Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

werth, sie hier mitaufzustellen, und ich bin der
Nachsicht sachkundiger Leser ohne Weiteres wohl
gewiß; irre ich aber in dem einen oder andern:
so veranlaßte ich wenigstens eine genauere und aus-
gebreitetere Prüfung einer Sache, an deren richti-
ger Behandlung dem Fürsten als Fürsten eben so
viel liegen muß, wie seinen Unterthanen als Men-
schen.

Jezt finde ich nur noch nöthig, noch eine Erin-
nerung zu dem vorigen hinzuzufügen, und diese be-
steht darin: daß man jede Sache, die man nach
Belieben und ohne vielen Aufwand leicht und bald
haben kann, eben darum meist gleichgültig behan-
delt *). Und dieß scheint mir eine von den Haupt-

*) "Wenn die Fürsten spielen, ich meyne, Krieg führen, sagt ir-
gendwo Friedrich der Zweite, so sind die Menschen ihre
Niethen; und wenn diese zu Hunderttausenden verloren gehen,
so werden weder die Menschen, noch die Fürsten klüger. Sie spie-
len immer von neuem; und von neuem fehlts me an Niethen." --
So machte Friedrich d. G. als Philosoph selbst auf ein
Menschenspiel aufmerksam, das er, als König, nicht min-
der tapfer mitspielte!" -- Schilderung der Reichs-
armee, S. 195. -- "Allein das Menschengeschlecht, sagt
Kant im III. Th. der Lebensläufe nach aufstei-
gender Linie, S. 432, sucht alles auf dem unrechten Wege,
und das kommt, weil es nicht zusammenhält: da es nicht Gott
(dem Urheber der Moral) treu ist, wie kann es Menschen den
Urhebern der Politik treu seyn? Gott hat alles dabey ge-
than und den Menschen den Trieb der Geselligkeit so gar tief
ins Herz gelegt; allein noch stoßen sie sich von einander. Wie
sehr in weitem Felde liegt nicht alles, und wie nahe könnt' es lie-
gen, wenn Gottes Wille geschähe!" -- Wohl denn uns, wenn
der Wille einiger Menschen es dereinst nicht mehr hindert, daß alle

werth, ſie hier mitaufzuſtellen, und ich bin der
Nachſicht ſachkundiger Leſer ohne Weiteres wohl
gewiß; irre ich aber in dem einen oder andern:
ſo veranlaßte ich wenigſtens eine genauere und aus-
gebreitetere Pruͤfung einer Sache, an deren richti-
ger Behandlung dem Fuͤrſten als Fuͤrſten eben ſo
viel liegen muß, wie ſeinen Unterthanen als Men-
ſchen.

Jezt finde ich nur noch noͤthig, noch eine Erin-
nerung zu dem vorigen hinzuzufuͤgen, und dieſe be-
ſteht darin: daß man jede Sache, die man nach
Belieben und ohne vielen Aufwand leicht und bald
haben kann, eben darum meiſt gleichguͤltig behan-
delt *). Und dieß ſcheint mir eine von den Haupt-

*) „Wenn die Fuͤrſten ſpielen, ich meyne, Krieg fuͤhren, ſagt ir-
gendwo Friedrich der Zweite, ſo ſind die Menſchen ihre
Niethen; und wenn dieſe zu Hunderttauſenden verloren gehen,
ſo werden weder die Menſchen, noch die Fuͤrſten kluͤger. Sie ſpie-
len immer von neuem; und von neuem fehlts me an Niethen.“ —
So machte Friedrich d. G. als Philoſoph ſelbſt auf ein
Menſchenſpiel aufmerkſam, das er, als Koͤnig, nicht min-
der tapfer mitſpielte!“ — Schilderung der Reichs-
armee, S. 195. — „Allein das Menſchengeſchlecht, ſagt
Kant im III. Th. der Lebenslaͤufe nach aufſtei-
gender Linie, S. 432, ſucht alles auf dem unrechten Wege,
und das kommt, weil es nicht zuſammenhaͤlt: da es nicht Gott
(dem Urheber der Moral) treu iſt, wie kann es Menſchen den
Urhebern der Politik treu ſeyn? Gott hat alles dabey ge-
than und den Menſchen den Trieb der Geſelligkeit ſo gar tief
ins Herz gelegt; allein noch ſtoßen ſie ſich von einander. Wie
ſehr in weitem Felde liegt nicht alles, und wie nahe koͤnnt' es lie-
gen, wenn Gottes Wille geſchaͤhe!“ — Wohl denn uns, wenn
der Wille einiger Menſchen es dereinſt nicht mehr hindert, daß alle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0279" n="267"/>
werth, &#x017F;ie hier mitaufzu&#x017F;tellen, und ich bin der<lb/>
Nach&#x017F;icht &#x017F;achkundiger Le&#x017F;er ohne Weiteres wohl<lb/>
gewiß; irre ich aber in dem einen oder andern:<lb/>
&#x017F;o veranlaßte ich wenig&#x017F;tens eine genauere und aus-<lb/>
gebreitetere Pru&#x0364;fung einer Sache, an deren richti-<lb/>
ger Behandlung dem Fu&#x0364;r&#x017F;ten als Fu&#x0364;r&#x017F;ten eben &#x017F;o<lb/>
viel liegen muß, wie &#x017F;einen Unterthanen als Men-<lb/>
&#x017F;chen.</p><lb/>
        <p>Jezt finde ich nur noch no&#x0364;thig, noch eine Erin-<lb/>
nerung zu dem vorigen hinzuzufu&#x0364;gen, und die&#x017F;e be-<lb/>
&#x017F;teht darin: daß man jede Sache, die man nach<lb/>
Belieben und ohne vielen Aufwand leicht und bald<lb/>
haben kann, eben darum mei&#x017F;t gleichgu&#x0364;ltig behan-<lb/>
delt <note xml:id="note-0279" next="#note-0280" place="foot" n="*)">&#x201E;Wenn die Fu&#x0364;r&#x017F;ten &#x017F;pielen, ich meyne, Krieg fu&#x0364;hren, &#x017F;agt ir-<lb/>
gendwo Friedrich der Zweite, &#x017F;o &#x017F;ind die <hi rendition="#g">Men&#x017F;chen</hi> ihre<lb/>
Niethen; und wenn die&#x017F;e zu Hunderttau&#x017F;enden verloren gehen,<lb/>
&#x017F;o werden weder die Men&#x017F;chen, noch die Fu&#x0364;r&#x017F;ten klu&#x0364;ger. Sie &#x017F;pie-<lb/>
len immer von neuem; und von neuem fehlts me an Niethen.&#x201C; &#x2014;<lb/>
So machte Friedrich d. G. <hi rendition="#g">als Philo&#x017F;oph</hi> &#x017F;elb&#x017F;t auf ein<lb/>
Men&#x017F;chen&#x017F;piel aufmerk&#x017F;am, das er, <hi rendition="#g">als Ko&#x0364;nig</hi>, nicht min-<lb/>
der tapfer mit&#x017F;pielte!&#x201C; &#x2014; <hi rendition="#g">Schilderung der Reichs</hi>-<lb/><hi rendition="#g">armee</hi>, S. 195. &#x2014; &#x201E;Allein das Men&#x017F;chenge&#x017F;chlecht, &#x017F;agt<lb/><hi rendition="#g">Kant</hi> im <hi rendition="#aq">III.</hi> Th. der <hi rendition="#g">Lebensla&#x0364;ufe nach auf&#x017F;tei</hi>-<lb/><hi rendition="#g">gender Linie</hi>, S. 432, &#x017F;ucht alles auf dem unrechten Wege,<lb/>
und das kommt, weil es nicht zu&#x017F;ammenha&#x0364;lt: da es nicht Gott<lb/>
(dem Urheber der Moral) treu i&#x017F;t, wie kann es Men&#x017F;chen den<lb/>
Urhebern der <hi rendition="#g">Politik</hi> treu &#x017F;eyn? Gott hat alles dabey ge-<lb/>
than und den Men&#x017F;chen den Trieb der Ge&#x017F;elligkeit &#x017F;o gar tief<lb/>
ins Herz gelegt; allein noch &#x017F;toßen &#x017F;ie &#x017F;ich von einander. Wie<lb/>
&#x017F;ehr in weitem Felde liegt nicht alles, und wie nahe ko&#x0364;nnt' es lie-<lb/>
gen, wenn Gottes Wille ge&#x017F;cha&#x0364;he!&#x201C; &#x2014; Wohl denn uns, wenn<lb/>
der Wille einiger Men&#x017F;chen es derein&#x017F;t nicht mehr hindert, daß alle</note>. Und dieß &#x017F;cheint mir eine von den Haupt-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0279] werth, ſie hier mitaufzuſtellen, und ich bin der Nachſicht ſachkundiger Leſer ohne Weiteres wohl gewiß; irre ich aber in dem einen oder andern: ſo veranlaßte ich wenigſtens eine genauere und aus- gebreitetere Pruͤfung einer Sache, an deren richti- ger Behandlung dem Fuͤrſten als Fuͤrſten eben ſo viel liegen muß, wie ſeinen Unterthanen als Men- ſchen. Jezt finde ich nur noch noͤthig, noch eine Erin- nerung zu dem vorigen hinzuzufuͤgen, und dieſe be- ſteht darin: daß man jede Sache, die man nach Belieben und ohne vielen Aufwand leicht und bald haben kann, eben darum meiſt gleichguͤltig behan- delt *). Und dieß ſcheint mir eine von den Haupt- *) „Wenn die Fuͤrſten ſpielen, ich meyne, Krieg fuͤhren, ſagt ir- gendwo Friedrich der Zweite, ſo ſind die Menſchen ihre Niethen; und wenn dieſe zu Hunderttauſenden verloren gehen, ſo werden weder die Menſchen, noch die Fuͤrſten kluͤger. Sie ſpie- len immer von neuem; und von neuem fehlts me an Niethen.“ — So machte Friedrich d. G. als Philoſoph ſelbſt auf ein Menſchenſpiel aufmerkſam, das er, als Koͤnig, nicht min- der tapfer mitſpielte!“ — Schilderung der Reichs- armee, S. 195. — „Allein das Menſchengeſchlecht, ſagt Kant im III. Th. der Lebenslaͤufe nach aufſtei- gender Linie, S. 432, ſucht alles auf dem unrechten Wege, und das kommt, weil es nicht zuſammenhaͤlt: da es nicht Gott (dem Urheber der Moral) treu iſt, wie kann es Menſchen den Urhebern der Politik treu ſeyn? Gott hat alles dabey ge- than und den Menſchen den Trieb der Geſelligkeit ſo gar tief ins Herz gelegt; allein noch ſtoßen ſie ſich von einander. Wie ſehr in weitem Felde liegt nicht alles, und wie nahe koͤnnt' es lie- gen, wenn Gottes Wille geſchaͤhe!“ — Wohl denn uns, wenn der Wille einiger Menſchen es dereinſt nicht mehr hindert, daß alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/279
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/279>, abgerufen am 21.11.2024.