und blieb dem Vaterlande auch alsdann noch treu, nachdem es ihn mit Undank verstoßen hatte. Kato blieb unbestechlich; denn er war mäßig und tugend- haft. Antonius ward Verräther; denn er hatte keine Sitten. Brutus und Cäsar geben ein drittes Beyspiel. Dieser wurde aus einem ausschweifenden Feldherrn ein Tyrann; jenen bil- dete sein Stoicismus zum Befreyer Roms."
Schneider konnte nicht einmal der Böse- wicht seyn, wofür seine Feinde ihn ausgaben: Zeuge davon ist seine innige Achtung gegen die mildere Natur in seinem Briefchen an die un- verdorbenen Patrioten im Münsterthal. "Ich le- be wieder in Strasburg, schrieb er an diese Leute, aber mein Geist schwebet mitten unter euch. Nie, nie werde ich sie vergessen, die freudigen Stunden, welche ich in euren schönen Gefilden verlebte. Die Natur hat euch in ein glückliches Thal gesezt; und eure Hände wissen die Wohlthaten der Natur zu benutzen. -- Heil Euch, daß Ihr ruhig und fern vom Gewühle der Städte Eure Aecker bestellen, Eure Weinberge bauen, Eure Ziegen und Kühe weiden könnet. Ihr seyd Kinder der Natur, und würdig der Freyheit. In Eure Hütten wird sie zulezt sich flüchten, die heilige Freyheit, wenn Stolz, Eigennutz und Herrschsucht sie aus den Städten werden verjagt haben. Ihr wisset nichts
und blieb dem Vaterlande auch alsdann noch treu, nachdem es ihn mit Undank verſtoßen hatte. Kato blieb unbeſtechlich; denn er war maͤßig und tugend- haft. Antonius ward Verraͤther; denn er hatte keine Sitten. Brutus und Caͤſar geben ein drittes Beyſpiel. Dieſer wurde aus einem ausſchweifenden Feldherrn ein Tyrann; jenen bil- dete ſein Stoicismus zum Befreyer Roms.“
Schneider konnte nicht einmal der Boͤſe- wicht ſeyn, wofuͤr ſeine Feinde ihn ausgaben: Zeuge davon iſt ſeine innige Achtung gegen die mildere Natur in ſeinem Briefchen an die un- verdorbenen Patrioten im Muͤnſterthal. „Ich le- be wieder in Strasburg, ſchrieb er an dieſe Leute, aber mein Geiſt ſchwebet mitten unter euch. Nie, nie werde ich ſie vergeſſen, die freudigen Stunden, welche ich in euren ſchoͤnen Gefilden verlebte. Die Natur hat euch in ein gluͤckliches Thal geſezt; und eure Haͤnde wiſſen die Wohlthaten der Natur zu benutzen. — Heil Euch, daß Ihr ruhig und fern vom Gewuͤhle der Staͤdte Eure Aecker beſtellen, Eure Weinberge bauen, Eure Ziegen und Kuͤhe weiden koͤnnet. Ihr ſeyd Kinder der Natur, und wuͤrdig der Freyheit. In Eure Huͤtten wird ſie zulezt ſich fluͤchten, die heilige Freyheit, wenn Stolz, Eigennutz und Herrſchſucht ſie aus den Staͤdten werden verjagt haben. Ihr wiſſet nichts
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0222"n="218"/>
und blieb dem Vaterlande auch alsdann noch treu,<lb/>
nachdem es ihn mit Undank verſtoßen hatte. <hirendition="#g">Kato</hi><lb/>
blieb unbeſtechlich; denn er war maͤßig und tugend-<lb/>
haft. <hirendition="#g">Antonius</hi> ward Verraͤther; denn er<lb/>
hatte keine Sitten. <hirendition="#g">Brutus</hi> und <hirendition="#g">Caͤſar</hi> geben<lb/>
ein drittes Beyſpiel. Dieſer wurde aus einem<lb/>
ausſchweifenden Feldherrn ein Tyrann; jenen bil-<lb/>
dete ſein Stoicismus zum Befreyer Roms.“</p><lb/><p><hirendition="#g">Schneider</hi> konnte nicht einmal der Boͤſe-<lb/>
wicht ſeyn, wofuͤr ſeine Feinde ihn ausgaben:<lb/>
Zeuge davon iſt ſeine innige Achtung gegen die<lb/><hirendition="#g">mildere</hi> Natur in ſeinem Briefchen an die un-<lb/>
verdorbenen Patrioten im Muͤnſterthal. „Ich le-<lb/>
be wieder in Strasburg, ſchrieb er an dieſe Leute,<lb/>
aber mein Geiſt ſchwebet mitten unter euch. Nie,<lb/>
nie werde ich ſie vergeſſen, die freudigen Stunden,<lb/>
welche ich in euren ſchoͤnen Gefilden verlebte. Die<lb/>
Natur hat euch in ein gluͤckliches Thal geſezt; und<lb/>
eure Haͤnde wiſſen die Wohlthaten der Natur zu<lb/>
benutzen. — Heil Euch, daß Ihr ruhig und fern<lb/>
vom Gewuͤhle der Staͤdte Eure Aecker beſtellen,<lb/>
Eure Weinberge bauen, Eure Ziegen und Kuͤhe<lb/>
weiden koͤnnet. Ihr ſeyd Kinder der Natur, und<lb/>
wuͤrdig der Freyheit. In Eure Huͤtten wird ſie<lb/>
zulezt ſich fluͤchten, die heilige Freyheit, wenn<lb/>
Stolz, Eigennutz und Herrſchſucht ſie aus den<lb/>
Staͤdten werden verjagt haben. Ihr wiſſet nichts<lb/></p></div></body></text></TEI>
[218/0222]
und blieb dem Vaterlande auch alsdann noch treu,
nachdem es ihn mit Undank verſtoßen hatte. Kato
blieb unbeſtechlich; denn er war maͤßig und tugend-
haft. Antonius ward Verraͤther; denn er
hatte keine Sitten. Brutus und Caͤſar geben
ein drittes Beyſpiel. Dieſer wurde aus einem
ausſchweifenden Feldherrn ein Tyrann; jenen bil-
dete ſein Stoicismus zum Befreyer Roms.“
Schneider konnte nicht einmal der Boͤſe-
wicht ſeyn, wofuͤr ſeine Feinde ihn ausgaben:
Zeuge davon iſt ſeine innige Achtung gegen die
mildere Natur in ſeinem Briefchen an die un-
verdorbenen Patrioten im Muͤnſterthal. „Ich le-
be wieder in Strasburg, ſchrieb er an dieſe Leute,
aber mein Geiſt ſchwebet mitten unter euch. Nie,
nie werde ich ſie vergeſſen, die freudigen Stunden,
welche ich in euren ſchoͤnen Gefilden verlebte. Die
Natur hat euch in ein gluͤckliches Thal geſezt; und
eure Haͤnde wiſſen die Wohlthaten der Natur zu
benutzen. — Heil Euch, daß Ihr ruhig und fern
vom Gewuͤhle der Staͤdte Eure Aecker beſtellen,
Eure Weinberge bauen, Eure Ziegen und Kuͤhe
weiden koͤnnet. Ihr ſeyd Kinder der Natur, und
wuͤrdig der Freyheit. In Eure Huͤtten wird ſie
zulezt ſich fluͤchten, die heilige Freyheit, wenn
Stolz, Eigennutz und Herrſchſucht ſie aus den
Staͤdten werden verjagt haben. Ihr wiſſet nichts
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/222>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.