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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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seltsamen Mannes, qui res humanas miscuit olim.
Der römische Tyrann -- der Unterdrücker der Frey-
heit Roms, so gute Eigenschaften er sonst auch ha-
ben mogte, verdient allerdings diesen Namen, und
selbst Friedrich der Zweyte (!) nennt ihn so. *)
-- also der römische Tyrann weinte, daß von dem
Weltverwüstenden Helden nichts mehr, als so ei-
ne Kleinigkeit übrig war. Wer in seinem Leben an
der ganzen Welt nicht genug gehabt hatte, hatte
nach seinem Tode genug an einem Sarge! **) Dar-
über weinte Augustus, und Augustus blieb Ty-
rann. Der Herrschgeist ist einmal nicht anders!

Aber wenn eine Nation noch nöthig findet, sich
an der Asche ihrer ehemaligen Beherrscher zu rächen,
und deren längst vermorschte Knochen der Beschim-
pfung preis zu geben: dann muß es doch eben nicht
die höchste Ehre des Menschen seyn -- Natio-
nen zu beherrschen! --

Zwischen Beherrschen und Beherrschen ist indeß
ein Unterschied, wie unter dem Eindruck, den
der gute und arge Beherrscher noch bis auf die
segnende oder fluchende Nachwelt zurückläßt. Man
sah dieß neuerdings in Frankreich bestätiget. So

*) Eloge de Voltaire S. 2.
**) -- -- Quem totus non capit orbis,
Urna capit.

ſeltſamen Mannes, qui res humanas miſcuit olim.
Der roͤmiſche Tyrann — der Unterdruͤcker der Frey-
heit Roms, ſo gute Eigenſchaften er ſonſt auch ha-
ben mogte, verdient allerdings dieſen Namen, und
ſelbſt Friedrich der Zweyte (!) nennt ihn ſo. *)
— alſo der roͤmiſche Tyrann weinte, daß von dem
Weltverwuͤſtenden Helden nichts mehr, als ſo ei-
ne Kleinigkeit uͤbrig war. Wer in ſeinem Leben an
der ganzen Welt nicht genug gehabt hatte, hatte
nach ſeinem Tode genug an einem Sarge! **) Dar-
uͤber weinte Auguſtus, und Auguſtus blieb Ty-
rann. Der Herrſchgeiſt iſt einmal nicht anders!

Aber wenn eine Nation noch noͤthig findet, ſich
an der Aſche ihrer ehemaligen Beherrſcher zu raͤchen,
und deren laͤngſt vermorſchte Knochen der Beſchim-
pfung preis zu geben: dann muß es doch eben nicht
die hoͤchſte Ehre des Menſchen ſeyn — Natio-
nen zu beherrſchen! —

Zwiſchen Beherrſchen und Beherrſchen iſt indeß
ein Unterſchied, wie unter dem Eindruck, den
der gute und arge Beherrſcher noch bis auf die
ſegnende oder fluchende Nachwelt zuruͤcklaͤßt. Man
ſah dieß neuerdings in Frankreich beſtaͤtiget. So

*) Eloge de Voltaire S. 2.
**) — — Quem totus non capit orbis,
Urna capit.
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[277/0281] ſeltſamen Mannes, qui res humanas miſcuit olim. Der roͤmiſche Tyrann — der Unterdruͤcker der Frey- heit Roms, ſo gute Eigenſchaften er ſonſt auch ha- ben mogte, verdient allerdings dieſen Namen, und ſelbſt Friedrich der Zweyte (!) nennt ihn ſo. *) — alſo der roͤmiſche Tyrann weinte, daß von dem Weltverwuͤſtenden Helden nichts mehr, als ſo ei- ne Kleinigkeit uͤbrig war. Wer in ſeinem Leben an der ganzen Welt nicht genug gehabt hatte, hatte nach ſeinem Tode genug an einem Sarge! **) Dar- uͤber weinte Auguſtus, und Auguſtus blieb Ty- rann. Der Herrſchgeiſt iſt einmal nicht anders! Aber wenn eine Nation noch noͤthig findet, ſich an der Aſche ihrer ehemaligen Beherrſcher zu raͤchen, und deren laͤngſt vermorſchte Knochen der Beſchim- pfung preis zu geben: dann muß es doch eben nicht die hoͤchſte Ehre des Menſchen ſeyn — Natio- nen zu beherrſchen! — Zwiſchen Beherrſchen und Beherrſchen iſt indeß ein Unterſchied, wie unter dem Eindruck, den der gute und arge Beherrſcher noch bis auf die ſegnende oder fluchende Nachwelt zuruͤcklaͤßt. Man ſah dieß neuerdings in Frankreich beſtaͤtiget. So *) Eloge de Voltaire S. 2. **) — — Quem totus non capit orbis, Urna capit.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/281>, abgerufen am 22.11.2024.