Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Ich: Herr Adjutant, wenn mir ein Andrer
diese Frage vorlegte, ich weiß nicht, ich --

Adj: Ich schmiß ihm hinter die Ohren, nicht
wahr? -- Das ist recht gesprochen, mein Lieber:
so hör' ichs gern. Nun sieht Er, wenn Er ohne
Furcht vor die Kanonen ging, wo Er doch nicht
viel thun konnte, warum wollte Er jezt eine Gele-
genheit vorbey lassen, wo weniger Gefahr ist, und
wo Er Viel thun kann?

Dieser Grund bestimmte mich beynahe: ich sagte
dem Adjutanten, daß ich für den Kronprinzen alles
zu wagen und alles zu thun bereit wäre. Er mögte
also Seiner Hoheit meinen Entschluß melden, und
Sie versichern, daß ich nur ihren Befehl erwartete.

Es war mir, wie es sich versteht, verboten
worden, diese kützliche Sache irgend jemanden be-
kannt zu machen; aber dieß foderte schon meine
eigne Sicherheit. Ich hatte nicht einmal das Herz,
sie meinem Hauptmann anzuvertrauen: dieser fragte
auch ganz und gar nicht, was die großen Herren
mit mir gesprochen hätten.

Es war bey der Kompagnie ein Franzose, Na-
mens Gautier, ein eingemachter Windbeutel, der
beynahe kein Wort deutsch wußte. Aber en revanche
frisirte und rasirte er, wie ein Meister, und war
immer guter Dinge. Seines jovialischen Wesens
und seiner Schnurren wegen war er bey jederman,

Ich: Herr Adjutant, wenn mir ein Andrer
dieſe Frage vorlegte, ich weiß nicht, ich —

Adj: Ich ſchmiß ihm hinter die Ohren, nicht
wahr? — Das iſt recht geſprochen, mein Lieber:
ſo hoͤr' ichs gern. Nun ſieht Er, wenn Er ohne
Furcht vor die Kanonen ging, wo Er doch nicht
viel thun konnte, warum wollte Er jezt eine Gele-
genheit vorbey laſſen, wo weniger Gefahr iſt, und
wo Er Viel thun kann?

Dieſer Grund beſtimmte mich beynahe: ich ſagte
dem Adjutanten, daß ich fuͤr den Kronprinzen alles
zu wagen und alles zu thun bereit waͤre. Er moͤgte
alſo Seiner Hoheit meinen Entſchluß melden, und
Sie verſichern, daß ich nur ihren Befehl erwartete.

Es war mir, wie es ſich verſteht, verboten
worden, dieſe kuͤtzliche Sache irgend jemanden be-
kannt zu machen; aber dieß foderte ſchon meine
eigne Sicherheit. Ich hatte nicht einmal das Herz,
ſie meinem Hauptmann anzuvertrauen: dieſer fragte
auch ganz und gar nicht, was die großen Herren
mit mir geſprochen haͤtten.

Es war bey der Kompagnie ein Franzoſe, Na-
mens Gautier, ein eingemachter Windbeutel, der
beynahe kein Wort deutſch wußte. Aber en révanche
friſirte und raſirte er, wie ein Meiſter, und war
immer guter Dinge. Seines jovialiſchen Weſens
und ſeiner Schnurren wegen war er bey jederman,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0515" n="503"/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>: Herr Adjutant, wenn mir ein Andrer<lb/>
die&#x017F;e Frage vorlegte, ich weiß nicht, ich &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Adj</hi>: Ich &#x017F;chmiß ihm hinter die Ohren, nicht<lb/>
wahr? &#x2014; Das i&#x017F;t recht ge&#x017F;prochen, mein Lieber:<lb/>
&#x017F;o ho&#x0364;r' ichs gern. Nun &#x017F;ieht Er, wenn Er ohne<lb/>
Furcht vor die Kanonen ging, wo Er doch nicht<lb/>
viel thun konnte, warum wollte Er jezt eine Gele-<lb/>
genheit vorbey la&#x017F;&#x017F;en, wo weniger Gefahr i&#x017F;t, und<lb/>
wo Er Viel thun kann?</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;er Grund be&#x017F;timmte mich beynahe: ich &#x017F;agte<lb/>
dem Adjutanten, daß ich fu&#x0364;r den Kronprinzen alles<lb/>
zu wagen und alles zu thun bereit wa&#x0364;re. Er mo&#x0364;gte<lb/>
al&#x017F;o Seiner Hoheit meinen Ent&#x017F;chluß melden, und<lb/>
Sie ver&#x017F;ichern, daß ich nur ihren Befehl erwartete.</p><lb/>
        <p>Es war mir, wie es &#x017F;ich ver&#x017F;teht, verboten<lb/>
worden, die&#x017F;e ku&#x0364;tzliche Sache irgend jemanden be-<lb/>
kannt zu machen; aber dieß foderte &#x017F;chon meine<lb/>
eigne Sicherheit. Ich hatte nicht einmal das Herz,<lb/>
&#x017F;ie meinem Hauptmann anzuvertrauen: die&#x017F;er fragte<lb/>
auch ganz und gar nicht, was die großen Herren<lb/>
mit mir ge&#x017F;prochen ha&#x0364;tten.</p><lb/>
        <p>Es war bey der Kompagnie ein Franzo&#x017F;e, Na-<lb/>
mens Gautier, ein eingemachter Windbeutel, der<lb/>
beynahe kein Wort deut&#x017F;ch wußte. Aber <hi rendition="#aq">en révanche</hi><lb/>
fri&#x017F;irte und ra&#x017F;irte er, wie ein Mei&#x017F;ter, und war<lb/>
immer guter Dinge. Seines joviali&#x017F;chen We&#x017F;ens<lb/>
und &#x017F;einer Schnurren wegen war er bey jederman,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[503/0515] Ich: Herr Adjutant, wenn mir ein Andrer dieſe Frage vorlegte, ich weiß nicht, ich — Adj: Ich ſchmiß ihm hinter die Ohren, nicht wahr? — Das iſt recht geſprochen, mein Lieber: ſo hoͤr' ichs gern. Nun ſieht Er, wenn Er ohne Furcht vor die Kanonen ging, wo Er doch nicht viel thun konnte, warum wollte Er jezt eine Gele- genheit vorbey laſſen, wo weniger Gefahr iſt, und wo Er Viel thun kann? Dieſer Grund beſtimmte mich beynahe: ich ſagte dem Adjutanten, daß ich fuͤr den Kronprinzen alles zu wagen und alles zu thun bereit waͤre. Er moͤgte alſo Seiner Hoheit meinen Entſchluß melden, und Sie verſichern, daß ich nur ihren Befehl erwartete. Es war mir, wie es ſich verſteht, verboten worden, dieſe kuͤtzliche Sache irgend jemanden be- kannt zu machen; aber dieß foderte ſchon meine eigne Sicherheit. Ich hatte nicht einmal das Herz, ſie meinem Hauptmann anzuvertrauen: dieſer fragte auch ganz und gar nicht, was die großen Herren mit mir geſprochen haͤtten. Es war bey der Kompagnie ein Franzoſe, Na- mens Gautier, ein eingemachter Windbeutel, der beynahe kein Wort deutſch wußte. Aber en révanche friſirte und raſirte er, wie ein Meiſter, und war immer guter Dinge. Seines jovialiſchen Weſens und ſeiner Schnurren wegen war er bey jederman,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/515
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/515>, abgerufen am 04.12.2024.