Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

salutis hängt, erzählte mir die Fehden, welche er
mit Bechtold schon gehabt hätte, und beklagte es
sehr, daß ein Mann, der sonst ein Mann nach dem
Herzen Gottes gewesen wäre, und die Abhandlung:
Calvinianorum Deus a sana ratione abhorrens ge-
schrieben habe, nun ein völliger Socinianer, wenn
nicht gar noch was ärgeres geworden sey.

Die skandalöse Chronik machte sich damals auch
recht lustig über einen Geistlichen zu Gießen, wel-
cher bey einem Leichenbegängnisse besoffen auf die
Kanzel gestiegen war. Ich mag den Ehrenmann
nicht nennen: in Gießen wissen aber die kleinen
Kinder das Histörchen.

So sehr der sogenannte Komment auch abge-
nommen hatte, so gab es doch noch Orden in Gie-
ßen: sogar der Orden der Amicisten war noch da,
hatte aber nicht mehr als drey Anhänger, wovon der
eine Senior, der andere Subsenior und der dritte
Sekretär war. Als wir aus Champagne zurück
waren, und im November 1793 bey Koblenz kan-
tonnirten, schrieb der Hr. Landgraf von Darmstadt
an den Hn. General von Thadden: er habe
meine Historie gelesen, und daraus ersehen, daß
ich viele Wissenschaft um daß Gießer Ordenswesen
haben müßte; der Hr. General möchte mich daher
über einen und den andern Punkt befragen lassen,
u. s. w. Dieses ließ Hr. v. Thadden durch

ſalutis haͤngt, erzaͤhlte mir die Fehden, welche er
mit Bechtold ſchon gehabt haͤtte, und beklagte es
ſehr, daß ein Mann, der ſonſt ein Mann nach dem
Herzen Gottes geweſen waͤre, und die Abhandlung:
Calvinianorum Deus a ſana ratione abhorrens ge-
ſchrieben habe, nun ein voͤlliger Socinianer, wenn
nicht gar noch was aͤrgeres geworden ſey.

Die ſkandaloͤſe Chronik machte ſich damals auch
recht luſtig uͤber einen Geiſtlichen zu Gießen, wel-
cher bey einem Leichenbegaͤngniſſe beſoffen auf die
Kanzel geſtiegen war. Ich mag den Ehrenmann
nicht nennen: in Gießen wiſſen aber die kleinen
Kinder das Hiſtoͤrchen.

So ſehr der ſogenannte Komment auch abge-
nommen hatte, ſo gab es doch noch Orden in Gie-
ßen: ſogar der Orden der Amiciſten war noch da,
hatte aber nicht mehr als drey Anhaͤnger, wovon der
eine Senior, der andere Subſenior und der dritte
Sekretaͤr war. Als wir aus Champagne zuruͤck
waren, und im November 1793 bey Koblenz kan-
tonnirten, ſchrieb der Hr. Landgraf von Darmſtadt
an den Hn. General von Thadden: er habe
meine Hiſtorie geleſen, und daraus erſehen, daß
ich viele Wiſſenſchaft um daß Gießer Ordensweſen
haben muͤßte; der Hr. General moͤchte mich daher
uͤber einen und den andern Punkt befragen laſſen,
u. ſ. w. Dieſes ließ Hr. v. Thadden durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0028" n="16"/>
&#x017F;alutis</hi> ha&#x0364;ngt, erza&#x0364;hlte mir die Fehden, welche er<lb/>
mit Bechtold &#x017F;chon gehabt ha&#x0364;tte, und beklagte es<lb/>
&#x017F;ehr, daß ein Mann, der &#x017F;on&#x017F;t ein Mann nach dem<lb/>
Herzen Gottes gewe&#x017F;en wa&#x0364;re, und die Abhandlung:<lb/><hi rendition="#aq">Calvinianorum Deus a &#x017F;ana ratione abhorrens</hi> ge-<lb/>
&#x017F;chrieben habe, nun ein vo&#x0364;lliger Socinianer, wenn<lb/>
nicht gar noch was a&#x0364;rgeres geworden &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Die &#x017F;kandalo&#x0364;&#x017F;e Chronik machte &#x017F;ich damals auch<lb/>
recht lu&#x017F;tig u&#x0364;ber einen Gei&#x017F;tlichen zu Gießen, wel-<lb/>
cher bey einem Leichenbega&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;e be&#x017F;offen auf die<lb/>
Kanzel ge&#x017F;tiegen war. Ich mag den Ehrenmann<lb/>
nicht nennen: in Gießen wi&#x017F;&#x017F;en aber die kleinen<lb/>
Kinder das Hi&#x017F;to&#x0364;rchen.</p><lb/>
        <p>So &#x017F;ehr der &#x017F;ogenannte Komment auch abge-<lb/>
nommen hatte, &#x017F;o gab es doch noch Orden in Gie-<lb/>
ßen: &#x017F;ogar der Orden der Amici&#x017F;ten war noch da,<lb/>
hatte aber nicht mehr als drey Anha&#x0364;nger, wovon der<lb/>
eine Senior, der andere Sub&#x017F;enior und der dritte<lb/>
Sekreta&#x0364;r war. Als wir aus <hi rendition="#g">Champagne</hi> zuru&#x0364;ck<lb/>
waren, und im November 1793 bey Koblenz kan-<lb/>
tonnirten, &#x017F;chrieb der Hr. Landgraf von Darm&#x017F;tadt<lb/>
an den Hn. General von <hi rendition="#g">Thadden</hi>: er habe<lb/>
meine Hi&#x017F;torie gele&#x017F;en, und daraus er&#x017F;ehen, daß<lb/>
ich viele Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft um daß Gießer Ordenswe&#x017F;en<lb/>
haben mu&#x0364;ßte; der Hr. General mo&#x0364;chte mich daher<lb/>
u&#x0364;ber einen und den andern Punkt befragen la&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
u. &#x017F;. w. Die&#x017F;es ließ Hr. v. <hi rendition="#g">Thadden</hi> durch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0028] ſalutis haͤngt, erzaͤhlte mir die Fehden, welche er mit Bechtold ſchon gehabt haͤtte, und beklagte es ſehr, daß ein Mann, der ſonſt ein Mann nach dem Herzen Gottes geweſen waͤre, und die Abhandlung: Calvinianorum Deus a ſana ratione abhorrens ge- ſchrieben habe, nun ein voͤlliger Socinianer, wenn nicht gar noch was aͤrgeres geworden ſey. Die ſkandaloͤſe Chronik machte ſich damals auch recht luſtig uͤber einen Geiſtlichen zu Gießen, wel- cher bey einem Leichenbegaͤngniſſe beſoffen auf die Kanzel geſtiegen war. Ich mag den Ehrenmann nicht nennen: in Gießen wiſſen aber die kleinen Kinder das Hiſtoͤrchen. So ſehr der ſogenannte Komment auch abge- nommen hatte, ſo gab es doch noch Orden in Gie- ßen: ſogar der Orden der Amiciſten war noch da, hatte aber nicht mehr als drey Anhaͤnger, wovon der eine Senior, der andere Subſenior und der dritte Sekretaͤr war. Als wir aus Champagne zuruͤck waren, und im November 1793 bey Koblenz kan- tonnirten, ſchrieb der Hr. Landgraf von Darmſtadt an den Hn. General von Thadden: er habe meine Hiſtorie geleſen, und daraus erſehen, daß ich viele Wiſſenſchaft um daß Gießer Ordensweſen haben muͤßte; der Hr. General moͤchte mich daher uͤber einen und den andern Punkt befragen laſſen, u. ſ. w. Dieſes ließ Hr. v. Thadden durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/28
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/28>, abgerufen am 29.04.2024.