schen Weg ein, und trug das System so vor, wie es Baumgarten, Schubert, Benner und andere nach Anweisung der Symbole vorgetra- gen haben. Dabey suchte ich mir selbst einen histo- risch-deutlichen Begriff von den Dogmen zu bil- den, damit ich nicht quid pro quo machen mögte, wie noch vor kurzem ein gewisser Herr, welcher den Glauben der kleinen Kinder darum verwarf, weil die Kinder, die erst gebohren wären, unmög- lich die Wahrheit erkennen, und ihr Beyfall geben könnten: was aber die orthodoxen Theologen auch noch nirgends gelehrt haben. -- Auf diese Weise lernten meine Herren viel historische Theologie, und lernten noch obendrein, sie nach dem Zuschnitt der Theologen, theologisch beweisen.
Es kann seyn, daß der, welcher die Schriften der Theologen durchgeht, um Wahrheit von Irr- thum zu trennen, und das System aufs Reine zu bringen, oder die verschiedenen Vorstellungsarten der Menschen über übersinnliche Dinge und deren absolute und relative Beschaffenheit aufzufinden -- nicht selten Eckel empfinde: aber bey alle dem muß man sich gewiß über den Fleiß, die Akkura- tesse und die Gelehrsamkeit der Theologen oft wun- dern, womit sie den alten Brast der kirchlichen Be- stimmungen ausgeschmückt, und ihn der Vernunft allmälig genähert und dadurch annehmbar zu ma-
ſchen Weg ein, und trug das Syſtem ſo vor, wie es Baumgarten, Schubert, Benner und andere nach Anweiſung der Symbole vorgetra- gen haben. Dabey ſuchte ich mir ſelbſt einen hiſto- riſch-deutlichen Begriff von den Dogmen zu bil- den, damit ich nicht quid pro quo machen moͤgte, wie noch vor kurzem ein gewiſſer Herr, welcher den Glauben der kleinen Kinder darum verwarf, weil die Kinder, die erſt gebohren waͤren, unmoͤg- lich die Wahrheit erkennen, und ihr Beyfall geben koͤnnten: was aber die orthodoxen Theologen auch noch nirgends gelehrt haben. — Auf dieſe Weiſe lernten meine Herren viel hiſtoriſche Theologie, und lernten noch obendrein, ſie nach dem Zuſchnitt der Theologen, theologiſch beweiſen.
Es kann ſeyn, daß der, welcher die Schriften der Theologen durchgeht, um Wahrheit von Irr- thum zu trennen, und das Syſtem aufs Reine zu bringen, oder die verſchiedenen Vorſtellungsarten der Menſchen uͤber uͤberſinnliche Dinge und deren abſolute und relative Beſchaffenheit aufzufinden — nicht ſelten Eckel empfinde: aber bey alle dem muß man ſich gewiß uͤber den Fleiß, die Akkura- teſſe und die Gelehrſamkeit der Theologen oft wun- dern, womit ſie den alten Braſt der kirchlichen Be- ſtimmungen ausgeſchmuͤckt, und ihn der Vernunft allmaͤlig genaͤhert und dadurch annehmbar zu ma-
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ſchen Weg ein, und trug das Syſtem ſo vor,
wie es Baumgarten, Schubert, Benner
und andere nach Anweiſung der Symbole vorgetra-
gen haben. Dabey ſuchte ich mir ſelbſt einen hiſto-
riſch-deutlichen Begriff von den Dogmen zu bil-
den, damit ich nicht quid pro quo machen moͤgte,
wie noch vor kurzem ein gewiſſer Herr, welcher
den Glauben der kleinen Kinder darum verwarf,
weil die Kinder, die erſt gebohren waͤren, unmoͤg-
lich die Wahrheit erkennen, und ihr Beyfall geben
koͤnnten: was aber die orthodoxen Theologen auch
noch nirgends gelehrt haben. — Auf dieſe Weiſe
lernten meine Herren viel hiſtoriſche Theologie,
und lernten noch obendrein, ſie nach dem Zuſchnitt
der Theologen, theologiſch beweiſen.
Es kann ſeyn, daß der, welcher die Schriften
der Theologen durchgeht, um Wahrheit von Irr-
thum zu trennen, und das Syſtem aufs Reine zu
bringen, oder die verſchiedenen Vorſtellungsarten
der Menſchen uͤber uͤberſinnliche Dinge und deren
abſolute und relative Beſchaffenheit aufzufinden —
nicht ſelten Eckel empfinde: aber bey alle dem
muß man ſich gewiß uͤber den Fleiß, die Akkura-
teſſe und die Gelehrſamkeit der Theologen oft wun-
dern, womit ſie den alten Braſt der kirchlichen Be-
ſtimmungen ausgeſchmuͤckt, und ihn der Vernunft
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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