labte, und dann ein gutes Bette besteigen ließ. Der Schütze hatte die Ruhr im höchsten Grade, wollte aber, weil er die abscheulichen Feldlazarethe kannte, in keins derselben. Des Nachts kam ihm das Stuhlgehen an: da er aber ein sehr abergläu- biger Mensch war, so fürchtete er sich vor Gespen- stern, und getraute sich nicht, die Treppe herab in den Hof allein zu gehen. Er weckte mich also, und bat, daß ich ihn doch begleiten mögte. Ich that es, wiewohl etwas unwillig, über seine kindische Furcht. Kaum aber waren wir wieder im Bette, als mein Seydling von neuem nöthig fand, auf den Hof zu gehen: ich schlug ihm die Begleitung ab, und schalt seine pinselige Furcht, die einem Soldaten gar übel anstehe. Aber der gute Kerl machte lieber seine Nothdurft in die Kammer, wor- in wir lagen, als daß er hinab gegangen wäre. Zur Strafe für diese Unart ließ ich ihn lange nicht wieder ins Bette, und drohte ihm, ihn zu verkla- gen, wenn er am folgenden Morgen nicht gleich alles wieder rein machte. Er versprachs und hielt Wort.
Früh um halb Sechse wurde schon Marsch ge- schlagen: denn es war Befehl zum Aufbruch ge- kommen: die Franzosen hatten unsre Leute aus Limburg gejagt, und man befürchtete, sie mögten weiter herunter dringen. In Limburg waren zwar
labte, und dann ein gutes Bette beſteigen ließ. Der Schuͤtze hatte die Ruhr im hoͤchſten Grade, wollte aber, weil er die abſcheulichen Feldlazarethe kannte, in keins derſelben. Des Nachts kam ihm das Stuhlgehen an: da er aber ein ſehr aberglaͤu- biger Menſch war, ſo fuͤrchtete er ſich vor Geſpen- ſtern, und getraute ſich nicht, die Treppe herab in den Hof allein zu gehen. Er weckte mich alſo, und bat, daß ich ihn doch begleiten moͤgte. Ich that es, wiewohl etwas unwillig, uͤber ſeine kindiſche Furcht. Kaum aber waren wir wieder im Bette, als mein Seydling von neuem noͤthig fand, auf den Hof zu gehen: ich ſchlug ihm die Begleitung ab, und ſchalt ſeine pinſelige Furcht, die einem Soldaten gar uͤbel anſtehe. Aber der gute Kerl machte lieber ſeine Nothdurft in die Kammer, wor- in wir lagen, als daß er hinab gegangen waͤre. Zur Strafe fuͤr dieſe Unart ließ ich ihn lange nicht wieder ins Bette, und drohte ihm, ihn zu verkla- gen, wenn er am folgenden Morgen nicht gleich alles wieder rein machte. Er verſprachs und hielt Wort.
Fruͤh um halb Sechſe wurde ſchon Marſch ge- ſchlagen: denn es war Befehl zum Aufbruch ge- kommen: die Franzoſen hatten unſre Leute aus Limburg gejagt, und man befuͤrchtete, ſie moͤgten weiter herunter dringen. In Limburg waren zwar
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labte, und dann ein gutes Bette beſteigen ließ.
Der Schuͤtze hatte die Ruhr im hoͤchſten Grade,
wollte aber, weil er die abſcheulichen Feldlazarethe
kannte, in keins derſelben. Des Nachts kam ihm
das Stuhlgehen an: da er aber ein ſehr aberglaͤu-
biger Menſch war, ſo fuͤrchtete er ſich vor Geſpen-
ſtern, und getraute ſich nicht, die Treppe herab in
den Hof allein zu gehen. Er weckte mich alſo, und
bat, daß ich ihn doch begleiten moͤgte. Ich that
es, wiewohl etwas unwillig, uͤber ſeine kindiſche
Furcht. Kaum aber waren wir wieder im Bette,
als mein Seydling von neuem noͤthig fand, auf
den Hof zu gehen: ich ſchlug ihm die Begleitung
ab, und ſchalt ſeine pinſelige Furcht, die einem
Soldaten gar uͤbel anſtehe. Aber der gute Kerl
machte lieber ſeine Nothdurft in die Kammer, wor-
in wir lagen, als daß er hinab gegangen waͤre.
Zur Strafe fuͤr dieſe Unart ließ ich ihn lange nicht
wieder ins Bette, und drohte ihm, ihn zu verkla-
gen, wenn er am folgenden Morgen nicht gleich
alles wieder rein machte. Er verſprachs und hielt
Wort.
Fruͤh um halb Sechſe wurde ſchon Marſch ge-
ſchlagen: denn es war Befehl zum Aufbruch ge-
kommen: die Franzoſen hatten unſre Leute aus
Limburg gejagt, und man befuͤrchtete, ſie moͤgten
weiter herunter dringen. In Limburg waren zwar
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/281>, abgerufen am 22.11.2024.
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