dem Kaufmann Kraft, und er hat sie hernach geheurathet.
An einem Sonntag-Abend hatte ich mir dort aus Aerger, den ich damals genug hatte, eine Schnur- re getrunken. Auf meinem Rückwege rennte ich gegen den Nachtwächter: der Kerl gab mir einen Schupp, der mich verdroß. Ich nahm mein Stöck- chen, und schlug auf den baumstarken Bengel los: er wehrte sich tüchtig, bis endlich einige Häscher dazu kamen, und mich nebst ihm aufs Rathhaus schlepp- ten. Ich hatte den Kerl in seiner Verrichtung ge- schuppt und geschlagen; ich mußte daher, wie billig, Unrecht haben. Also kam ich aufs Karzer. Früh ließ der Prorector Schulze befehlen, daß man mich gegen Erlegung des Schleppegeldes loslassen sollte. Das geschah, und Meister Klappenbach ver- sprach mir, die ganze Sache zu unterdrücken. Er selbst mag Wort gehalten haben; allein ein Stiefel- wichser, der damals an Klappenbachs Tochter liebelte, erzählte mir schon gleich den folgenden Tag meinen Skandal. Leute dieser Art wollen sich bei uns in Ansehn setzen dadurch, daß sie sich als Mitwissende unsrer dummen Streiche angeben; aber die guten Menschenkinder wissen nicht, daß eben dergleichen Mitwissenschaft verhaßt macht!
Nachmittags muste ich zum Prorektor kom- men: dieser gab mir einen sehr freundschaftlichen
dem Kaufmann Kraft, und er hat ſie hernach geheurathet.
An einem Sonntag-Abend hatte ich mir dort aus Aerger, den ich damals genug hatte, eine Schnur- re getrunken. Auf meinem Ruͤckwege rennte ich gegen den Nachtwaͤchter: der Kerl gab mir einen Schupp, der mich verdroß. Ich nahm mein Stoͤck- chen, und ſchlug auf den baumſtarken Bengel los: er wehrte ſich tuͤchtig, bis endlich einige Haͤſcher dazu kamen, und mich nebſt ihm aufs Rathhaus ſchlepp- ten. Ich hatte den Kerl in ſeiner Verrichtung ge- ſchuppt und geſchlagen; ich mußte daher, wie billig, Unrecht haben. Alſo kam ich aufs Karzer. Fruͤh ließ der Prorector Schulze befehlen, daß man mich gegen Erlegung des Schleppegeldes loslaſſen ſollte. Das geſchah, und Meiſter Klappenbach ver- ſprach mir, die ganze Sache zu unterdruͤcken. Er ſelbſt mag Wort gehalten haben; allein ein Stiefel- wichſer, der damals an Klappenbachs Tochter liebelte, erzaͤhlte mir ſchon gleich den folgenden Tag meinen Skandal. Leute dieſer Art wollen ſich bei uns in Anſehn ſetzen dadurch, daß ſie ſich als Mitwiſſende unſrer dummen Streiche angeben; aber die guten Menſchenkinder wiſſen nicht, daß eben dergleichen Mitwiſſenſchaft verhaßt macht!
Nachmittags muſte ich zum Prorektor kom- men: dieſer gab mir einen ſehr freundſchaftlichen
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dem Kaufmann Kraft, und er hat ſie hernach
geheurathet.
An einem Sonntag-Abend hatte ich mir dort
aus Aerger, den ich damals genug hatte, eine Schnur-
re getrunken. Auf meinem Ruͤckwege rennte ich
gegen den Nachtwaͤchter: der Kerl gab mir einen
Schupp, der mich verdroß. Ich nahm mein Stoͤck-
chen, und ſchlug auf den baumſtarken Bengel los:
er wehrte ſich tuͤchtig, bis endlich einige Haͤſcher dazu
kamen, und mich nebſt ihm aufs Rathhaus ſchlepp-
ten. Ich hatte den Kerl in ſeiner Verrichtung ge-
ſchuppt und geſchlagen; ich mußte daher, wie billig,
Unrecht haben. Alſo kam ich aufs Karzer. Fruͤh
ließ der Prorector Schulze befehlen, daß man
mich gegen Erlegung des Schleppegeldes loslaſſen
ſollte. Das geſchah, und Meiſter Klappenbach ver-
ſprach mir, die ganze Sache zu unterdruͤcken. Er
ſelbſt mag Wort gehalten haben; allein ein Stiefel-
wichſer, der damals an Klappenbachs Tochter liebelte,
erzaͤhlte mir ſchon gleich den folgenden Tag meinen
Skandal. Leute dieſer Art wollen ſich bei uns in
Anſehn ſetzen dadurch, daß ſie ſich als Mitwiſſende
unſrer dummen Streiche angeben; aber die guten
Menſchenkinder wiſſen nicht, daß eben dergleichen
Mitwiſſenſchaft verhaßt macht!
Nachmittags muſte ich zum Prorektor kom-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/223>, abgerufen am 26.11.2024.
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