dann rechne er auf mich: ich werde ihn niemals vergessen.
So schied ich vom Herzoge Friedrich, dem Menschenfreunde, und segnete den beßten Fürsten von Grund meiner Seele. Ich hoffe, daß nun meine Leser einsehen werden, warum ich diese Bio- graphie diesem Fürsten-Muster zugeschrieben habe.
In Berlin war bei unsrer Kompagnie ein klei- ner Komplot zur Desertion entstanden. Die Schul- digen wurden als Arrestanten fortgebracht, und be- kamen erst in Halle eine ganz leidliche Strafe.
Den letzten Tag ward ich in Berlin krank: ich marschirte aber doch noch den ersten Marsch mit: allein in Detow zeigte sichs, daß ich eine Art von Halsbräune hatte. Diese hätte sehr gefährlich wer- den können, wenn mir der Feldscheerer Haupt, welcher bei aller seiner Faselei, immer noch für einen Feldscheerer genug gelernt hat, nicht in vier Tagen siebenmal zur Ader gelassen, und häufige Injektionen gemacht hätte. Dem heroischen Aderlassen des Herrn Haupt verdanke ich, daß ich damals nicht erstickt bin. Erst vier Tage hernach konnte ich wieder schlucken und reden. Wie abgemattet ich von dem vielen Aderlassen werde geworden seyn, kann man denken, wenn man dazu nimmt, daß ich innerhalb fünf Tagen keinen Bissen Nahrung zu mir nehmen konnte.
dann rechne er auf mich: ich werde ihn niemals vergeſſen.
So ſchied ich vom Herzoge Friedrich, dem Menſchenfreunde, und ſegnete den beßten Fuͤrſten von Grund meiner Seele. Ich hoffe, daß nun meine Leſer einſehen werden, warum ich dieſe Bio- graphie dieſem Fuͤrſten-Muſter zugeſchrieben habe.
In Berlin war bei unſrer Kompagnie ein klei- ner Komplot zur Deſertion entſtanden. Die Schul- digen wurden als Arreſtanten fortgebracht, und be- kamen erſt in Halle eine ganz leidliche Strafe.
Den letzten Tag ward ich in Berlin krank: ich marſchirte aber doch noch den erſten Marſch mit: allein in Detow zeigte ſichs, daß ich eine Art von Halsbraͤune hatte. Dieſe haͤtte ſehr gefaͤhrlich wer- den koͤnnen, wenn mir der Feldſcheerer Haupt, welcher bei aller ſeiner Faſelei, immer noch fuͤr einen Feldſcheerer genug gelernt hat, nicht in vier Tagen ſiebenmal zur Ader gelaſſen, und haͤufige Injektionen gemacht haͤtte. Dem heroiſchen Aderlaſſen des Herrn Haupt verdanke ich, daß ich damals nicht erſtickt bin. Erſt vier Tage hernach konnte ich wieder ſchlucken und reden. Wie abgemattet ich von dem vielen Aderlaſſen werde geworden ſeyn, kann man denken, wenn man dazu nimmt, daß ich innerhalb fuͤnf Tagen keinen Biſſen Nahrung zu mir nehmen konnte.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0468"n="464[466]"/>
dann rechne er auf mich: ich werde ihn niemals<lb/>
vergeſſen.</p><lb/><p>So ſchied ich vom Herzoge <hirendition="#g">Friedrich</hi>, dem<lb/>
Menſchenfreunde, und ſegnete den beßten Fuͤrſten<lb/>
von Grund meiner Seele. Ich hoffe, daß nun<lb/>
meine Leſer einſehen werden, warum ich dieſe Bio-<lb/>
graphie dieſem Fuͤrſten-Muſter zugeſchrieben habe.</p><lb/><p>In Berlin war bei unſrer Kompagnie ein klei-<lb/>
ner Komplot zur Deſertion entſtanden. Die Schul-<lb/>
digen wurden als Arreſtanten fortgebracht, und be-<lb/>
kamen erſt in Halle eine ganz leidliche Strafe.</p><lb/><p>Den letzten Tag ward ich in Berlin krank: ich<lb/>
marſchirte aber doch noch den erſten Marſch mit:<lb/>
allein in Detow zeigte ſichs, daß ich eine Art von<lb/>
Halsbraͤune hatte. Dieſe haͤtte ſehr gefaͤhrlich wer-<lb/>
den koͤnnen, wenn mir der Feldſcheerer <hirendition="#g">Haupt</hi>,<lb/>
welcher bei aller ſeiner Faſelei, immer noch fuͤr einen<lb/>
Feldſcheerer genug gelernt hat, nicht in vier Tagen<lb/>ſiebenmal zur Ader gelaſſen, und haͤufige Injektionen<lb/>
gemacht haͤtte. Dem heroiſchen Aderlaſſen des Herrn<lb/>
Haupt verdanke ich, daß ich damals nicht erſtickt<lb/>
bin. Erſt vier Tage hernach konnte ich wieder<lb/>ſchlucken und reden. Wie abgemattet ich von dem<lb/>
vielen Aderlaſſen werde geworden ſeyn, kann man<lb/>
denken, wenn man dazu nimmt, daß ich innerhalb<lb/>
fuͤnf Tagen keinen Biſſen Nahrung zu mir nehmen<lb/>
konnte.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[464[466]/0468]
dann rechne er auf mich: ich werde ihn niemals
vergeſſen.
So ſchied ich vom Herzoge Friedrich, dem
Menſchenfreunde, und ſegnete den beßten Fuͤrſten
von Grund meiner Seele. Ich hoffe, daß nun
meine Leſer einſehen werden, warum ich dieſe Bio-
graphie dieſem Fuͤrſten-Muſter zugeſchrieben habe.
In Berlin war bei unſrer Kompagnie ein klei-
ner Komplot zur Deſertion entſtanden. Die Schul-
digen wurden als Arreſtanten fortgebracht, und be-
kamen erſt in Halle eine ganz leidliche Strafe.
Den letzten Tag ward ich in Berlin krank: ich
marſchirte aber doch noch den erſten Marſch mit:
allein in Detow zeigte ſichs, daß ich eine Art von
Halsbraͤune hatte. Dieſe haͤtte ſehr gefaͤhrlich wer-
den koͤnnen, wenn mir der Feldſcheerer Haupt,
welcher bei aller ſeiner Faſelei, immer noch fuͤr einen
Feldſcheerer genug gelernt hat, nicht in vier Tagen
ſiebenmal zur Ader gelaſſen, und haͤufige Injektionen
gemacht haͤtte. Dem heroiſchen Aderlaſſen des Herrn
Haupt verdanke ich, daß ich damals nicht erſtickt
bin. Erſt vier Tage hernach konnte ich wieder
ſchlucken und reden. Wie abgemattet ich von dem
vielen Aderlaſſen werde geworden ſeyn, kann man
denken, wenn man dazu nimmt, daß ich innerhalb
fuͤnf Tagen keinen Biſſen Nahrung zu mir nehmen
konnte.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 464[466]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/468>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.