den gesetzlich-autorisirten Willen der Naton einzu- flößen, so fing man an, Strenge gegen sie anzu- wenden, und deportirte alle rebellische nach der Cayenne. Diese Deportation geschah meisten- theils unter den lächerlichsten und schimpflichsten Aufzügen. So saßen in Langres sehr viele Prie- ster und einige Bischöfe im Gefängniß, um de- portirt zu werden. An dem Tage, wo man sie auf offnen Wagen aus Langres führte nach Brest zu, machte ein Haufen junger Leute, worunter viele Jakobiner waren, eine Farze, deren gleichen man bisher in Langres gewiß noch niemals gese- hen hatte. Sie kleideten sich als Päpste, Kardi- näle, Bischöfe, Aebte, Weltpriester, Mönche und Nonnen, ritten auf Eseln, Ochsen und Stek- ken, trugen Kreuze, Venerabels, Monstranzen, Weihwasser-Kessel, Rosenkränze u. dgl. In ih- rer Gesellschaft befanden sich Juden, Spitzbuben, Türken mit Turban, und endlich kam der Teufel, der den Beschluß machte. Diese karrikaturmäßige Procession zog mit den zu deportirenden Priestern zum Thor hinaus, begleitete sie über eine Meile, und trieb allen ersinnlichen Spott mit den armen Leuten, welche durch die Verspottung ihres heili- gen Standes gewiß mehr gekränkt wurden, als durch die Deportation selbst.
den geſetzlich-autoriſirten Willen der Naton einzu- floͤßen, ſo fing man an, Strenge gegen ſie anzu- wenden, und deportirte alle rebelliſche nach der Cayenne. Dieſe Deportation geſchah meiſten- theils unter den laͤcherlichſten und ſchimpflichſten Aufzuͤgen. So ſaßen in Langres ſehr viele Prie- ſter und einige Biſchoͤfe im Gefaͤngniß, um de- portirt zu werden. An dem Tage, wo man ſie auf offnen Wagen aus Langres fuͤhrte nach Breſt zu, machte ein Haufen junger Leute, worunter viele Jakobiner waren, eine Farze, deren gleichen man bisher in Langres gewiß noch niemals geſe- hen hatte. Sie kleideten ſich als Paͤpſte, Kardi- naͤle, Biſchoͤfe, Aebte, Weltprieſter, Moͤnche und Nonnen, ritten auf Eſeln, Ochſen und Stek- ken, trugen Kreuze, Venerabels, Monſtranzen, Weihwaſſer-Keſſel, Roſenkraͤnze u. dgl. In ih- rer Geſellſchaft befanden ſich Juden, Spitzbuben, Tuͤrken mit Turban, und endlich kam der Teufel, der den Beſchluß machte. Dieſe karrikaturmaͤßige Proceſſion zog mit den zu deportirenden Prieſtern zum Thor hinaus, begleitete ſie uͤber eine Meile, und trieb allen erſinnlichen Spott mit den armen Leuten, welche durch die Verſpottung ihres heili- gen Standes gewiß mehr gekraͤnkt wurden, als durch die Deportation ſelbſt.
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den geſetzlich-autoriſirten Willen der Naton einzu-
floͤßen, ſo fing man an, Strenge gegen ſie anzu-
wenden, und deportirte alle rebelliſche nach der
Cayenne. Dieſe Deportation geſchah meiſten-
theils unter den laͤcherlichſten und ſchimpflichſten
Aufzuͤgen. So ſaßen in Langres ſehr viele Prie-
ſter und einige Biſchoͤfe im Gefaͤngniß, um de-
portirt zu werden. An dem Tage, wo man ſie auf
offnen Wagen aus Langres fuͤhrte nach Breſt
zu, machte ein Haufen junger Leute, worunter
viele Jakobiner waren, eine Farze, deren gleichen
man bisher in Langres gewiß noch niemals geſe-
hen hatte. Sie kleideten ſich als Paͤpſte, Kardi-
naͤle, Biſchoͤfe, Aebte, Weltprieſter, Moͤnche
und Nonnen, ritten auf Eſeln, Ochſen und Stek-
ken, trugen Kreuze, Venerabels, Monſtranzen,
Weihwaſſer-Keſſel, Roſenkraͤnze u. dgl. In ih-
rer Geſellſchaft befanden ſich Juden, Spitzbuben,
Tuͤrken mit Turban, und endlich kam der Teufel,
der den Beſchluß machte. Dieſe karrikaturmaͤßige
Proceſſion zog mit den zu deportirenden Prieſtern
zum Thor hinaus, begleitete ſie uͤber eine Meile,
und trieb allen erſinnlichen Spott mit den armen
Leuten, welche durch die Verſpottung ihres heili-
gen Standes gewiß mehr gekraͤnkt wurden, als
durch die Deportation ſelbſt.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/263>, abgerufen am 21.11.2024.
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