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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792.

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zufrieden seyn und mein Schicksal preisen, daß es
mir nicht noch viel schlimmer geht. Meine Verir-
rungen waren wirklich zu grob, als daß ich murren
sollte, wenn unangenehme Stunden eintreten. Jezt
ist meine Zufriedenheit mit meinem Zustande nicht
mehr Leichtsinn oder Fühllosigkeit, wie sonst: es ist
Resultat mancher ernsthaften Reflexionen, welche
ich über das menschliche Leben im Allgemeinen
und über das meinige im Besondern angestellt
habe. Diese Reflexionen belehrten mich, daß nur
gedrücktes, unerkanntes Verdienst sich beklagen
darf, wenn es ihm nicht geht, wie es sollte;
nicht aber ein Mensch, der sein Glück durch seine
Verirrungen auf die schändlichste Art von sich ge-
stoßen hat, wie ich.

Meine Unfälle haben mich indeß sehr biegsam
gemacht, so, daß ich gar -- wenn ich will -- die
oftmals weitgehenden Grobheiten Anderer, auch
schlechter Leute, vertragen kann, ohne den Gedan-
ken, mich zu rächen. Ich bin mit allem zufrie-
den, bin auch gegen jederman dienstfertig: daher
ist auch jeder mit mir zufrieden, und ich habe
wenigstens bei unserm hiesigen Militär lauter gute
Freunde.

Leid thut mir es übrigens, daß ich meine hie-
sigen Freunde verlassen muß: verlassen den biedern

zufrieden ſeyn und mein Schickſal preiſen, daß es
mir nicht noch viel ſchlimmer geht. Meine Verir-
rungen waren wirklich zu grob, als daß ich murren
ſollte, wenn unangenehme Stunden eintreten. Jezt
iſt meine Zufriedenheit mit meinem Zuſtande nicht
mehr Leichtſinn oder Fuͤhlloſigkeit, wie ſonſt: es iſt
Reſultat mancher ernſthaften Reflexionen, welche
ich uͤber das menſchliche Leben im Allgemeinen
und uͤber das meinige im Beſondern angeſtellt
habe. Dieſe Reflexionen belehrten mich, daß nur
gedruͤcktes, unerkanntes Verdienſt ſich beklagen
darf, wenn es ihm nicht geht, wie es ſollte;
nicht aber ein Menſch, der ſein Gluͤck durch ſeine
Verirrungen auf die ſchaͤndlichſte Art von ſich ge-
ſtoßen hat, wie ich.

Meine Unfaͤlle haben mich indeß ſehr biegſam
gemacht, ſo, daß ich gar — wenn ich will — die
oftmals weitgehenden Grobheiten Anderer, auch
ſchlechter Leute, vertragen kann, ohne den Gedan-
ken, mich zu raͤchen. Ich bin mit allem zufrie-
den, bin auch gegen jederman dienſtfertig: daher
iſt auch jeder mit mir zufrieden, und ich habe
wenigſtens bei unſerm hieſigen Militaͤr lauter gute
Freunde.

Leid thut mir es uͤbrigens, daß ich meine hie-
ſigen Freunde verlaſſen muß: verlaſſen den biedern

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[505[507]/0509] zufrieden ſeyn und mein Schickſal preiſen, daß es mir nicht noch viel ſchlimmer geht. Meine Verir- rungen waren wirklich zu grob, als daß ich murren ſollte, wenn unangenehme Stunden eintreten. Jezt iſt meine Zufriedenheit mit meinem Zuſtande nicht mehr Leichtſinn oder Fuͤhlloſigkeit, wie ſonſt: es iſt Reſultat mancher ernſthaften Reflexionen, welche ich uͤber das menſchliche Leben im Allgemeinen und uͤber das meinige im Beſondern angeſtellt habe. Dieſe Reflexionen belehrten mich, daß nur gedruͤcktes, unerkanntes Verdienſt ſich beklagen darf, wenn es ihm nicht geht, wie es ſollte; nicht aber ein Menſch, der ſein Gluͤck durch ſeine Verirrungen auf die ſchaͤndlichſte Art von ſich ge- ſtoßen hat, wie ich. Meine Unfaͤlle haben mich indeß ſehr biegſam gemacht, ſo, daß ich gar — wenn ich will — die oftmals weitgehenden Grobheiten Anderer, auch ſchlechter Leute, vertragen kann, ohne den Gedan- ken, mich zu raͤchen. Ich bin mit allem zufrie- den, bin auch gegen jederman dienſtfertig: daher iſt auch jeder mit mir zufrieden, und ich habe wenigſtens bei unſerm hieſigen Militaͤr lauter gute Freunde. Leid thut mir es uͤbrigens, daß ich meine hie- ſigen Freunde verlaſſen muß: verlaſſen den biedern

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 505[507]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/509>, abgerufen am 24.11.2024.