selbst eigner lauter Unruhe -- den Titel gab: "D. Bahrdts unruhiges Leben und schmerzvoller Tod." -- Das Ding war wie alle Dinger von der Art, in den Bierschenken, Kneipen und Gela- gen so recht zu Hause. Wer Einsicht und Geschmack hat, nahm keine Notiz davon. Statt des Mottos steht ein Citat aus dem Sirach, wo dieser Mann so nach seiner Art, derb genug von den schädlichen Fol- gen der Hurerei spricht. Das soll sich nun auf Bahrdts Lebensart beziehen! Der gute Dreyßig muß doch in der Folgenkunde dieser Art ziemlich be- wandert seyn: denn -- nur der Dieb sieht überall Diebe, -- wie es im Mönch von Libanon heißt: auch deuten die Recensenten des grünen Mannes auf etwas ähnliches in Rücksicht seiner Berichte: über -- Bordelle. Uebrigens ist das Ding, so klein es auch ist, doch äusserst nachlässig und schlotrig geschrieben, daß man es ohne Ekel nicht lesen kann. Dreyßig hatte auch gar keine nähere Nachrichten; denn zu Bahrdten selbst durfte er nicht kommen: Clarens Faust und Christinens Pantoffel scheuchten ihn da weg: und andere Freunde des Doktors sahen das Menschenkind nur über die Ach- sel an. Zuverlässige Auskunft konnte er also nicht geben, und nun sudelte er so hin, was er vom Hö- rensagen des Pöbels und seines Gleichen hatte. Man kann daher leicht denken, wie sein Wisch ge-
ſelbſt eigner lauter Unruhe — den Titel gab: „D. Bahrdts unruhiges Leben und ſchmerzvoller Tod.“ — Das Ding war wie alle Dinger von der Art, in den Bierſchenken, Kneipen und Gela- gen ſo recht zu Hauſe. Wer Einſicht und Geſchmack hat, nahm keine Notiz davon. Statt des Mottos ſteht ein Citat aus dem Sirach, wo dieſer Mann ſo nach ſeiner Art, derb genug von den ſchaͤdlichen Fol- gen der Hurerei ſpricht. Das ſoll ſich nun auf Bahrdts Lebensart beziehen! Der gute Dreyßig muß doch in der Folgenkunde dieſer Art ziemlich be- wandert ſeyn: denn — nur der Dieb ſieht uͤberall Diebe, — wie es im Moͤnch von Libanon heißt: auch deuten die Recenſenten des gruͤnen Mannes auf etwas aͤhnliches in Ruͤckſicht ſeiner Berichte: uͤber — Bordelle. Uebrigens iſt das Ding, ſo klein es auch iſt, doch aͤuſſerſt nachlaͤſſig und ſchlotrig geſchrieben, daß man es ohne Ekel nicht leſen kann. Dreyßig hatte auch gar keine naͤhere Nachrichten; denn zu Bahrdten ſelbſt durfte er nicht kommen: Clarens Fauſt und Chriſtinens Pantoffel ſcheuchten ihn da weg: und andere Freunde des Doktors ſahen das Menſchenkind nur uͤber die Ach- ſel an. Zuverlaͤſſige Auskunft konnte er alſo nicht geben, und nun ſudelte er ſo hin, was er vom Hoͤ- renſagen des Poͤbels und ſeines Gleichen hatte. Man kann daher leicht denken, wie ſein Wiſch ge-
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ſelbſt eigner lauter Unruhe — den Titel gab:
„D. Bahrdts unruhiges Leben und ſchmerzvoller
Tod.“ — Das Ding war wie alle Dinger von
der Art, in den Bierſchenken, Kneipen und Gela-
gen ſo recht zu Hauſe. Wer Einſicht und Geſchmack
hat, nahm keine Notiz davon. Statt des Mottos
ſteht ein Citat aus dem Sirach, wo dieſer Mann ſo
nach ſeiner Art, derb genug von den ſchaͤdlichen Fol-
gen der Hurerei ſpricht. Das ſoll ſich nun auf
Bahrdts Lebensart beziehen! Der gute Dreyßig
muß doch in der Folgenkunde dieſer Art ziemlich be-
wandert ſeyn: denn — nur der Dieb ſieht uͤberall
Diebe, — wie es im Moͤnch von Libanon
heißt: auch deuten die Recenſenten des gruͤnen
Mannes auf etwas aͤhnliches in Ruͤckſicht ſeiner
Berichte: uͤber — Bordelle. Uebrigens iſt das
Ding, ſo klein es auch iſt, doch aͤuſſerſt nachlaͤſſig
und ſchlotrig geſchrieben, daß man es ohne Ekel nicht
leſen kann. Dreyßig hatte auch gar keine naͤhere
Nachrichten; denn zu Bahrdten ſelbſt durfte er nicht
kommen: Clarens Fauſt und Chriſtinens Pantoffel
ſcheuchten ihn da weg: und andere Freunde des
Doktors ſahen das Menſchenkind nur uͤber die Ach-
ſel an. Zuverlaͤſſige Auskunft konnte er alſo nicht
geben, und nun ſudelte er ſo hin, was er vom Hoͤ-
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Man kann daher leicht denken, wie ſein Wiſch ge-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 497[499]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/501>, abgerufen am 21.11.2024.
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