Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

oder die Neuwieder Zeitungssudelei u. dgl. nach-
liest -- wenn nämlich diese und ähnliche Wische
nicht alle sammt und sonders dann längst verlacht
und vergessen sind -- so wird er freilich über die
große Dummheit und Unverschämtheit dieser Skri-
bler lachen: aber jezt, wer bedenkt, daß diese
Schreier zum allgemeinen Elende so vieler Länder
und Menschen, und zum physischen und morali-
schen Verderben unsers lieben Vaterlandes auch ihr
verfluchtes Schärflein beygetragen, und geblendete
Grüzköpfe noch mehr verblendet haben, der kann
die Wische von Neuwied, die des Hn. Schirach
und von Göchhausen nicht ohne Eckel und Abscheu
in die Hand nehmen. Ich bedaure daher auch je-
den ehrlichen Mann, der diese Schmiralien lesen
muß, und gestehe gern, daß ich lieber Pater Ko-
chems Legende, Oswalds Unterhaltungen und
den Kaiser Oktavianus lesen wollte, als die politi-
schen Siebensachen eines Schirach, Göchhausen,
Reichards in Gotha, und anderer ihres Gelichters.

Ich habe dringende Wahrheiten nie ganz in
Petto halten können, und da ich immer nicht gleich-
gesinnte Menschen um mich hatte, so wurde ich
bald als ein Patriot, bald als ein Jakobiner, dann
als Demokrat, und wer weis, was noch alles,
ausgeschrieen. Aber geschadet hat mir mein freies
Gerede niemals: denn im Preußischen Heere sind

oder die Neuwieder Zeitungsſudelei u. dgl. nach-
lieſt — wenn naͤmlich dieſe und aͤhnliche Wiſche
nicht alle ſammt und ſonders dann laͤngſt verlacht
und vergeſſen ſind — ſo wird er freilich uͤber die
große Dummheit und Unverſchaͤmtheit dieſer Skri-
bler lachen: aber jezt, wer bedenkt, daß dieſe
Schreier zum allgemeinen Elende ſo vieler Laͤnder
und Menſchen, und zum phyſiſchen und morali-
ſchen Verderben unſers lieben Vaterlandes auch ihr
verfluchtes Schaͤrflein beygetragen, und geblendete
Gruͤzkoͤpfe noch mehr verblendet haben, der kann
die Wiſche von Neuwied, die des Hn. Schirach
und von Goͤchhauſen nicht ohne Eckel und Abſcheu
in die Hand nehmen. Ich bedaure daher auch je-
den ehrlichen Mann, der dieſe Schmiralien leſen
muß, und geſtehe gern, daß ich lieber Pater Ko-
chems Legende, Oswalds Unterhaltungen und
den Kaiſer Oktavianus leſen wollte, als die politi-
ſchen Siebenſachen eines Schirach, Goͤchhauſen,
Reichards in Gotha, und anderer ihres Gelichters.

Ich habe dringende Wahrheiten nie ganz in
Petto halten koͤnnen, und da ich immer nicht gleich-
geſinnte Menſchen um mich hatte, ſo wurde ich
bald als ein Patriot, bald als ein Jakobiner, dann
als Demokrat, und wer weis, was noch alles,
ausgeſchrieen. Aber geſchadet hat mir mein freies
Gerede niemals: denn im Preußiſchen Heere ſind

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0197" n="185"/>
oder die Neuwieder Zeitungs&#x017F;udelei u. dgl. nach-<lb/>
lie&#x017F;t &#x2014; wenn na&#x0364;mlich die&#x017F;e und a&#x0364;hnliche Wi&#x017F;che<lb/>
nicht alle &#x017F;ammt und &#x017F;onders dann la&#x0364;ng&#x017F;t verlacht<lb/>
und verge&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind &#x2014; &#x017F;o wird er freilich u&#x0364;ber die<lb/>
große Dummheit und Unver&#x017F;cha&#x0364;mtheit die&#x017F;er Skri-<lb/>
bler lachen: aber jezt, wer bedenkt, daß die&#x017F;e<lb/>
Schreier zum allgemeinen Elende &#x017F;o vieler La&#x0364;nder<lb/>
und Men&#x017F;chen, und zum phy&#x017F;i&#x017F;chen und morali-<lb/>
&#x017F;chen Verderben un&#x017F;ers lieben Vaterlandes auch ihr<lb/>
verfluchtes Scha&#x0364;rflein beygetragen, und geblendete<lb/>
Gru&#x0364;zko&#x0364;pfe noch mehr verblendet haben, der kann<lb/>
die Wi&#x017F;che von Neuwied, die des Hn. Schirach<lb/>
und von Go&#x0364;chhau&#x017F;en nicht ohne Eckel und Ab&#x017F;cheu<lb/>
in die Hand nehmen. Ich bedaure daher auch je-<lb/>
den ehrlichen Mann, der die&#x017F;e Schmiralien le&#x017F;en<lb/>
muß, und ge&#x017F;tehe gern, daß ich lieber Pater <hi rendition="#g">Ko</hi>-<lb/><hi rendition="#g">chems</hi> Legende, <hi rendition="#g">Oswalds</hi> Unterhaltungen und<lb/>
den Kai&#x017F;er Oktavianus le&#x017F;en wollte, als die politi-<lb/>
&#x017F;chen Sieben&#x017F;achen eines Schirach, Go&#x0364;chhau&#x017F;en,<lb/>
Reichards in Gotha, und anderer ihres Gelichters.</p><lb/>
        <p>Ich habe dringende Wahrheiten nie ganz in<lb/>
Petto halten ko&#x0364;nnen, und da ich immer nicht gleich-<lb/>
ge&#x017F;innte Men&#x017F;chen um mich hatte, &#x017F;o wurde ich<lb/>
bald als ein Patriot, bald als ein Jakobiner, dann<lb/>
als Demokrat, und wer weis, was noch alles,<lb/>
ausge&#x017F;chrieen. Aber ge&#x017F;chadet hat mir mein freies<lb/>
Gerede niemals: denn im Preußi&#x017F;chen Heere &#x017F;ind<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0197] oder die Neuwieder Zeitungsſudelei u. dgl. nach- lieſt — wenn naͤmlich dieſe und aͤhnliche Wiſche nicht alle ſammt und ſonders dann laͤngſt verlacht und vergeſſen ſind — ſo wird er freilich uͤber die große Dummheit und Unverſchaͤmtheit dieſer Skri- bler lachen: aber jezt, wer bedenkt, daß dieſe Schreier zum allgemeinen Elende ſo vieler Laͤnder und Menſchen, und zum phyſiſchen und morali- ſchen Verderben unſers lieben Vaterlandes auch ihr verfluchtes Schaͤrflein beygetragen, und geblendete Gruͤzkoͤpfe noch mehr verblendet haben, der kann die Wiſche von Neuwied, die des Hn. Schirach und von Goͤchhauſen nicht ohne Eckel und Abſcheu in die Hand nehmen. Ich bedaure daher auch je- den ehrlichen Mann, der dieſe Schmiralien leſen muß, und geſtehe gern, daß ich lieber Pater Ko- chems Legende, Oswalds Unterhaltungen und den Kaiſer Oktavianus leſen wollte, als die politi- ſchen Siebenſachen eines Schirach, Goͤchhauſen, Reichards in Gotha, und anderer ihres Gelichters. Ich habe dringende Wahrheiten nie ganz in Petto halten koͤnnen, und da ich immer nicht gleich- geſinnte Menſchen um mich hatte, ſo wurde ich bald als ein Patriot, bald als ein Jakobiner, dann als Demokrat, und wer weis, was noch alles, ausgeſchrieen. Aber geſchadet hat mir mein freies Gerede niemals: denn im Preußiſchen Heere ſind

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/197
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/197>, abgerufen am 22.11.2024.