Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

müssen! Und damit giengs mit dem Ruiniren im-
mer vorwärts. Ich schwieg und dachte so mein
Eignes über das Wort: Patriot in dem Munde
eines -- Soldaten. --

Die Männer aus diesen Dörfern hatten sich alle
wegbegeben, und blos ihre Weiber zurückgelassen,
vielleicht, weil sie glaubten, daß diese den ein-
dringenden Feind eher besänftigen könnten. Aber
der rohe Soldat hat eben nicht viel Achtung für
das schöne Geschlecht überhaupt, zumal bey Feind-
seligkeiten, und es giebt wüste Teufel unter diesen
Leuten, welche einem Frauenzimmer allen Drang
anthun können, die aber vor jedem Mannsgesicht
aus Feigheit gleich zum Kreuze kriechen. Ich habe
davon einmal eine Probe gesehen bey Homburg an
der Höhe, in einem Dorfe. Es kam hier nämlich
ein Offizier vom Regiment Hohenlohe in ein Haus,
worein ich getreten war, um Wasser zu trinken.
Mit dem größten Ungestüm foderte er Butter oder
Käse, und als ihn das Mädchen versicherte, daß
sie weder das eine, noch das andere hätte, ward
er grob, und sagte: Euer Haus sollte man Euch
anstecken, ihr verfluchtes Patrioten-Grob! u. s. w.
-- Dieß hörte des Mädchens Bruder vor der
Thüre, trat hinein und schaute dem Hn. Leutnant
ins Gesicht: "Herr, was räsonnirt Er da von Pa-
trioten-Grob? Den Augenblick zur Thür hinaus,

muͤſſen! Und damit giengs mit dem Ruiniren im-
mer vorwaͤrts. Ich ſchwieg und dachte ſo mein
Eignes uͤber das Wort: Patriot in dem Munde
eines — Soldaten. —

Die Maͤnner aus dieſen Doͤrfern hatten ſich alle
wegbegeben, und blos ihre Weiber zuruͤckgelaſſen,
vielleicht, weil ſie glaubten, daß dieſe den ein-
dringenden Feind eher beſaͤnftigen koͤnnten. Aber
der rohe Soldat hat eben nicht viel Achtung fuͤr
das ſchoͤne Geſchlecht uͤberhaupt, zumal bey Feind-
ſeligkeiten, und es giebt wuͤſte Teufel unter dieſen
Leuten, welche einem Frauenzimmer allen Drang
anthun koͤnnen, die aber vor jedem Mannsgeſicht
aus Feigheit gleich zum Kreuze kriechen. Ich habe
davon einmal eine Probe geſehen bey Homburg an
der Hoͤhe, in einem Dorfe. Es kam hier naͤmlich
ein Offizier vom Regiment Hohenlohe in ein Haus,
worein ich getreten war, um Waſſer zu trinken.
Mit dem groͤßten Ungeſtuͤm foderte er Butter oder
Kaͤſe, und als ihn das Maͤdchen verſicherte, daß
ſie weder das eine, noch das andere haͤtte, ward
er grob, und ſagte: Euer Haus ſollte man Euch
anſtecken, ihr verfluchtes Patrioten-Grob! u. ſ. w.
— Dieß hoͤrte des Maͤdchens Bruder vor der
Thuͤre, trat hinein und ſchaute dem Hn. Leutnant
ins Geſicht: „Herr, was raͤſonnirt Er da von Pa-
trioten-Grob? Den Augenblick zur Thuͤr hinaus,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0120" n="108"/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en! Und damit giengs mit dem Ruiniren im-<lb/>
mer vorwa&#x0364;rts. Ich &#x017F;chwieg und dachte &#x017F;o mein<lb/>
Eignes u&#x0364;ber das Wort: <hi rendition="#g">Patriot</hi> in dem Munde<lb/>
eines &#x2014; Soldaten. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Die Ma&#x0364;nner aus die&#x017F;en Do&#x0364;rfern hatten &#x017F;ich alle<lb/>
wegbegeben, und blos ihre Weiber zuru&#x0364;ckgela&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
vielleicht, weil &#x017F;ie glaubten, daß die&#x017F;e den ein-<lb/>
dringenden Feind eher be&#x017F;a&#x0364;nftigen ko&#x0364;nnten. Aber<lb/>
der rohe Soldat hat eben nicht viel Achtung fu&#x0364;r<lb/>
das &#x017F;cho&#x0364;ne Ge&#x017F;chlecht u&#x0364;berhaupt, zumal bey Feind-<lb/>
&#x017F;eligkeiten, und es giebt wu&#x0364;&#x017F;te Teufel unter die&#x017F;en<lb/>
Leuten, welche einem Frauenzimmer allen Drang<lb/>
anthun ko&#x0364;nnen, die aber vor jedem Mannsge&#x017F;icht<lb/>
aus Feigheit gleich zum Kreuze kriechen. Ich habe<lb/>
davon einmal eine Probe ge&#x017F;ehen bey Homburg an<lb/>
der Ho&#x0364;he, in einem Dorfe. Es kam hier na&#x0364;mlich<lb/>
ein Offizier vom Regiment Hohenlohe in ein Haus,<lb/>
worein ich getreten war, um Wa&#x017F;&#x017F;er zu trinken.<lb/>
Mit dem gro&#x0364;ßten Unge&#x017F;tu&#x0364;m foderte er Butter oder<lb/>
Ka&#x0364;&#x017F;e, und als ihn das Ma&#x0364;dchen ver&#x017F;icherte, daß<lb/>
&#x017F;ie weder das eine, noch das andere ha&#x0364;tte, ward<lb/>
er grob, und &#x017F;agte: Euer Haus &#x017F;ollte man Euch<lb/>
an&#x017F;tecken, ihr verfluchtes Patrioten-Grob! u. &#x017F;. w.<lb/>
&#x2014; Dieß ho&#x0364;rte des Ma&#x0364;dchens Bruder vor der<lb/>
Thu&#x0364;re, trat hinein und &#x017F;chaute dem Hn. Leutnant<lb/>
ins Ge&#x017F;icht: &#x201E;Herr, was ra&#x0364;&#x017F;onnirt Er da von Pa-<lb/>
trioten-Grob? Den Augenblick zur Thu&#x0364;r hinaus,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0120] muͤſſen! Und damit giengs mit dem Ruiniren im- mer vorwaͤrts. Ich ſchwieg und dachte ſo mein Eignes uͤber das Wort: Patriot in dem Munde eines — Soldaten. — Die Maͤnner aus dieſen Doͤrfern hatten ſich alle wegbegeben, und blos ihre Weiber zuruͤckgelaſſen, vielleicht, weil ſie glaubten, daß dieſe den ein- dringenden Feind eher beſaͤnftigen koͤnnten. Aber der rohe Soldat hat eben nicht viel Achtung fuͤr das ſchoͤne Geſchlecht uͤberhaupt, zumal bey Feind- ſeligkeiten, und es giebt wuͤſte Teufel unter dieſen Leuten, welche einem Frauenzimmer allen Drang anthun koͤnnen, die aber vor jedem Mannsgeſicht aus Feigheit gleich zum Kreuze kriechen. Ich habe davon einmal eine Probe geſehen bey Homburg an der Hoͤhe, in einem Dorfe. Es kam hier naͤmlich ein Offizier vom Regiment Hohenlohe in ein Haus, worein ich getreten war, um Waſſer zu trinken. Mit dem groͤßten Ungeſtuͤm foderte er Butter oder Kaͤſe, und als ihn das Maͤdchen verſicherte, daß ſie weder das eine, noch das andere haͤtte, ward er grob, und ſagte: Euer Haus ſollte man Euch anſtecken, ihr verfluchtes Patrioten-Grob! u. ſ. w. — Dieß hoͤrte des Maͤdchens Bruder vor der Thuͤre, trat hinein und ſchaute dem Hn. Leutnant ins Geſicht: „Herr, was raͤſonnirt Er da von Pa- trioten-Grob? Den Augenblick zur Thuͤr hinaus,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/120
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/120>, abgerufen am 24.11.2024.