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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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heran, und siehe da, es war ein Schäfer, welcher
spät zur Stadt gekommen war. Freilich schämte sich
jetzt der Herr Philosoph seines unphilosophischen Ir-
thums, wollte aber dennoch, da Semler von hieraus
Gelegenheit nahm, das Daseyn solcher Dinge zu
leugnen, durchaus nicht einstimmen, und allegirte so
viel Begebenheiten und Erscheinungen, welche sei-
nem Vater, Großvater, Mutter und Großmutter
seinen Tanten und ihm selbst sichtbar geworden wä-
ren, daß Semler sein Raisonniren aufgab. Wer kann,
sagte er, geglaubte Thatsachen widerlegen? der
Glaube an Mirakel ist ja auch historisch: und den
historischen Glauben resutirt keine Philosophie a).
Dieser Satz war so Semlers Steckenpferd, dem ich
selbst gern nachsuckelte.

Durch meinen Umgang mit Semlern, durch
mein häufiges Lesen und Vorzeigen guter Bücher,
und selbst durch meine wenigen Kenntnisse war ich
unter meinen Bekannten in einiges Ansehn gekom-
men, und wurde überhaupt auf der Universität als
ein Mensch betrachtet, der das Seine gelernt hätte.

a) Ausser da, wo von dem nullatenus oder nunquam
fieri potuisse
, auf das semel oder usquam factum
esse
geschlossen wird: ein Weg, auf dem D. Bahrdt
den Theologen zu Leibe ging, und in Rücksicht auf un-
befangene Köpfe weit compendiöser als - Semler.

heran, und ſiehe da, es war ein Schaͤfer, welcher
ſpaͤt zur Stadt gekommen war. Freilich ſchaͤmte ſich
jetzt der Herr Philoſoph ſeines unphiloſophiſchen Ir-
thums, wollte aber dennoch, da Semler von hieraus
Gelegenheit nahm, das Daſeyn ſolcher Dinge zu
leugnen, durchaus nicht einſtimmen, und allegirte ſo
viel Begebenheiten und Erſcheinungen, welche ſei-
nem Vater, Großvater, Mutter und Großmutter
ſeinen Tanten und ihm ſelbſt ſichtbar geworden waͤ-
ren, daß Semler ſein Raiſonniren aufgab. Wer kann,
ſagte er, geglaubte Thatſachen widerlegen? der
Glaube an Mirakel iſt ja auch hiſtoriſch: und den
hiſtoriſchen Glauben reſutirt keine Philoſophie a).
Dieſer Satz war ſo Semlers Steckenpferd, dem ich
ſelbſt gern nachſuckelte.

Durch meinen Umgang mit Semlern, durch
mein haͤufiges Leſen und Vorzeigen guter Buͤcher,
und ſelbſt durch meine wenigen Kenntniſſe war ich
unter meinen Bekannten in einiges Anſehn gekom-
men, und wurde uͤberhaupt auf der Univerſitaͤt als
ein Menſch betrachtet, der das Seine gelernt haͤtte.

a) Auſſer da, wo von dem nullatenus oder nunquam
fieri potuiſſe
, auf das ſemel oder usquam factum
eſſe
geſchloſſen wird: ein Weg, auf dem D. Bahrdt
den Theologen zu Leibe ging, und in Ruͤckſicht auf un-
befangene Koͤpfe weit compendioͤſer als – Semler.
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[134/0136] heran, und ſiehe da, es war ein Schaͤfer, welcher ſpaͤt zur Stadt gekommen war. Freilich ſchaͤmte ſich jetzt der Herr Philoſoph ſeines unphiloſophiſchen Ir- thums, wollte aber dennoch, da Semler von hieraus Gelegenheit nahm, das Daſeyn ſolcher Dinge zu leugnen, durchaus nicht einſtimmen, und allegirte ſo viel Begebenheiten und Erſcheinungen, welche ſei- nem Vater, Großvater, Mutter und Großmutter ſeinen Tanten und ihm ſelbſt ſichtbar geworden waͤ- ren, daß Semler ſein Raiſonniren aufgab. Wer kann, ſagte er, geglaubte Thatſachen widerlegen? der Glaube an Mirakel iſt ja auch hiſtoriſch: und den hiſtoriſchen Glauben reſutirt keine Philoſophie a). Dieſer Satz war ſo Semlers Steckenpferd, dem ich ſelbſt gern nachſuckelte. Durch meinen Umgang mit Semlern, durch mein haͤufiges Leſen und Vorzeigen guter Buͤcher, und ſelbſt durch meine wenigen Kenntniſſe war ich unter meinen Bekannten in einiges Anſehn gekom- men, und wurde uͤberhaupt auf der Univerſitaͤt als ein Menſch betrachtet, der das Seine gelernt haͤtte. a) Auſſer da, wo von dem nullatenus oder nunquam fieri potuiſſe, auf das ſemel oder usquam factum eſſe geſchloſſen wird: ein Weg, auf dem D. Bahrdt den Theologen zu Leibe ging, und in Ruͤckſicht auf un- befangene Koͤpfe weit compendioͤſer als – Semler.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/136>, abgerufen am 24.11.2024.