muß also gar nicht strenge seyn. Den Thomas von Kempen schätzen sie sehr; er hat, wenn ich nicht irre, auch zum Orden des Augustinus gehört.
Wir besuchten während unsers Aufenthalts in Metz, die Wein- und Kaffeehäuser sehr fleißig und kamen beinahe täglich benebelt nach unserm Logis, der Auberge des Flamands. Eines Abends er- regten wir Spektakel, welcher nachtheilige Folgen für uns hätte haben können, wenn uns nicht ein Freimaurer von Frankfurt gerettet hätte. Wir wa- ren nämlich sehr betrunken, ich und der Baron von F... denn unser dritte Mann lag immer bei seiner Schwester, oder bei seinem Liebchen, wovon ich gleich reden werde. -- Also, wir waren sehr trun- ken. Als uns nun die Patrouille ihr: qui vit? oder qui va la? entgegen rief, so lachten wir über- laut und schimpften auf sie. Der Unterofficier trat uns hierauf an, und forderte unsere Namen, weil es schon Mitternacht wäre. Aber dazu hatte F... keine Ohren; er fuhr vielmehr fort, zu schimpfen, und nannte endlich die patroullirenden Soldaten gar filous, queux, fripons, voleurs u. dergl. Da lief dem Unterofficier und seinen Leuten die Galle über, und sie brachten uns nach der Hauptwache. Der Officier, welcher wohl sahe, wo es uns fehlte, redete sehr freundlich und bat uns, ruhig zu seyn; er
muß alſo gar nicht ſtrenge ſeyn. Den Thomas von Kempen ſchaͤtzen ſie ſehr; er hat, wenn ich nicht irre, auch zum Orden des Auguſtinus gehoͤrt.
Wir beſuchten waͤhrend unſers Aufenthalts in Metz, die Wein- und Kaffeehaͤuſer ſehr fleißig und kamen beinahe taͤglich benebelt nach unſerm Logis, der Auberge des Flamands. Eines Abends er- regten wir Spektakel, welcher nachtheilige Folgen fuͤr uns haͤtte haben koͤnnen, wenn uns nicht ein Freimaurer von Frankfurt gerettet haͤtte. Wir wa- ren naͤmlich ſehr betrunken, ich und der Baron von F... denn unſer dritte Mann lag immer bei ſeiner Schweſter, oder bei ſeinem Liebchen, wovon ich gleich reden werde. — Alſo, wir waren ſehr trun- ken. Als uns nun die Patrouille ihr: qui vit? oder qui va là? entgegen rief, ſo lachten wir uͤber- laut und ſchimpften auf ſie. Der Unterofficier trat uns hierauf an, und forderte unſere Namen, weil es ſchon Mitternacht waͤre. Aber dazu hatte F... keine Ohren; er fuhr vielmehr fort, zu ſchimpfen, und nannte endlich die patroullirenden Soldaten gar filous, queux, fripons, voleurs u. dergl. Da lief dem Unterofficier und ſeinen Leuten die Galle uͤber, und ſie brachten uns nach der Hauptwache. Der Officier, welcher wohl ſahe, wo es uns fehlte, redete ſehr freundlich und bat uns, ruhig zu ſeyn; er
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muß alſo gar nicht ſtrenge ſeyn. Den Thomas
von Kempen ſchaͤtzen ſie ſehr; er hat, wenn
ich nicht irre, auch zum Orden des Auguſtinus
gehoͤrt.
Wir beſuchten waͤhrend unſers Aufenthalts in
Metz, die Wein- und Kaffeehaͤuſer ſehr fleißig und
kamen beinahe taͤglich benebelt nach unſerm Logis,
der Auberge des Flamands. Eines Abends er-
regten wir Spektakel, welcher nachtheilige Folgen
fuͤr uns haͤtte haben koͤnnen, wenn uns nicht ein
Freimaurer von Frankfurt gerettet haͤtte. Wir wa-
ren naͤmlich ſehr betrunken, ich und der Baron von
F... denn unſer dritte Mann lag immer bei ſeiner
Schweſter, oder bei ſeinem Liebchen, wovon ich
gleich reden werde. — Alſo, wir waren ſehr trun-
ken. Als uns nun die Patrouille ihr: qui vit?
oder qui va là? entgegen rief, ſo lachten wir uͤber-
laut und ſchimpften auf ſie. Der Unterofficier trat
uns hierauf an, und forderte unſere Namen, weil
es ſchon Mitternacht waͤre. Aber dazu hatte F...
keine Ohren; er fuhr vielmehr fort, zu ſchimpfen,
und nannte endlich die patroullirenden Soldaten gar
filous, queux, fripons, voleurs u. dergl. Da
lief dem Unterofficier und ſeinen Leuten die Galle
uͤber, und ſie brachten uns nach der Hauptwache.
Der Officier, welcher wohl ſahe, wo es uns fehlte,
redete ſehr freundlich und bat uns, ruhig zu ſeyn; er
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 2. Halle, 1792, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben02_1792/62>, abgerufen am 24.11.2024.
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