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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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sache, weil jederman glaubte, der Friede sey im
Werke, und darum denn hoffte, bald wieder zu
Hause bey den Seinigen zu seyn. Hätten die guten
Leute damals schon wissen sollen, daß sie erst noch
einige Jahre herumziehen müßten, so will ich das
Leben verwetten, das Drittel der Armee wäre bey
Hans ausgerissen. Man sah dieß im Jahre 1793
bey der Retirade, im Herbst! Doch davon zu sei-
ner Zeit!

Das Wetter war die ganze Zeit über, die wir bey
Hans im Lager standen, abscheulich: es regnete
ohne Unterlaß, und dabey war es sehr kalt. Alle Tage
mußte frisches Stroh, oder vielmehr ungedroschner
Waizen aus den Dörfern geholt werden, wodurch
denn alle Dörfer im Umkreise weit und breit leer
wurden. Das Wasser lief immer in die Zelter,
und machte das Lagerstroh zu Mist: Also fri-
sches! --

Sollte nach Wasser oder Holz gegangen, oder
das elende Kommißfleisch gekocht werden, so zankte
man sich erst eine halbe Stunde in den Zeltern her-
um, wer gehen sollte? an wen die Reihe wäre?
denn das Wasser sowohl, als das Holz muste eine
gute halbe Stunde vom Lager gelangt werden; und
bis dorthin muste man bis an die Knie im Kothe
kneten. Feuer zum Kochen war sehr schwer anzu-
machen, weil man, nach geschloßnem Waffenstill-

ſache, weil jederman glaubte, der Friede ſey im
Werke, und darum denn hoffte, bald wieder zu
Hauſe bey den Seinigen zu ſeyn. Haͤtten die guten
Leute damals ſchon wiſſen ſollen, daß ſie erſt noch
einige Jahre herumziehen muͤßten, ſo will ich das
Leben verwetten, das Drittel der Armee waͤre bey
Hans ausgeriſſen. Man ſah dieß im Jahre 1793
bey der Retirade, im Herbſt! Doch davon zu ſei-
ner Zeit!

Das Wetter war die ganze Zeit uͤber, die wir bey
Hans im Lager ſtanden, abſcheulich: es regnete
ohne Unterlaß, und dabey war es ſehr kalt. Alle Tage
mußte friſches Stroh, oder vielmehr ungedroſchner
Waizen aus den Doͤrfern geholt werden, wodurch
denn alle Doͤrfer im Umkreiſe weit und breit leer
wurden. Das Waſſer lief immer in die Zelter,
und machte das Lagerſtroh zu Miſt: Alſo fri-
ſches! —

Sollte nach Waſſer oder Holz gegangen, oder
das elende Kommißfleiſch gekocht werden, ſo zankte
man ſich erſt eine halbe Stunde in den Zeltern her-
um, wer gehen ſollte? an wen die Reihe waͤre?
denn das Waſſer ſowohl, als das Holz muſte eine
gute halbe Stunde vom Lager gelangt werden; und
bis dorthin muſte man bis an die Knie im Kothe
kneten. Feuer zum Kochen war ſehr ſchwer anzu-
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[182/0194] ſache, weil jederman glaubte, der Friede ſey im Werke, und darum denn hoffte, bald wieder zu Hauſe bey den Seinigen zu ſeyn. Haͤtten die guten Leute damals ſchon wiſſen ſollen, daß ſie erſt noch einige Jahre herumziehen muͤßten, ſo will ich das Leben verwetten, das Drittel der Armee waͤre bey Hans ausgeriſſen. Man ſah dieß im Jahre 1793 bey der Retirade, im Herbſt! Doch davon zu ſei- ner Zeit! Das Wetter war die ganze Zeit uͤber, die wir bey Hans im Lager ſtanden, abſcheulich: es regnete ohne Unterlaß, und dabey war es ſehr kalt. Alle Tage mußte friſches Stroh, oder vielmehr ungedroſchner Waizen aus den Doͤrfern geholt werden, wodurch denn alle Doͤrfer im Umkreiſe weit und breit leer wurden. Das Waſſer lief immer in die Zelter, und machte das Lagerſtroh zu Miſt: Alſo fri- ſches! — Sollte nach Waſſer oder Holz gegangen, oder das elende Kommißfleiſch gekocht werden, ſo zankte man ſich erſt eine halbe Stunde in den Zeltern her- um, wer gehen ſollte? an wen die Reihe waͤre? denn das Waſſer ſowohl, als das Holz muſte eine gute halbe Stunde vom Lager gelangt werden; und bis dorthin muſte man bis an die Knie im Kothe kneten. Feuer zum Kochen war ſehr ſchwer anzu- machen, weil man, nach geſchloßnem Waffenſtill-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/194>, abgerufen am 16.05.2024.