und bewies, daß diejenigen, welche zu solchen De- kreten gerathen hatten, mit dem Deserteurswesen wenig bekannt waren.
Der englische Obrist Tyrimble macht in seiner Reise durch Spanien, bey Gelegenheit der Garde Valonne, welche der König von Spanien hält, und die aus lauter Desertören besteht, die ganz richtige Bemerkung: "daß solche Leute eine verächt- liche Kanalje seyen." Er hat recht; denn obgleich mancher ehrliche Soldat aus guten Gründen seinen Kriegsherrn verlassen kann, so bleibt es doch im allgemeinen wahr, daß die meisten Ueberläufer schlechtes Gesindel sind. Aber das bedachten die Franzosen nicht: denn bey der ehemaligen franzö- sischen Armee waren gar keine Deserteurs, und bey ihren deutschen Regimentern nur wenige. Der Ge- nius dieser Leute konnte ihnen also nicht sehr bekannt seyn.
Der Antrag der Franzosen wirkte erst im Jahr 1793: denn von da an liefen von allen Armeen, vorzüglich von der Kaiserlichen, die Soldaten hau- fenweise nach Frankreich, wo man sie mit offnen Armen aufnahm, und ihnen sofort die versproch- nen 50 Livres auszahlte. Manche gingen auf meh- rere Distrikte, gaben sich allerwegen für erst ange- kommene aus, und ließen sich drey, vier und mehr- malen das Geld auszahlen. Ich selbst habe viele
und bewies, daß diejenigen, welche zu ſolchen De- kreten gerathen hatten, mit dem Deſerteursweſen wenig bekannt waren.
Der engliſche Obriſt Tyrimble macht in ſeiner Reiſe durch Spanien, bey Gelegenheit der Garde Valonne, welche der Koͤnig von Spanien haͤlt, und die aus lauter Deſertoͤren beſteht, die ganz richtige Bemerkung: „daß ſolche Leute eine veraͤcht- liche Kanalje ſeyen.“ Er hat recht; denn obgleich mancher ehrliche Soldat aus guten Gruͤnden ſeinen Kriegsherrn verlaſſen kann, ſo bleibt es doch im allgemeinen wahr, daß die meiſten Ueberlaͤufer ſchlechtes Geſindel ſind. Aber das bedachten die Franzoſen nicht: denn bey der ehemaligen franzoͤ- ſiſchen Armee waren gar keine Deſerteurs, und bey ihren deutſchen Regimentern nur wenige. Der Ge- nius dieſer Leute konnte ihnen alſo nicht ſehr bekannt ſeyn.
Der Antrag der Franzoſen wirkte erſt im Jahr 1793: denn von da an liefen von allen Armeen, vorzuͤglich von der Kaiſerlichen, die Soldaten hau- fenweiſe nach Frankreich, wo man ſie mit offnen Armen aufnahm, und ihnen ſofort die verſproch- nen 50 Livres auszahlte. Manche gingen auf meh- rere Diſtrikte, gaben ſich allerwegen fuͤr erſt ange- kommene aus, und ließen ſich drey, vier und mehr- malen das Geld auszahlen. Ich ſelbſt habe viele
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und bewies, daß diejenigen, welche zu ſolchen De-
kreten gerathen hatten, mit dem Deſerteursweſen
wenig bekannt waren.
Der engliſche Obriſt Tyrimble macht in ſeiner
Reiſe durch Spanien, bey Gelegenheit der Garde
Valonne, welche der Koͤnig von Spanien haͤlt,
und die aus lauter Deſertoͤren beſteht, die ganz
richtige Bemerkung: „daß ſolche Leute eine veraͤcht-
liche Kanalje ſeyen.“ Er hat recht; denn obgleich
mancher ehrliche Soldat aus guten Gruͤnden ſeinen
Kriegsherrn verlaſſen kann, ſo bleibt es doch im
allgemeinen wahr, daß die meiſten Ueberlaͤufer
ſchlechtes Geſindel ſind. Aber das bedachten die
Franzoſen nicht: denn bey der ehemaligen franzoͤ-
ſiſchen Armee waren gar keine Deſerteurs, und bey
ihren deutſchen Regimentern nur wenige. Der Ge-
nius dieſer Leute konnte ihnen alſo nicht ſehr bekannt
ſeyn.
Der Antrag der Franzoſen wirkte erſt im Jahr
1793: denn von da an liefen von allen Armeen,
vorzuͤglich von der Kaiſerlichen, die Soldaten hau-
fenweiſe nach Frankreich, wo man ſie mit offnen
Armen aufnahm, und ihnen ſofort die verſproch-
nen 50 Livres auszahlte. Manche gingen auf meh-
rere Diſtrikte, gaben ſich allerwegen fuͤr erſt ange-
kommene aus, und ließen ſich drey, vier und mehr-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/412>, abgerufen am 25.11.2024.
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