Er: Von der Spielsucht, vom Stolz, von der Sucht, sich Kreaturen zu machen, und vom Wie- ner Hofe. --
Ich: Weiß man denn in Frankreich, daß Ma- dam Antoinette vom Wiener Hofe regiert wird?
Er: Leider zu gut! Auch sind selbst unsre Prinzen, besonders Conde, darüber längst ärger- lich gewesen; allein sie durften dem Unwesen nicht steuren.
Ich: Warum denn nicht? Was konnte Ihnen der Wiener Hof schaden oder nützen?
Er: Mehr, als Sie sich vorstellen. Sehn Sie, es ist nicht von vorgestern, daß man eine Revolution in Frankreich befürchtete. Brach diese aus, so mußte man einen Hinterhalt haben; und wer in ganz Europa war wohl besser im Stande, diesen Hinterhalt zu leisten, als eben Oestreich? Also war es, denk ich, immer klug, einer Person nachzugeben, welche das Haus Oestreich in das Interesse der französischen Herren ziehen, und dar- in erhalten konnte. Es ist auch gelungen: Oest- reich hat unsre Hof-Parthey zuerst ergriffen.
Ich: Ja wohl; aber zu seinem eignen Scha- den, und zum Verderben des königlichen Hauses in Frankreich, wie die Zeit lehren wird.
Dritter Theil. D
Er: Von der Spielſucht, vom Stolz, von der Sucht, ſich Kreaturen zu machen, und vom Wie- ner Hofe. —
Ich: Weiß man denn in Frankreich, daß Ma- dam Antoinette vom Wiener Hofe regiert wird?
Er: Leider zu gut! Auch ſind ſelbſt unſre Prinzen, beſonders Condé, daruͤber laͤngſt aͤrger- lich geweſen; allein ſie durften dem Unweſen nicht ſteuren.
Ich: Warum denn nicht? Was konnte Ihnen der Wiener Hof ſchaden oder nuͤtzen?
Er: Mehr, als Sie ſich vorſtellen. Sehn Sie, es iſt nicht von vorgeſtern, daß man eine Revolution in Frankreich befuͤrchtete. Brach dieſe aus, ſo mußte man einen Hinterhalt haben; und wer in ganz Europa war wohl beſſer im Stande, dieſen Hinterhalt zu leiſten, als eben Oeſtreich? Alſo war es, denk ich, immer klug, einer Perſon nachzugeben, welche das Haus Oeſtreich in das Intereſſe der franzoͤſiſchen Herren ziehen, und dar- in erhalten konnte. Es iſt auch gelungen: Oeſt- reich hat unſre Hof-Parthey zuerſt ergriffen.
Ich: Ja wohl; aber zu ſeinem eignen Scha- den, und zum Verderben des koͤniglichen Hauſes in Frankreich, wie die Zeit lehren wird.
Dritter Theil. D
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Er: Von der Spielſucht, vom Stolz, von der
Sucht, ſich Kreaturen zu machen, und vom Wie-
ner Hofe. —
Ich: Weiß man denn in Frankreich, daß Ma-
dam Antoinette vom Wiener Hofe regiert wird?
Er: Leider zu gut! Auch ſind ſelbſt unſre
Prinzen, beſonders Condé, daruͤber laͤngſt aͤrger-
lich geweſen; allein ſie durften dem Unweſen nicht
ſteuren.
Ich: Warum denn nicht? Was konnte Ihnen
der Wiener Hof ſchaden oder nuͤtzen?
Er: Mehr, als Sie ſich vorſtellen. Sehn
Sie, es iſt nicht von vorgeſtern, daß man eine
Revolution in Frankreich befuͤrchtete. Brach dieſe
aus, ſo mußte man einen Hinterhalt haben; und
wer in ganz Europa war wohl beſſer im Stande,
dieſen Hinterhalt zu leiſten, als eben Oeſtreich?
Alſo war es, denk ich, immer klug, einer Perſon
nachzugeben, welche das Haus Oeſtreich in das
Intereſſe der franzoͤſiſchen Herren ziehen, und dar-
in erhalten konnte. Es iſt auch gelungen: Oeſt-
reich hat unſre Hof-Parthey zuerſt ergriffen.
Ich: Ja wohl; aber zu ſeinem eignen Scha-
den, und zum Verderben des koͤniglichen Hauſes
in Frankreich, wie die Zeit lehren wird.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/61>, abgerufen am 11.12.2024.
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