Jungfer Rieckchen, der Tochter im Hause, ge- schäkert. Bey meinem Abzuge mußte ich dem Mädchen versprechen, dann und wann aus dem Felde an sie zu schreiben; und das that ich aus dem Koblenzer Lager. Indessen aber hatte sich ein gewisser Bürger aus Halle auch in derselben Kneipe zuweilen eingefunden; und die guten Leute moch- ten glauben, das sey so ein Stück von Freyer für ihre Tochter. Als nun mein Brief ankam, und der Vater diese Correspondenz inne ward, schrieb er mir in einem zwar nicht groben, aber doch etwas der- ben Tone, und verbot mir, ferner an seine Tochter zu schreiben, damit meine Briefe ihr an ihrem Glücke nicht hinderlich werden mögten. Ich ärgerte mich anfangs ein wenig, nachher aber ließ ich es gut seyn. Allein nach unserm Rückzuge aus Cham- pangne schrieb mir Jungfer Rieckchen selbst, ent- schuldigte die Grobheit ihres Vaters, und versi- cherte mich, ich weiß nicht wessen. Nun zog ich so unter der Hand einige Erkundigung ein, und siehe da, ich erfuhr, daß der prätendirte Herr Freyer abgegangen war, wie die Katze vom Taubenschlag, und daß ich jezt gut genug seyn sollte, meinen al- ten Platz in Jungfer Rieckchens Gunst wieder einzunehmen. Das Ding gefiel mir nicht sehr: ich antwortete also nicht, und der ganze Kohl hatte ein Ende.
Jungfer Rieckchen, der Tochter im Hauſe, ge- ſchaͤkert. Bey meinem Abzuge mußte ich dem Maͤdchen verſprechen, dann und wann aus dem Felde an ſie zu ſchreiben; und das that ich aus dem Koblenzer Lager. Indeſſen aber hatte ſich ein gewiſſer Buͤrger aus Halle auch in derſelben Kneipe zuweilen eingefunden; und die guten Leute moch- ten glauben, das ſey ſo ein Stuͤck von Freyer fuͤr ihre Tochter. Als nun mein Brief ankam, und der Vater dieſe Correſpondenz inne ward, ſchrieb er mir in einem zwar nicht groben, aber doch etwas der- ben Tone, und verbot mir, ferner an ſeine Tochter zu ſchreiben, damit meine Briefe ihr an ihrem Gluͤcke nicht hinderlich werden moͤgten. Ich aͤrgerte mich anfangs ein wenig, nachher aber ließ ich es gut ſeyn. Allein nach unſerm Ruͤckzuge aus Cham- pangne ſchrieb mir Jungfer Rieckchen ſelbſt, ent- ſchuldigte die Grobheit ihres Vaters, und verſi- cherte mich, ich weiß nicht weſſen. Nun zog ich ſo unter der Hand einige Erkundigung ein, und ſiehe da, ich erfuhr, daß der praͤtendirte Herr Freyer abgegangen war, wie die Katze vom Taubenſchlag, und daß ich jezt gut genug ſeyn ſollte, meinen al- ten Platz in Jungfer Rieckchens Gunſt wieder einzunehmen. Das Ding gefiel mir nicht ſehr: ich antwortete alſo nicht, und der ganze Kohl hatte ein Ende.
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Jungfer Rieckchen, der Tochter im Hauſe, ge-
ſchaͤkert. Bey meinem Abzuge mußte ich dem
Maͤdchen verſprechen, dann und wann aus dem
Felde an ſie zu ſchreiben; und das that ich aus
dem Koblenzer Lager. Indeſſen aber hatte ſich ein
gewiſſer Buͤrger aus Halle auch in derſelben Kneipe
zuweilen eingefunden; und die guten Leute moch-
ten glauben, das ſey ſo ein Stuͤck von Freyer fuͤr
ihre Tochter. Als nun mein Brief ankam, und
der Vater dieſe Correſpondenz inne ward, ſchrieb er
mir in einem zwar nicht groben, aber doch etwas der-
ben Tone, und verbot mir, ferner an ſeine Tochter
zu ſchreiben, damit meine Briefe ihr an ihrem Gluͤcke
nicht hinderlich werden moͤgten. Ich aͤrgerte mich
anfangs ein wenig, nachher aber ließ ich es gut
ſeyn. Allein nach unſerm Ruͤckzuge aus Cham-
pangne ſchrieb mir Jungfer Rieckchen ſelbſt, ent-
ſchuldigte die Grobheit ihres Vaters, und verſi-
cherte mich, ich weiß nicht weſſen. Nun zog ich
ſo unter der Hand einige Erkundigung ein, und ſiehe
da, ich erfuhr, daß der praͤtendirte Herr Freyer
abgegangen war, wie die Katze vom Taubenſchlag,
und daß ich jezt gut genug ſeyn ſollte, meinen al-
ten Platz in Jungfer Rieckchens Gunſt wieder
einzunehmen. Das Ding gefiel mir nicht ſehr:
ich antwortete alſo nicht, und der ganze Kohl hatte
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/113>, abgerufen am 21.11.2024.
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