Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.Voll Eckel und Abscheu gieng ich fort, und ver- Aber bald bedachte ich, daß dort in Longwy Ich that dieß schon in Trier; aber da sah ich [ - 3 Zeichen fehlen] Arbeit zu sich rufen, umarmt ihn mit Thränen und lan-
ger stummer Rührung, kömmt endlich zu Worten, dankt ihm wegen des guten, christlichen Werkes an seiner Frau und Kin- dern, wünscht ihm Glück zu dem Besitz seines guten Weibes, thut Verzicht auf sie, und bittet: man wolle ihn als Krüp- pel, sein Leben bey ihnen hinbringen und ihnen in ihren Hausarbeiten nach Vermögen helfen lassen. -- Herzlich gern! -- Und so leben diese Guten in Fried und Einigkeit jezt beysammen. Ich weiß der Beyspiele von dieser Art mehrere: und nun denke man! -- nein, man fühle! Voll Eckel und Abſcheu gieng ich fort, und ver- Aber bald bedachte ich, daß dort in Longwy Ich that dieß ſchon in Trier; aber da ſah ich [ – 3 Zeichen fehlen] Arbeit zu ſich rufen, umarmt ihn mit Thraͤnen und lan-
ger ſtummer Ruͤhrung, koͤmmt endlich zu Worten, dankt ihm wegen des guten, chriſtlichen Werkes an ſeiner Frau und Kin- dern, wuͤnſcht ihm Gluͤck zu dem Beſitz ſeines guten Weibes, thut Verzicht auf ſie, und bittet: man wolle ihn als Kruͤp- pel, ſein Leben bey ihnen hinbringen und ihnen in ihren Hausarbeiten nach Vermoͤgen helfen laſſen. — Herzlich gern! — Und ſo leben dieſe Guten in Fried und Einigkeit jezt beyſammen. Ich weiß der Beyſpiele von dieſer Art mehrere: und nun denke man! — nein, man fuͤhle! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0259" n="247"/> <p>Voll Eckel und Abſcheu gieng ich fort, und ver-<lb/> wuͤnſchte das Schickſal der Krieger, welche bey<lb/> einer eintretenden Krankheit oder Verwundung in<lb/> ſolche Mordloͤcher geſteckt, und ſo ſchlecht verpflegt<lb/> werden, daß ſie ihr Achtgroſchen-Leben elender<lb/> aufgeben muͤſſen, als das elendeſte Vieh.</p><lb/> <p>Aber bald bedachte ich, daß dort in <hi rendition="#g">Longwy</hi><lb/> vielleicht die Noth ſelbſt eine ſolche elende Lage der<lb/> armen Leute noͤthig machte. Ich wußte, daß der<lb/> Koͤnig Befehl gegeben hatte, die Kranken gut zu<lb/> behandeln, und fuͤr ihre Wiederherſtellung, und<lb/> wenn es des Monats 1000 Thaler mehr koſten<lb/> ſollte, gehoͤrig zu ſorgen. Ich beſchloß daher,<lb/> mehrere Feldlazarethe zu unterſuchen, um ein rich-<lb/> tiges Urtheil daruͤber faͤllen zu koͤnnen.</p><lb/> <p>Ich that dieß ſchon in Trier; aber da ſah ich<lb/> noch mehr Graͤuel! Die Lazarethe waren eben ſo<lb/> ſchmutzig, die Pflege eben ſo elend, und die Lager-<lb/> ſtaͤtten eben ſo abſcheulich, als in Longwy. Außer-<lb/><note xml:id="note-0259" prev="#note-0258" place="foot" n="*)"><gap unit="chars" quantity="3"/> Arbeit zu ſich rufen, umarmt ihn mit Thraͤnen und lan-<lb/> ger ſtummer Ruͤhrung, koͤmmt endlich zu Worten, dankt ihm<lb/> wegen des guten, chriſtlichen Werkes an ſeiner Frau und Kin-<lb/> dern, wuͤnſcht ihm Gluͤck zu dem Beſitz ſeines guten Weibes,<lb/> thut Verzicht auf ſie, und bittet: man wolle ihn als Kruͤp-<lb/> pel, ſein Leben bey ihnen hinbringen und ihnen in ihren<lb/> Hausarbeiten nach Vermoͤgen helfen laſſen. — Herzlich gern!<lb/> — Und ſo leben dieſe Guten in Fried und Einigkeit jezt<lb/> beyſammen. Ich weiß der Beyſpiele von dieſer Art mehrere:<lb/> und nun denke man! — nein, man fuͤhle!</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [247/0259]
Voll Eckel und Abſcheu gieng ich fort, und ver-
wuͤnſchte das Schickſal der Krieger, welche bey
einer eintretenden Krankheit oder Verwundung in
ſolche Mordloͤcher geſteckt, und ſo ſchlecht verpflegt
werden, daß ſie ihr Achtgroſchen-Leben elender
aufgeben muͤſſen, als das elendeſte Vieh.
Aber bald bedachte ich, daß dort in Longwy
vielleicht die Noth ſelbſt eine ſolche elende Lage der
armen Leute noͤthig machte. Ich wußte, daß der
Koͤnig Befehl gegeben hatte, die Kranken gut zu
behandeln, und fuͤr ihre Wiederherſtellung, und
wenn es des Monats 1000 Thaler mehr koſten
ſollte, gehoͤrig zu ſorgen. Ich beſchloß daher,
mehrere Feldlazarethe zu unterſuchen, um ein rich-
tiges Urtheil daruͤber faͤllen zu koͤnnen.
Ich that dieß ſchon in Trier; aber da ſah ich
noch mehr Graͤuel! Die Lazarethe waren eben ſo
ſchmutzig, die Pflege eben ſo elend, und die Lager-
ſtaͤtten eben ſo abſcheulich, als in Longwy. Außer-
*)
*) ___ Arbeit zu ſich rufen, umarmt ihn mit Thraͤnen und lan-
ger ſtummer Ruͤhrung, koͤmmt endlich zu Worten, dankt ihm
wegen des guten, chriſtlichen Werkes an ſeiner Frau und Kin-
dern, wuͤnſcht ihm Gluͤck zu dem Beſitz ſeines guten Weibes,
thut Verzicht auf ſie, und bittet: man wolle ihn als Kruͤp-
pel, ſein Leben bey ihnen hinbringen und ihnen in ihren
Hausarbeiten nach Vermoͤgen helfen laſſen. — Herzlich gern!
— Und ſo leben dieſe Guten in Fried und Einigkeit jezt
beyſammen. Ich weiß der Beyſpiele von dieſer Art mehrere:
und nun denke man! — nein, man fuͤhle!
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |