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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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sind, ja, wodurch beyde vermehrt und da, wo sie
noch nicht sind, nothwendig erzeugt werden. Folg-
lich hat die Natur, oder das, was sonst diese gegen-
wärtige Einrichtung der Dinge gemacht hat, sehr
übel für das menschliche Geschlecht gesorgt, indem
sie uns Pflichten auferlegt, deren Erfüllung Elend
und Laster verbreitet, und uns zur Erfüllung andrer
Pflichten, und zum Genuß der gemeinschaftlichen
Güter unfähig macht. -- Das sind freylich abscheu-
liche Wahrheiten, aber es sind doch Wahrheiten,
welche sich leider bey der Betrachtung solcher ab-
scheulicher Gegenstände, wie der Krieg ist, von selbst
aufdringen. Ich will sie nicht weiter ausführen,
und wünsche alle meinen Lesern, daß sie durch eigne
Erfahrung nie davon mögen überzeugt werden. *)
Kants philosophischer Entwurf zum ewigen Frie-
den wäre freilich das beste Präservativ dawider:
aber dieser philosophische Erlöser der Welt prediget
jezt noch in der Wüste. --

Die Todten, welche im Lager gestorben waren,
sind dort liegen blieben, und man überließ ihr

*) Um die Wichtigkeit dieses Wunsches, nach der ganzen Abscheu-
lichkeit des Krieges, näher kennen zu lernen, lese man den
II. B. des goldnen Romans: Tra[s]imor, S. 157 u. ff.:
dann den Aufsatz über den Krieg im II. Th. der Briefe
über die wichtigsten Gegenstände der Menschheit
,
S. 147 ff. Wen hier nicht schaudert und dieß nicht antreibt,
mit ganzer Seele in meinen Wunsch einzustimmen, ist mehr
als Unmensch.

ſind, ja, wodurch beyde vermehrt und da, wo ſie
noch nicht ſind, nothwendig erzeugt werden. Folg-
lich hat die Natur, oder das, was ſonſt dieſe gegen-
waͤrtige Einrichtung der Dinge gemacht hat, ſehr
uͤbel fuͤr das menſchliche Geſchlecht geſorgt, indem
ſie uns Pflichten auferlegt, deren Erfuͤllung Elend
und Laſter verbreitet, und uns zur Erfuͤllung andrer
Pflichten, und zum Genuß der gemeinſchaftlichen
Guͤter unfaͤhig macht. — Das ſind freylich abſcheu-
liche Wahrheiten, aber es ſind doch Wahrheiten,
welche ſich leider bey der Betrachtung ſolcher ab-
ſcheulicher Gegenſtaͤnde, wie der Krieg iſt, von ſelbſt
aufdringen. Ich will ſie nicht weiter ausfuͤhren,
und wuͤnſche alle meinen Leſern, daß ſie durch eigne
Erfahrung nie davon moͤgen uͤberzeugt werden. *)
Kants philoſophiſcher Entwurf zum ewigen Frie-
den waͤre freilich das beſte Praͤſervativ dawider:
aber dieſer philoſophiſche Erloͤſer der Welt prediget
jezt noch in der Wuͤſte. —

Die Todten, welche im Lager geſtorben waren,
ſind dort liegen blieben, und man uͤberließ ihr

*) Um die Wichtigkeit dieſes Wunſches, nach der ganzen Abſcheu-
lichkeit des Krieges, naͤher kennen zu lernen, leſe man den
II. B. des goldnen Romans: Tra[ſ]imor, S. 157 u. ff.:
dann den Aufſatz uͤber den Krieg im II. Th. der Briefe
uͤber die wichtigſten Gegenſtaͤnde der Menſchheit
,
S. 147 ff. Wen hier nicht ſchaudert und dieß nicht antreibt,
mit ganzer Seele in meinen Wunſch einzuſtimmen, iſt mehr
als Unmenſch.
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[197/0209] ſind, ja, wodurch beyde vermehrt und da, wo ſie noch nicht ſind, nothwendig erzeugt werden. Folg- lich hat die Natur, oder das, was ſonſt dieſe gegen- waͤrtige Einrichtung der Dinge gemacht hat, ſehr uͤbel fuͤr das menſchliche Geſchlecht geſorgt, indem ſie uns Pflichten auferlegt, deren Erfuͤllung Elend und Laſter verbreitet, und uns zur Erfuͤllung andrer Pflichten, und zum Genuß der gemeinſchaftlichen Guͤter unfaͤhig macht. — Das ſind freylich abſcheu- liche Wahrheiten, aber es ſind doch Wahrheiten, welche ſich leider bey der Betrachtung ſolcher ab- ſcheulicher Gegenſtaͤnde, wie der Krieg iſt, von ſelbſt aufdringen. Ich will ſie nicht weiter ausfuͤhren, und wuͤnſche alle meinen Leſern, daß ſie durch eigne Erfahrung nie davon moͤgen uͤberzeugt werden. *) Kants philoſophiſcher Entwurf zum ewigen Frie- den waͤre freilich das beſte Praͤſervativ dawider: aber dieſer philoſophiſche Erloͤſer der Welt prediget jezt noch in der Wuͤſte. — Die Todten, welche im Lager geſtorben waren, ſind dort liegen blieben, und man uͤberließ ihr *) Um die Wichtigkeit dieſes Wunſches, nach der ganzen Abſcheu- lichkeit des Krieges, naͤher kennen zu lernen, leſe man den II. B. des goldnen Romans: Traſimor, S. 157 u. ff.: dann den Aufſatz uͤber den Krieg im II. Th. der Briefe uͤber die wichtigſten Gegenſtaͤnde der Menſchheit, S. 147 ff. Wen hier nicht ſchaudert und dieß nicht antreibt, mit ganzer Seele in meinen Wunſch einzuſtimmen, iſt mehr als Unmenſch.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/209>, abgerufen am 16.05.2024.