb/>
wir könnten uns nicht &#x017F;ehen, die Schlü&#x017F;&#x017F;el &#x017F;eien<lb/>
&#x017F;purlos fort, &#x017F;ie argwöhne Alles gegen die&#x017F;en Tallon,<lb/>
der aus dem Weg geräumt werden mü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Wie ein ruhiger feuer&#x017F;peiender Berg, in de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Jnnern unge&#x017F;ehn fulminante Ausbrüche bereit liegen,<lb/>
er&#x017F;chien mir die Frau.</p><lb/>
          <p>Am andern Morgen bewaffnete ich Giacomo<lb/>
tüchtig, der &#x017F;ich &#x017F;o unge&#x017F;chickt an&#x017F;tellte, daß eine<lb/>
halbe Stunde Zeit darüber vertrödelt wurde, nahm<lb/>
einen handfe&#x017F;ten Kut&#x017F;cher und fuhr mit Leopold nach<lb/>
der Hügellehne von Waterloo hinaus. Wälen&#x2019;s und<lb/>
Tallon waren &#x017F;chon da, wir &#x017F;ahen &#x017F;ie aus der Ferne<lb/>
auf dem Hügel &#x017F;tehn, und &#x2014; zwei Kerle &#x017F;prangen<lb/>
aus dem nahen Gehölz, hoben blitz&#x017F;chnell Margarita<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">3*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0065] ein halbes tête-à-tête mit Frau van Wälen, da- mit ich die Schlüſſel erhielte. Sie ſchien mir un- ruhig, und zu meinem Erſtaunen wagte Tallon die wunderlichſten Sticheleien, als ob er die geſtrige Spitzendame geſprochen, und meinen Giacomo aus- ſpionirt habe. Man muß ſo bornirt für nichts Jn- tereſſe haben als für politiſches Gewäſch, wie dieſer Wälen, um ſo unberührt zu bleiben, wie er bleibt. Endlich konnte mir Frau van Wälen zuflüſtern, wir könnten uns nicht ſehen, die Schlüſſel ſeien ſpurlos fort, ſie argwöhne Alles gegen dieſen Tallon, der aus dem Weg geräumt werden müſſe. Wie ein ruhiger feuerſpeiender Berg, in deſſen Jnnern ungeſehn fulminante Ausbrüche bereit liegen, erſchien mir die Frau. Am andern Morgen bewaffnete ich Giacomo tüchtig, der ſich ſo ungeſchickt anſtellte, daß eine halbe Stunde Zeit darüber vertrödelt wurde, nahm einen handfeſten Kutſcher und fuhr mit Leopold nach der Hügellehne von Waterloo hinaus. Wälen’s und Tallon waren ſchon da, wir ſahen ſie aus der Ferne auf dem Hügel ſtehn, und — zwei Kerle ſprangen aus dem nahen Gehölz, hoben blitzſchnell Margarita 3*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/65
Zitationshilfe: Laube, Heinrich: Das junge Europa. Bd. 3. Mannheim, 1837, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laube_europa03_1837/65>, abgerufen am 16.05.2024.