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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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für eine elektrische Empfindungs-Wolke abgiebt.
Meine Freunde konnten damals mit Martialis
ganz treffend von mir sagen:


Difficilis facilis, jucundus acerbus es idem:
Non possum tecum vivere, nec sine te.

Den Winter von 96-97 habe ich auf eine höchst
seltsame Art zugebracht, und hätte die Stuben-
miethe ersparen können, da ich auch nicht einen
einzigen Tag mich zu Hause aufgehalten habe.
Durch die Sorge meiner Hausleute kam es bald
unter die Leute, daß ich kein Holz hätte, folglich
-- wie sie folgerten -- nicht zu Hause bleiben
könnte. Das erste ist zwar an dem, aber dem
Holz-Mangel hätte können abgeholfen werden,
sobald ich nur gewollt hätte; ich hatte aber keine
Lust, in den traurigen Wintertagen, mit einem
wühlenden Trübsinn, in einer Stube allein zu
seyn, wo es späte Tag, und früh Nacht wird. Ich
hielt also meine Stunden, wie es gehen wollte, und
brachte alle übrige Zeit, gleich einem privilegiirten
Tagedieb, und wohl nicht ohne überlästig zu wer-
den, bey Bekannten, Studenten, oder in einem
Bierhause zu. Da ich aber einmal ein geselliges
Thier bin, vornehmere Cirkel mir aber versperrt
und lästig sind, meine Stube mir auch zu einsam
und zu trübe war: so fand ich mich genöthiget,

fuͤr eine elektriſche Empfindungs-Wolke abgiebt.
Meine Freunde konnten damals mit Martialis
ganz treffend von mir ſagen:


Difficilis facilis, jucundus acerbus es idem:
Non poſſum tecum vivere, nec ſine te.

Den Winter von 96-97 habe ich auf eine hoͤchſt
ſeltſame Art zugebracht, und haͤtte die Stuben-
miethe erſparen koͤnnen, da ich auch nicht einen
einzigen Tag mich zu Hauſe aufgehalten habe.
Durch die Sorge meiner Hausleute kam es bald
unter die Leute, daß ich kein Holz haͤtte, folglich
— wie ſie folgerten — nicht zu Hauſe bleiben
koͤnnte. Das erſte iſt zwar an dem, aber dem
Holz-Mangel haͤtte koͤnnen abgeholfen werden,
ſobald ich nur gewollt haͤtte; ich hatte aber keine
Luſt, in den traurigen Wintertagen, mit einem
wuͤhlenden Truͤbſinn, in einer Stube allein zu
ſeyn, wo es ſpaͤte Tag, und fruͤh Nacht wird. Ich
hielt alſo meine Stunden, wie es gehen wollte, und
brachte alle uͤbrige Zeit, gleich einem privilegiirten
Tagedieb, und wohl nicht ohne uͤberlaͤſtig zu wer-
den, bey Bekannten, Studenten, oder in einem
Bierhauſe zu. Da ich aber einmal ein geſelliges
Thier bin, vornehmere Cirkel mir aber verſperrt
und laͤſtig ſind, meine Stube mir auch zu einſam
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[322/0326] fuͤr eine elektriſche Empfindungs-Wolke abgiebt. Meine Freunde konnten damals mit Martialis ganz treffend von mir ſagen: Difficilis facilis, jucundus acerbus es idem: Non poſſum tecum vivere, nec ſine te. Den Winter von 96-97 habe ich auf eine hoͤchſt ſeltſame Art zugebracht, und haͤtte die Stuben- miethe erſparen koͤnnen, da ich auch nicht einen einzigen Tag mich zu Hauſe aufgehalten habe. Durch die Sorge meiner Hausleute kam es bald unter die Leute, daß ich kein Holz haͤtte, folglich — wie ſie folgerten — nicht zu Hauſe bleiben koͤnnte. Das erſte iſt zwar an dem, aber dem Holz-Mangel haͤtte koͤnnen abgeholfen werden, ſobald ich nur gewollt haͤtte; ich hatte aber keine Luſt, in den traurigen Wintertagen, mit einem wuͤhlenden Truͤbſinn, in einer Stube allein zu ſeyn, wo es ſpaͤte Tag, und fruͤh Nacht wird. Ich hielt alſo meine Stunden, wie es gehen wollte, und brachte alle uͤbrige Zeit, gleich einem privilegiirten Tagedieb, und wohl nicht ohne uͤberlaͤſtig zu wer- den, bey Bekannten, Studenten, oder in einem Bierhauſe zu. Da ich aber einmal ein geſelliges Thier bin, vornehmere Cirkel mir aber verſperrt und laͤſtig ſind, meine Stube mir auch zu einſam und zu truͤbe war: ſo fand ich mich genoͤthiget,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/326>, abgerufen am 22.11.2024.