mals schon mehrere, sogar unter den gemeinen Sol- daten, welche nichts Gutes mehr erwarteten, und mehr Unglück als Glück prophezeihten.
Bisher waren wir in der Wäsche noch ziemlich rein geblieben: aber nun, da sich nicht mehr wa- schen ließ, da sogar das Leinenzeug im Tornister vermoderte, fanden sich auch sehr unangenehme Thierchen, diese schreckliche Plage des Soldaten im Felde, bey uns unerträglich ein. Selbst die Offi- ziere konnten ihnen nicht mehr entgehen, und lern- ten nun auch erst recht das volle Elend des Kriegs erkennen.
Aber nichts nahm unsere Leute ärger mit, als der Durchfall, der allgemeine Durchfall, und dann die darauf folgende fürchterliche Ruhr. Delikate Leser würde es aufbringen, und ihren Eckel rege machen, wenn ich über diesen Gegenstand alles sa- gen wollte. Aber für delikate Leser ist dieser Theil meiner Schrift nicht, sondern für Männer, deren Absicht es ist, das Elend unsrer Feldzüge gegen die Neufranken in seiner wahren Gestalt kennen zu lernen: und diese suchen nur Wahrheit, auch ekel- hafte Wahrheit, wenn sie nur Resultate daraus ziehen können. Also -- die Abtritte, wenn sie gleich täglich frisch gemacht wurden, sahen jeden Morgen so mörderisch aus, daß es jedem übel und elend werden mußte, der nur hinblickte: alles war
mals ſchon mehrere, ſogar unter den gemeinen Sol- daten, welche nichts Gutes mehr erwarteten, und mehr Ungluͤck als Gluͤck prophezeihten.
Bisher waren wir in der Waͤſche noch ziemlich rein geblieben: aber nun, da ſich nicht mehr wa- ſchen ließ, da ſogar das Leinenzeug im Torniſter vermoderte, fanden ſich auch ſehr unangenehme Thierchen, dieſe ſchreckliche Plage des Soldaten im Felde, bey uns unertraͤglich ein. Selbſt die Offi- ziere konnten ihnen nicht mehr entgehen, und lern- ten nun auch erſt recht das volle Elend des Kriegs erkennen.
Aber nichts nahm unſere Leute aͤrger mit, als der Durchfall, der allgemeine Durchfall, und dann die darauf folgende fuͤrchterliche Ruhr. Delikate Leſer wuͤrde es aufbringen, und ihren Eckel rege machen, wenn ich uͤber dieſen Gegenſtand alles ſa- gen wollte. Aber fuͤr delikate Leſer iſt dieſer Theil meiner Schrift nicht, ſondern fuͤr Maͤnner, deren Abſicht es iſt, das Elend unſrer Feldzuͤge gegen die Neufranken in ſeiner wahren Geſtalt kennen zu lernen: und dieſe ſuchen nur Wahrheit, auch ekel- hafte Wahrheit, wenn ſie nur Reſultate daraus ziehen koͤnnen. Alſo — die Abtritte, wenn ſie gleich taͤglich friſch gemacht wurden, ſahen jeden Morgen ſo moͤrderiſch aus, daß es jedem uͤbel und elend werden mußte, der nur hinblickte: alles war
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mals ſchon mehrere, ſogar unter den gemeinen Sol-
daten, welche nichts Gutes mehr erwarteten, und
mehr Ungluͤck als Gluͤck prophezeihten.
Bisher waren wir in der Waͤſche noch ziemlich
rein geblieben: aber nun, da ſich nicht mehr wa-
ſchen ließ, da ſogar das Leinenzeug im Torniſter
vermoderte, fanden ſich auch ſehr unangenehme
Thierchen, dieſe ſchreckliche Plage des Soldaten im
Felde, bey uns unertraͤglich ein. Selbſt die Offi-
ziere konnten ihnen nicht mehr entgehen, und lern-
ten nun auch erſt recht das volle Elend des Kriegs
erkennen.
Aber nichts nahm unſere Leute aͤrger mit, als
der Durchfall, der allgemeine Durchfall, und dann
die darauf folgende fuͤrchterliche Ruhr. Delikate
Leſer wuͤrde es aufbringen, und ihren Eckel rege
machen, wenn ich uͤber dieſen Gegenſtand alles ſa-
gen wollte. Aber fuͤr delikate Leſer iſt dieſer Theil
meiner Schrift nicht, ſondern fuͤr Maͤnner, deren
Abſicht es iſt, das Elend unſrer Feldzuͤge gegen
die Neufranken in ſeiner wahren Geſtalt kennen zu
lernen: und dieſe ſuchen nur Wahrheit, auch ekel-
hafte Wahrheit, wenn ſie nur Reſultate daraus
ziehen koͤnnen. Alſo — die Abtritte, wenn ſie
gleich taͤglich friſch gemacht wurden, ſahen jeden
Morgen ſo moͤrderiſch aus, daß es jedem uͤbel und
elend werden mußte, der nur hinblickte: alles war
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/160>, abgerufen am 26.11.2024.
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