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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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Befestigungsstangen an den Altären, und zu Spin-
deln in den Glocken-Achsen: -- das alles berechne
man nach der Anzahl der Kathedral-Pfarr- und
Kloster-Kirchen in ganz Frankreich, die Oratorien
und Kapellen nicht einmal mitgerechnet; endlich
erwäge man den Geist einer Religion, welche das
Sünden-Conto durch fromme Stiftungen und
Schenkungen so ganz und gar saldirt, daß noch ein
Verdienst-Ueberschuß zu einem Wechsel übrig bleibt,
den der liebe Gott dereinst im Himmel zu honori-
ren hat: -- das Alles, sage ich, berechne man,
berechne dazu die Kirch-Gebäude, die Priesterhäu-
ser, Gärten, Grundstücke, Kirchhöfe und Kapi-
talien: und man wird die Millionen ansehnlich fin-
den, welche der Aberglaube reichlich zusammenge-
bracht und vermehrt hat, um die Wunden einer
Nation dereinst damit heilen zu helfen, welche er
ihr über ein Jahrtausend schlug. --

Die Bildsäulen der Heiligen von Stein und
Gips wurden alle zerschlagen, und die hölzernen
als Brennholz an Kauflustige verkauft. Alle Kru-
zifixe, alle Grabmäler und Mauseläen wurden ver-
nichtet und eingerissen. -- Die Volkssocietäten be-
trieben dieß vandalische Werk mit solchem Eifer,
daß innerhalb weniger Zeit, Frankreich gar keinen
Anstrich mehr hatte, als wenn die katholische Re-
ligion je darin geherrscht hätte. Weil aber die Ja-

Befeſtigungsſtangen an den Altaͤren, und zu Spin-
deln in den Glocken-Achſen: — das alles berechne
man nach der Anzahl der Kathedral-Pfarr- und
Kloſter-Kirchen in ganz Frankreich, die Oratorien
und Kapellen nicht einmal mitgerechnet; endlich
erwaͤge man den Geiſt einer Religion, welche das
Suͤnden-Conto durch fromme Stiftungen und
Schenkungen ſo ganz und gar ſaldirt, daß noch ein
Verdienſt-Ueberſchuß zu einem Wechſel uͤbrig bleibt,
den der liebe Gott dereinſt im Himmel zu honori-
ren hat: — das Alles, ſage ich, berechne man,
berechne dazu die Kirch-Gebaͤude, die Prieſterhaͤu-
ſer, Gaͤrten, Grundſtuͤcke, Kirchhoͤfe und Kapi-
talien: und man wird die Millionen anſehnlich fin-
den, welche der Aberglaube reichlich zuſammenge-
bracht und vermehrt hat, um die Wunden einer
Nation dereinſt damit heilen zu helfen, welche er
ihr uͤber ein Jahrtauſend ſchlug. —

Die Bildſaͤulen der Heiligen von Stein und
Gips wurden alle zerſchlagen, und die hoͤlzernen
als Brennholz an Kaufluſtige verkauft. Alle Kru-
zifixe, alle Grabmaͤler und Mauſelaͤen wurden ver-
nichtet und eingeriſſen. — Die Volksſocietaͤten be-
trieben dieß vandaliſche Werk mit ſolchem Eifer,
daß innerhalb weniger Zeit, Frankreich gar keinen
Anſtrich mehr hatte, als wenn die katholiſche Re-
ligion je darin geherrſcht haͤtte. Weil aber die Ja-

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[268/0272] Befeſtigungsſtangen an den Altaͤren, und zu Spin- deln in den Glocken-Achſen: — das alles berechne man nach der Anzahl der Kathedral-Pfarr- und Kloſter-Kirchen in ganz Frankreich, die Oratorien und Kapellen nicht einmal mitgerechnet; endlich erwaͤge man den Geiſt einer Religion, welche das Suͤnden-Conto durch fromme Stiftungen und Schenkungen ſo ganz und gar ſaldirt, daß noch ein Verdienſt-Ueberſchuß zu einem Wechſel uͤbrig bleibt, den der liebe Gott dereinſt im Himmel zu honori- ren hat: — das Alles, ſage ich, berechne man, berechne dazu die Kirch-Gebaͤude, die Prieſterhaͤu- ſer, Gaͤrten, Grundſtuͤcke, Kirchhoͤfe und Kapi- talien: und man wird die Millionen anſehnlich fin- den, welche der Aberglaube reichlich zuſammenge- bracht und vermehrt hat, um die Wunden einer Nation dereinſt damit heilen zu helfen, welche er ihr uͤber ein Jahrtauſend ſchlug. — Die Bildſaͤulen der Heiligen von Stein und Gips wurden alle zerſchlagen, und die hoͤlzernen als Brennholz an Kaufluſtige verkauft. Alle Kru- zifixe, alle Grabmaͤler und Mauſelaͤen wurden ver- nichtet und eingeriſſen. — Die Volksſocietaͤten be- trieben dieß vandaliſche Werk mit ſolchem Eifer, daß innerhalb weniger Zeit, Frankreich gar keinen Anſtrich mehr hatte, als wenn die katholiſche Re- ligion je darin geherrſcht haͤtte. Weil aber die Ja-

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/272>, abgerufen am 21.11.2024.