R -- -- -- bey Kalbe, einen sonst kreuzdummen Esel, welcher sich durch diesen Handel ein artig Sümmchen erworben hat. Der schon mehrmals genannte fatale Jude hat auf diese Art auch Vieh- handel getrieben. Das beste Fleisch, wie auch al- les Schwein- und Hammelfleisch war übrigens für die Offiziere und ihre Bediente: davon bekam der Soldat nichts.
Ich kann nicht begreifen, wie man damals ein so absurdes Gerücht, als das war, was man von der Annäherung des armen LudwigsXVI. aus- sprengte, für wahr halten konnte: und doch war es lange Zeit, schon von Verdun her, allgemein, und wurde sogar von den Offizieren geglaubt, die großen ausgenommen, welche recht gut wußten, daß Lud- wig Capet zu Paris, seit seiner Flucht, in ei- ner schrecklichen Sklaven-Lage gehalten wurde.
Ich widersprach solchen Gerüchten immer, gab sie höchstens für erdichtet zu unserm Troste aus, und wendete alle meine Beredsamkeit an, meine Kameraden, auch unsre Offiziere, welche sich gern mit mir abgaben, von der augenscheinlichen Absurdität solcher Geschwätze zu überzeugen. Aber statt meinen Gründen Gehör zu geben, nannten mich Viele einen Patrioten oder Jakobiner, und meynten, daß ich bald sehen würde, wie die Fran- zosen sich trollen sollten. Doch fand ich auch da-
R — — — bey Kalbe, einen ſonſt kreuzdummen Eſel, welcher ſich durch dieſen Handel ein artig Suͤmmchen erworben hat. Der ſchon mehrmals genannte fatale Jude hat auf dieſe Art auch Vieh- handel getrieben. Das beſte Fleiſch, wie auch al- les Schwein- und Hammelfleiſch war uͤbrigens fuͤr die Offiziere und ihre Bediente: davon bekam der Soldat nichts.
Ich kann nicht begreifen, wie man damals ein ſo abſurdes Geruͤcht, als das war, was man von der Annaͤherung des armen LudwigsXVI. aus- ſprengte, fuͤr wahr halten konnte: und doch war es lange Zeit, ſchon von Verdun her, allgemein, und wurde ſogar von den Offizieren geglaubt, die großen ausgenommen, welche recht gut wußten, daß Lud- wig Capet zu Paris, ſeit ſeiner Flucht, in ei- ner ſchrecklichen Sklaven-Lage gehalten wurde.
Ich widerſprach ſolchen Geruͤchten immer, gab ſie hoͤchſtens fuͤr erdichtet zu unſerm Troſte aus, und wendete alle meine Beredſamkeit an, meine Kameraden, auch unſre Offiziere, welche ſich gern mit mir abgaben, von der augenſcheinlichen Abſurditaͤt ſolcher Geſchwaͤtze zu uͤberzeugen. Aber ſtatt meinen Gruͤnden Gehoͤr zu geben, nannten mich Viele einen Patrioten oder Jakobiner, und meynten, daß ich bald ſehen wuͤrde, wie die Fran- zoſen ſich trollen ſollten. Doch fand ich auch da-
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R — — — bey Kalbe, einen ſonſt kreuzdummen
Eſel, welcher ſich durch dieſen Handel ein artig
Suͤmmchen erworben hat. Der ſchon mehrmals
genannte fatale Jude hat auf dieſe Art auch Vieh-
handel getrieben. Das beſte Fleiſch, wie auch al-
les Schwein- und Hammelfleiſch war uͤbrigens fuͤr
die Offiziere und ihre Bediente: davon bekam der
Soldat nichts.
Ich kann nicht begreifen, wie man damals ein
ſo abſurdes Geruͤcht, als das war, was man von
der Annaͤherung des armen Ludwigs XVI. aus-
ſprengte, fuͤr wahr halten konnte: und doch war es
lange Zeit, ſchon von Verdun her, allgemein, und
wurde ſogar von den Offizieren geglaubt, die großen
ausgenommen, welche recht gut wußten, daß Lud-
wig Capet zu Paris, ſeit ſeiner Flucht, in ei-
ner ſchrecklichen Sklaven-Lage gehalten wurde.
Ich widerſprach ſolchen Geruͤchten immer, gab
ſie hoͤchſtens fuͤr erdichtet zu unſerm Troſte aus,
und wendete alle meine Beredſamkeit an, meine
Kameraden, auch unſre Offiziere, welche ſich
gern mit mir abgaben, von der augenſcheinlichen
Abſurditaͤt ſolcher Geſchwaͤtze zu uͤberzeugen. Aber
ſtatt meinen Gruͤnden Gehoͤr zu geben, nannten
mich Viele einen Patrioten oder Jakobiner, und
meynten, daß ich bald ſehen wuͤrde, wie die Fran-
zoſen ſich trollen ſollten. Doch fand ich auch da-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/159>, abgerufen am 26.11.2024.
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