zu stöhren, und dadurch unsern Zustand zu ver- schlimmern und zu verlängern? Warum mußten unsre Großen, unser Capet, unsre Adlichen, unsre Pfaffen Rebellion und Blutvergießen stiften, unter der Hand unterhalten und dadurch die Revolutions- gesetze, die tribunaux revol[u]tionnaires, die Gillo- tine, die Füseliaden und andre scheusliche Auftritte nothwendig machen? Die Revolution an sich war an dem großen Unglück, das unser Land betroffen hat, und das wahrscheinlich noch einen großen Theil von Europa niederdrücken wird, nicht allein Schuld.
Ich: Du bekennst also doch, daß die Revolu- tion gelegentlich großes Unglück über Frankreich gebracht hat: also ist sie gegen Eure Erwartung anders ausgefallen, als sie sollte.
Er: Ganz und gar nicht. Man hat, wenig- stens haben gescheide Köpfe diese Folgen größten- theils voraus gesehn. Aber es mußte einmal bre- chen. Wir sind nicht allein für uns da; wir müs- sen auch auf unsre Nachkommen bedacht seyn. Ein Volk ist anzusehen, wie Ein Körper, der viele Jahrhunderte lebt. Wenn daher an diesem Körper brandartige Glieder sind, so muß man diese weg- schaffen, gesezt auch, es müsse frisches Fleisch mit abgeschnitten werden.
Ich: Ich verstehe Dich: Du meynst den Adel --
Er: Nicht den Adel allein; ich meyne alle die, welche an der unrechtmäßigen Obergewalt unsrer Tyrannen Theil hatten, und ihre Bübereyen unter dem Schutz der willkührlichen Einrichtung eines
zu ſtoͤhren, und dadurch unſern Zuſtand zu ver- ſchlimmern und zu verlaͤngern? Warum mußten unſre Großen, unſer Capet, unſre Adlichen, unſre Pfaffen Rebellion und Blutvergießen ſtiften, unter der Hand unterhalten und dadurch die Revolutions- geſetze, die tribunaux révol[u]tionnaires, die Gillo- tine, die Fuͤſeliaden und andre ſcheusliche Auftritte nothwendig machen? Die Revolution an ſich war an dem großen Ungluͤck, das unſer Land betroffen hat, und das wahrſcheinlich noch einen großen Theil von Europa niederdruͤcken wird, nicht allein Schuld.
Ich: Du bekennſt alſo doch, daß die Revolu- tion gelegentlich großes Ungluͤck uͤber Frankreich gebracht hat: alſo iſt ſie gegen Eure Erwartung anders ausgefallen, als ſie ſollte.
Er: Ganz und gar nicht. Man hat, wenig- ſtens haben geſcheide Koͤpfe dieſe Folgen groͤßten- theils voraus geſehn. Aber es mußte einmal bre- chen. Wir ſind nicht allein fuͤr uns da; wir muͤſ- ſen auch auf unſre Nachkommen bedacht ſeyn. Ein Volk iſt anzuſehen, wie Ein Koͤrper, der viele Jahrhunderte lebt. Wenn daher an dieſem Koͤrper brandartige Glieder ſind, ſo muß man dieſe weg- ſchaffen, geſezt auch, es muͤſſe friſches Fleiſch mit abgeſchnitten werden.
Ich: Ich verſtehe Dich: Du meynſt den Adel —
Er: Nicht den Adel allein; ich meyne alle die, welche an der unrechtmaͤßigen Obergewalt unſrer Tyrannen Theil hatten, und ihre Buͤbereyen unter dem Schutz der willkuͤhrlichen Einrichtung eines
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zu ſtoͤhren, und dadurch unſern Zuſtand zu ver-
ſchlimmern und zu verlaͤngern? Warum mußten
unſre Großen, unſer Capet, unſre Adlichen, unſre
Pfaffen Rebellion und Blutvergießen ſtiften, unter
der Hand unterhalten und dadurch die Revolutions-
geſetze, die tribunaux révolutionnaires, die Gillo-
tine, die Fuͤſeliaden und andre ſcheusliche Auftritte
nothwendig machen? Die Revolution an ſich war
an dem großen Ungluͤck, das unſer Land betroffen
hat, und das wahrſcheinlich noch einen großen
Theil von Europa niederdruͤcken wird, nicht allein
Schuld.
Ich: Du bekennſt alſo doch, daß die Revolu-
tion gelegentlich großes Ungluͤck uͤber Frankreich
gebracht hat: alſo iſt ſie gegen Eure Erwartung
anders ausgefallen, als ſie ſollte.
Er: Ganz und gar nicht. Man hat, wenig-
ſtens haben geſcheide Koͤpfe dieſe Folgen groͤßten-
theils voraus geſehn. Aber es mußte einmal bre-
chen. Wir ſind nicht allein fuͤr uns da; wir muͤſ-
ſen auch auf unſre Nachkommen bedacht ſeyn. Ein
Volk iſt anzuſehen, wie Ein Koͤrper, der viele
Jahrhunderte lebt. Wenn daher an dieſem Koͤrper
brandartige Glieder ſind, ſo muß man dieſe weg-
ſchaffen, geſezt auch, es muͤſſe friſches Fleiſch mit
abgeſchnitten werden.
Ich: Ich verſtehe Dich: Du meynſt den Adel —
Er: Nicht den Adel allein; ich meyne alle die,
welche an der unrechtmaͤßigen Obergewalt unſrer
Tyrannen Theil hatten, und ihre Buͤbereyen unter
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/535>, abgerufen am 04.12.2024.
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