heit entscheidet am Ende immer; und so nützet unverdientes Lob eben so wenig, als unverdien- ter Tadel schadet. Der selbstständige, billige Mann bleibt also um beyde unbekümmert, und erwartet sein Recht von der sichtenden Nachwelt.
Ich glaube, Bücher von der Art, wie die Fortsetzung meiner Biographie ist, sind besonders schicklich, unbefangne Leser in den Stand zu setzen, richtig und ohne Gefahr, zu irren, über manche Vorfälle des Krieges gegen die Franzosen sich zu unterrichten, und viele Personen, welche daran Antheil hatten, nach Verdienst zu würdigen.
Ich habe kein Interesse, jemanden zu loben, oder zu tadeln. Ich lebe zwar noch im Preu- ßischen: allein keine Seele, die in diesen Staaten einiges Gewicht hätte, wird von mir, wegen Wohlthaten, geliebt, oder wegen Beleidigungen, gehasset. Ich stehe nicht in der geringsten Verbin- dung, und kann in einer einzigen Viertelstunde allen meinen Verhältnissen mit den Preußen ein Ende machen. Ich habe also zu Lob und Tadel noch weniger Ursache, als der ehrliche Tacitus hatte, welcher (Hist. L I. C. II.) bekennen mußte, daß zwar Galba, Otho und Vitellius ihm weder Gu- tes noch Böses erwiesen hätten (nec beneficio nec injuria sibi cognitos), daß er aber unter Vespasianus, Titus und Domitianus immer in Staatswürden und Aemtern höher gestiegen sey. Aber, sezt er hinzu, da ich einmal aufrichtig zu seyn versprochen habe, so muß ich jeden ohne Vorliebe, und ohne Haß nennen.
heit entſcheidet am Ende immer; und ſo nuͤtzet unverdientes Lob eben ſo wenig, als unverdien- ter Tadel ſchadet. Der ſelbſtſtaͤndige, billige Mann bleibt alſo um beyde unbekuͤmmert, und erwartet ſein Recht von der ſichtenden Nachwelt.
Ich glaube, Buͤcher von der Art, wie die Fortſetzung meiner Biographie iſt, ſind beſonders ſchicklich, unbefangne Leſer in den Stand zu ſetzen, richtig und ohne Gefahr, zu irren, uͤber manche Vorfaͤlle des Krieges gegen die Franzoſen ſich zu unterrichten, und viele Perſonen, welche daran Antheil hatten, nach Verdienſt zu wuͤrdigen.
Ich habe kein Intereſſe, jemanden zu loben, oder zu tadeln. Ich lebe zwar noch im Preu- ßiſchen: allein keine Seele, die in dieſen Staaten einiges Gewicht haͤtte, wird von mir, wegen Wohlthaten, geliebt, oder wegen Beleidigungen, gehaſſet. Ich ſtehe nicht in der geringſten Verbin- dung, und kann in einer einzigen Viertelſtunde allen meinen Verhaͤltniſſen mit den Preußen ein Ende machen. Ich habe alſo zu Lob und Tadel noch weniger Urſache, als der ehrliche Tacitus hatte, welcher (Hiſt. L I. C. II.) bekennen mußte, daß zwar Galba, Otho und Vitellius ihm weder Gu- tes noch Boͤſes erwieſen haͤtten (nec beneficio nec injuria ſibi cognitos), daß er aber unter Veſpaſianus, Titus und Domitianus immer in Staatswuͤrden und Aemtern hoͤher geſtiegen ſey. Aber, ſezt er hinzu, da ich einmal aufrichtig zu ſeyn verſprochen habe, ſo muß ich jeden ohne Vorliebe, und ohne Haß nennen.
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0008"n="XII"/>
heit entſcheidet am Ende immer; und ſo nuͤtzet<lb/>
unverdientes Lob eben ſo wenig, als unverdien-<lb/>
ter Tadel ſchadet. Der ſelbſtſtaͤndige, billige<lb/>
Mann bleibt alſo um beyde unbekuͤmmert, und<lb/>
erwartet ſein Recht von der ſichtenden Nachwelt.</p><lb/><p>Ich glaube, Buͤcher von der Art, wie die<lb/>
Fortſetzung meiner Biographie iſt, ſind beſonders<lb/>ſchicklich, unbefangne Leſer in den Stand zu ſetzen,<lb/>
richtig und ohne Gefahr, zu irren, uͤber manche<lb/>
Vorfaͤlle des Krieges gegen die Franzoſen ſich zu<lb/>
unterrichten, und viele Perſonen, welche daran<lb/>
Antheil hatten, nach Verdienſt zu wuͤrdigen.</p><lb/><p>Ich habe kein Intereſſe, jemanden zu loben,<lb/>
oder zu tadeln. Ich lebe zwar <hirendition="#g">noch</hi> im Preu-<lb/>
ßiſchen: allein keine Seele, die in dieſen Staaten<lb/>
einiges Gewicht haͤtte, wird von mir, wegen<lb/>
Wohlthaten, geliebt, oder wegen Beleidigungen,<lb/>
gehaſſet. Ich ſtehe nicht in der geringſten Verbin-<lb/>
dung, und kann in einer einzigen Viertelſtunde allen<lb/>
meinen Verhaͤltniſſen mit den Preußen ein Ende<lb/>
machen. Ich habe alſo zu Lob und Tadel noch<lb/>
weniger Urſache, als der ehrliche <hirendition="#g">Tacitus</hi> hatte,<lb/>
welcher (<hirendition="#aq">Hiſt. L I. C. II.</hi>) bekennen mußte, daß<lb/>
zwar Galba, Otho und Vitellius ihm weder Gu-<lb/>
tes noch Boͤſes erwieſen haͤtten (<hirendition="#aq">nec beneficio<lb/>
nec injuria ſibi cognitos</hi>), daß er aber unter<lb/>
Veſpaſianus, Titus und Domitianus immer in<lb/>
Staatswuͤrden und Aemtern hoͤher geſtiegen ſey.<lb/>
Aber, ſezt er hinzu, da ich einmal aufrichtig zu<lb/>ſeyn verſprochen habe, ſo muß ich jeden ohne<lb/>
Vorliebe, und ohne Haß nennen.</p><lb/></body></text></TEI>
[XII/0008]
heit entſcheidet am Ende immer; und ſo nuͤtzet
unverdientes Lob eben ſo wenig, als unverdien-
ter Tadel ſchadet. Der ſelbſtſtaͤndige, billige
Mann bleibt alſo um beyde unbekuͤmmert, und
erwartet ſein Recht von der ſichtenden Nachwelt.
Ich glaube, Buͤcher von der Art, wie die
Fortſetzung meiner Biographie iſt, ſind beſonders
ſchicklich, unbefangne Leſer in den Stand zu ſetzen,
richtig und ohne Gefahr, zu irren, uͤber manche
Vorfaͤlle des Krieges gegen die Franzoſen ſich zu
unterrichten, und viele Perſonen, welche daran
Antheil hatten, nach Verdienſt zu wuͤrdigen.
Ich habe kein Intereſſe, jemanden zu loben,
oder zu tadeln. Ich lebe zwar noch im Preu-
ßiſchen: allein keine Seele, die in dieſen Staaten
einiges Gewicht haͤtte, wird von mir, wegen
Wohlthaten, geliebt, oder wegen Beleidigungen,
gehaſſet. Ich ſtehe nicht in der geringſten Verbin-
dung, und kann in einer einzigen Viertelſtunde allen
meinen Verhaͤltniſſen mit den Preußen ein Ende
machen. Ich habe alſo zu Lob und Tadel noch
weniger Urſache, als der ehrliche Tacitus hatte,
welcher (Hiſt. L I. C. II.) bekennen mußte, daß
zwar Galba, Otho und Vitellius ihm weder Gu-
tes noch Boͤſes erwieſen haͤtten (nec beneficio
nec injuria ſibi cognitos), daß er aber unter
Veſpaſianus, Titus und Domitianus immer in
Staatswuͤrden und Aemtern hoͤher geſtiegen ſey.
Aber, ſezt er hinzu, da ich einmal aufrichtig zu
ſeyn verſprochen habe, ſo muß ich jeden ohne
Vorliebe, und ohne Haß nennen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. XII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/8>, abgerufen am 03.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.