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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Bey keinem Stande ist das Sprüchwort: ein
ander Städtchen, ein ander Mädchen, mehr wahr,
als bey den Soldaten: wo nur 100 Mann vier
Tage liegen, giebt es gewiß schon 25 Soldaten-
schätzchen, freilich lauter leichte, verdorbne Waare,
aber doch auch mitunter solche, welche wohl auf
etwas Besseres, als auf einen Kerl in der Uniform,
hätten Anspruch machen können. In den Rhein-
gegenden hatten die Emigranten, und nach ihnen
die Patrioten, das schöne Geschlecht schon vorbe-
reitet und zugestuzt, und so war es unsern Leuten
gar leicht, Liebschaft anzuzetteln, wo sie nur woll-
ten. Die Herren Hauptleute sehen dergleichen un-
gern: denn es hindert gewöhnlich die Desertion,
wenn es auch nicht dieselbe gleich zuweilen beför-
dert, indem Bursche und Liebchen mit einander ab-
fahren. Bey den Preußen ist das indeß der Fall
nicht so oft, wie bey den Oestreichern: denn bey
diesen hält das Heurathen härter. Daher laufen
auch weit mehr Oestreicher mit ihren Liebchen von
dannen, als Preußen. In den Ordonanzhäusern
kann man den Beweis davon augenscheinlich finden.

Aber warum sollte der Soldat sich nicht auch
einen Zeitvertreib mit dem Frauenzimmer ma-
chen, da er große Herren es nicht besser machen
sieht, sogar ganz große Herren! In Frankfurt
laufen noch auf die Stunde Histörchen von allerley

Bey keinem Stande iſt das Spruͤchwort: ein
ander Staͤdtchen, ein ander Maͤdchen, mehr wahr,
als bey den Soldaten: wo nur 100 Mann vier
Tage liegen, giebt es gewiß ſchon 25 Soldaten-
ſchaͤtzchen, freilich lauter leichte, verdorbne Waare,
aber doch auch mitunter ſolche, welche wohl auf
etwas Beſſeres, als auf einen Kerl in der Uniform,
haͤtten Anſpruch machen koͤnnen. In den Rhein-
gegenden hatten die Emigranten, und nach ihnen
die Patrioten, das ſchoͤne Geſchlecht ſchon vorbe-
reitet und zugeſtuzt, und ſo war es unſern Leuten
gar leicht, Liebſchaft anzuzetteln, wo ſie nur woll-
ten. Die Herren Hauptleute ſehen dergleichen un-
gern: denn es hindert gewoͤhnlich die Deſertion,
wenn es auch nicht dieſelbe gleich zuweilen befoͤr-
dert, indem Burſche und Liebchen mit einander ab-
fahren. Bey den Preußen iſt das indeß der Fall
nicht ſo oft, wie bey den Oeſtreichern: denn bey
dieſen haͤlt das Heurathen haͤrter. Daher laufen
auch weit mehr Oeſtreicher mit ihren Liebchen von
dannen, als Preußen. In den Ordonanzhaͤuſern
kann man den Beweis davon augenſcheinlich finden.

Aber warum ſollte der Soldat ſich nicht auch
einen Zeitvertreib mit dem Frauenzimmer ma-
chen, da er große Herren es nicht beſſer machen
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laufen noch auf die Stunde Hiſtoͤrchen von allerley

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[300/0312] Bey keinem Stande iſt das Spruͤchwort: ein ander Staͤdtchen, ein ander Maͤdchen, mehr wahr, als bey den Soldaten: wo nur 100 Mann vier Tage liegen, giebt es gewiß ſchon 25 Soldaten- ſchaͤtzchen, freilich lauter leichte, verdorbne Waare, aber doch auch mitunter ſolche, welche wohl auf etwas Beſſeres, als auf einen Kerl in der Uniform, haͤtten Anſpruch machen koͤnnen. In den Rhein- gegenden hatten die Emigranten, und nach ihnen die Patrioten, das ſchoͤne Geſchlecht ſchon vorbe- reitet und zugeſtuzt, und ſo war es unſern Leuten gar leicht, Liebſchaft anzuzetteln, wo ſie nur woll- ten. Die Herren Hauptleute ſehen dergleichen un- gern: denn es hindert gewoͤhnlich die Deſertion, wenn es auch nicht dieſelbe gleich zuweilen befoͤr- dert, indem Burſche und Liebchen mit einander ab- fahren. Bey den Preußen iſt das indeß der Fall nicht ſo oft, wie bey den Oeſtreichern: denn bey dieſen haͤlt das Heurathen haͤrter. Daher laufen auch weit mehr Oeſtreicher mit ihren Liebchen von dannen, als Preußen. In den Ordonanzhaͤuſern kann man den Beweis davon augenſcheinlich finden. Aber warum ſollte der Soldat ſich nicht auch einen Zeitvertreib mit dem Frauenzimmer ma- chen, da er große Herren es nicht beſſer machen ſieht, ſogar ganz große Herren! In Frankfurt laufen noch auf die Stunde Hiſtoͤrchen von allerley

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/312>, abgerufen am 11.06.2024.