Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ber gar wohl zufrieden seyn, daß er nicht die Wei-
marsche, sondern die Eisenachsche Superintenden-
ten-Stelle erhalten hat. Denn diese ist einträg-
licher und bequemer; und der Superintendent zu
Eisenach kann in seiner Didces weit ungehinderter
und freyer handeln, als der zu Weimar.

In Hersfeld, einer Hessischen Stadt an der Ful-
da, kam es zwischen einigen von unsern Soldaten
und einigen Bürgern im Wirthshause zum Stern
zu Händeln, welche beynahe in Schlägerey aus-
artete. Die Bürger saßen am Tische, tranken ihr
Bier, und besprachen sich über die Zeitgeschichte.
Sie äußerten ihr Misvergnügen über das Verfah-
ren ihres Herrn Landgrafen, der nun abermals seine
Landeskinder, als Soldaten, zum Behufe des Fran-
zosenkriegs verhandelte, und für den Landbau und an-
dere Gewerbe weiter nichts zurückließe, als Kin-
der, Weiber, Krüppel und Greise. Das führte
sie immer weiter, und da kamen sie darauf, daß
man überhaupt nicht Ursache hätte, die Franzosen
anzugreifen: diese hätten ja recht u. s. w. Unsre
Soldaten, die freylich damals noch nicht so dachten,
wie jezt, legten sich drein, und behaupteten gerade-
zu, daß die Franzosen Spitzbuben, schlechte Kerls
u. d. gl. seyen, daß man sie vertilgen müsse; und
wer ihnen das Wort rede, sey gleichfalls ein schlech-
ter Kerl, ein Patriot. Dabey schlugen sie -- sie

ber gar wohl zufrieden ſeyn, daß er nicht die Wei-
marſche, ſondern die Eiſenachſche Superintenden-
ten-Stelle erhalten hat. Denn dieſe iſt eintraͤg-
licher und bequemer; und der Superintendent zu
Eiſenach kann in ſeiner Didces weit ungehinderter
und freyer handeln, als der zu Weimar.

In Hersfeld, einer Heſſiſchen Stadt an der Ful-
da, kam es zwiſchen einigen von unſern Soldaten
und einigen Buͤrgern im Wirthshauſe zum Stern
zu Haͤndeln, welche beynahe in Schlaͤgerey aus-
artete. Die Buͤrger ſaßen am Tiſche, tranken ihr
Bier, und beſprachen ſich uͤber die Zeitgeſchichte.
Sie aͤußerten ihr Misvergnuͤgen uͤber das Verfah-
ren ihres Herrn Landgrafen, der nun abermals ſeine
Landeskinder, als Soldaten, zum Behufe des Fran-
zoſenkriegs verhandelte, und fuͤr den Landbau und an-
dere Gewerbe weiter nichts zuruͤckließe, als Kin-
der, Weiber, Kruͤppel und Greiſe. Das fuͤhrte
ſie immer weiter, und da kamen ſie darauf, daß
man uͤberhaupt nicht Urſache haͤtte, die Franzoſen
anzugreifen: dieſe haͤtten ja recht u. ſ. w. Unſre
Soldaten, die freylich damals noch nicht ſo dachten,
wie jezt, legten ſich drein, und behaupteten gerade-
zu, daß die Franzoſen Spitzbuben, ſchlechte Kerls
u. d. gl. ſeyen, daß man ſie vertilgen muͤſſe; und
wer ihnen das Wort rede, ſey gleichfalls ein ſchlech-
ter Kerl, ein Patriot. Dabey ſchlugen ſie — ſie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="10"/>
ber gar wohl zufrieden &#x017F;eyn, daß er nicht die Wei-<lb/>
mar&#x017F;che, &#x017F;ondern die Ei&#x017F;enach&#x017F;che Superintenden-<lb/>
ten-Stelle erhalten hat. Denn die&#x017F;e i&#x017F;t eintra&#x0364;g-<lb/>
licher und bequemer; und der Superintendent zu<lb/>
Ei&#x017F;enach kann in &#x017F;einer Didces weit ungehinderter<lb/>
und freyer handeln, als der zu Weimar.</p><lb/>
        <p>In Hersfeld, einer He&#x017F;&#x017F;i&#x017F;chen Stadt an der Ful-<lb/>
da, kam es zwi&#x017F;chen einigen von un&#x017F;ern Soldaten<lb/>
und einigen Bu&#x0364;rgern im Wirthshau&#x017F;e zum Stern<lb/>
zu Ha&#x0364;ndeln, welche beynahe in Schla&#x0364;gerey aus-<lb/>
artete. Die Bu&#x0364;rger &#x017F;aßen am Ti&#x017F;che, tranken ihr<lb/>
Bier, und be&#x017F;prachen &#x017F;ich u&#x0364;ber die Zeitge&#x017F;chichte.<lb/>
Sie a&#x0364;ußerten ihr Misvergnu&#x0364;gen u&#x0364;ber das Verfah-<lb/>
ren ihres Herrn Landgrafen, der nun abermals &#x017F;eine<lb/>
Landeskinder, als Soldaten, zum Behufe des Fran-<lb/>
zo&#x017F;enkriegs verhandelte, und fu&#x0364;r den Landbau und an-<lb/>
dere Gewerbe weiter nichts zuru&#x0364;ckließe, als Kin-<lb/>
der, Weiber, Kru&#x0364;ppel und Grei&#x017F;e. Das fu&#x0364;hrte<lb/>
&#x017F;ie immer weiter, und da kamen &#x017F;ie darauf, daß<lb/>
man u&#x0364;berhaupt nicht Ur&#x017F;ache ha&#x0364;tte, die Franzo&#x017F;en<lb/>
anzugreifen: die&#x017F;e ha&#x0364;tten ja recht u. &#x017F;. w. Un&#x017F;re<lb/>
Soldaten, die freylich damals noch nicht &#x017F;o dachten,<lb/>
wie jezt, legten &#x017F;ich drein, und behaupteten gerade-<lb/>
zu, daß die Franzo&#x017F;en Spitzbuben, &#x017F;chlechte Kerls<lb/>
u. d. gl. &#x017F;eyen, daß man &#x017F;ie vertilgen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e; und<lb/>
wer ihnen das Wort rede, &#x017F;ey gleichfalls ein &#x017F;chlech-<lb/>
ter Kerl, ein Patriot. Dabey &#x017F;chlugen &#x017F;ie &#x2014; &#x017F;ie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0022] ber gar wohl zufrieden ſeyn, daß er nicht die Wei- marſche, ſondern die Eiſenachſche Superintenden- ten-Stelle erhalten hat. Denn dieſe iſt eintraͤg- licher und bequemer; und der Superintendent zu Eiſenach kann in ſeiner Didces weit ungehinderter und freyer handeln, als der zu Weimar. In Hersfeld, einer Heſſiſchen Stadt an der Ful- da, kam es zwiſchen einigen von unſern Soldaten und einigen Buͤrgern im Wirthshauſe zum Stern zu Haͤndeln, welche beynahe in Schlaͤgerey aus- artete. Die Buͤrger ſaßen am Tiſche, tranken ihr Bier, und beſprachen ſich uͤber die Zeitgeſchichte. Sie aͤußerten ihr Misvergnuͤgen uͤber das Verfah- ren ihres Herrn Landgrafen, der nun abermals ſeine Landeskinder, als Soldaten, zum Behufe des Fran- zoſenkriegs verhandelte, und fuͤr den Landbau und an- dere Gewerbe weiter nichts zuruͤckließe, als Kin- der, Weiber, Kruͤppel und Greiſe. Das fuͤhrte ſie immer weiter, und da kamen ſie darauf, daß man uͤberhaupt nicht Urſache haͤtte, die Franzoſen anzugreifen: dieſe haͤtten ja recht u. ſ. w. Unſre Soldaten, die freylich damals noch nicht ſo dachten, wie jezt, legten ſich drein, und behaupteten gerade- zu, daß die Franzoſen Spitzbuben, ſchlechte Kerls u. d. gl. ſeyen, daß man ſie vertilgen muͤſſe; und wer ihnen das Wort rede, ſey gleichfalls ein ſchlech- ter Kerl, ein Patriot. Dabey ſchlugen ſie — ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/22
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/22>, abgerufen am 29.04.2024.