dings manche Schwierigkeit, vorzüglich von mei- ner Seite, war aber übrigens in der Hauptsache mit mir einig. Meine Leser können dieß aus dem abnehmen, was er an meine Mutter darüber ge- schrieben hat. "Sie, als Mutter, schrieb er, haben natürlich das größte Interesse an dem Wohl- ergehen Ihrer Kinder: Sie freuen Sich also gewiß, wenn ich Sie versichere, daß Ihr Sohn, der Ma- gister, seine häßliche Leidenschaft des Trunkes jezt so bezähmt hat, daß er schon über ein Vierteljahr, soviel ich weiß, sich ganz nüchtern und ordentlich beträgt. Dabey hat er seine angemeßne Beschäf- tigung, und durch diese sein Brod und sonstiges Auskommen. Ich wünsche nichts sehnlicher, als daß er bey dieser ruhigen Lebensart forthin immer bleiben möge. Ich für mein Theil lasse es an freundschaftlichen Winken und Erinnerungen hiezu nicht fehlen, und ich kann Sie zu Ihrer und mei- ner Beruhigung versichern, daß er jezt selbst ein- sieht: daß ein unstätes, renommistisches Leben am Ende ein elendes Leben ist, und daß er eben darum nichts ernstlicher wünschet, als sich jezt so zu setzen, daß er seine noch übrigen Tage in Ruhe und Ge- sundheit verleben könne. Um aber dieses in gehö- riger Ordnung zu können, wissen Sie, ist eine ge- wisse, feste häusliche Einrichtung nöthig, wozu ich vorzüglich das rechne, was einen zu Hause so
dings manche Schwierigkeit, vorzuͤglich von mei- ner Seite, war aber uͤbrigens in der Hauptſache mit mir einig. Meine Leſer koͤnnen dieß aus dem abnehmen, was er an meine Mutter daruͤber ge- ſchrieben hat. „Sie, als Mutter, ſchrieb er, haben natuͤrlich das groͤßte Intereſſe an dem Wohl- ergehen Ihrer Kinder: Sie freuen Sich alſo gewiß, wenn ich Sie verſichere, daß Ihr Sohn, der Ma- giſter, ſeine haͤßliche Leidenſchaft des Trunkes jezt ſo bezaͤhmt hat, daß er ſchon uͤber ein Vierteljahr, ſoviel ich weiß, ſich ganz nuͤchtern und ordentlich betraͤgt. Dabey hat er ſeine angemeßne Beſchaͤf- tigung, und durch dieſe ſein Brod und ſonſtiges Auskommen. Ich wuͤnſche nichts ſehnlicher, als daß er bey dieſer ruhigen Lebensart forthin immer bleiben moͤge. Ich fuͤr mein Theil laſſe es an freundſchaftlichen Winken und Erinnerungen hiezu nicht fehlen, und ich kann Sie zu Ihrer und mei- ner Beruhigung verſichern, daß er jezt ſelbſt ein- ſieht: daß ein unſtaͤtes, renommiſtiſches Leben am Ende ein elendes Leben iſt, und daß er eben darum nichts ernſtlicher wuͤnſchet, als ſich jezt ſo zu ſetzen, daß er ſeine noch uͤbrigen Tage in Ruhe und Ge- ſundheit verleben koͤnne. Um aber dieſes in gehoͤ- riger Ordnung zu koͤnnen, wiſſen Sie, iſt eine ge- wiſſe, feſte haͤusliche Einrichtung noͤthig, wozu ich vorzuͤglich das rechne, was einen zu Hauſe ſo
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dings manche Schwierigkeit, vorzuͤglich von mei-
ner Seite, war aber uͤbrigens in der Hauptſache
mit mir einig. Meine Leſer koͤnnen dieß aus dem
abnehmen, was er an meine Mutter daruͤber ge-
ſchrieben hat. „Sie, als Mutter, ſchrieb er,
haben natuͤrlich das groͤßte Intereſſe an dem Wohl-
ergehen Ihrer Kinder: Sie freuen Sich alſo gewiß,
wenn ich Sie verſichere, daß Ihr Sohn, der Ma-
giſter, ſeine haͤßliche Leidenſchaft des Trunkes jezt
ſo bezaͤhmt hat, daß er ſchon uͤber ein Vierteljahr,
ſoviel ich weiß, ſich ganz nuͤchtern und ordentlich
betraͤgt. Dabey hat er ſeine angemeßne Beſchaͤf-
tigung, und durch dieſe ſein Brod und ſonſtiges
Auskommen. Ich wuͤnſche nichts ſehnlicher, als
daß er bey dieſer ruhigen Lebensart forthin immer
bleiben moͤge. Ich fuͤr mein Theil laſſe es an
freundſchaftlichen Winken und Erinnerungen hiezu
nicht fehlen, und ich kann Sie zu Ihrer und mei-
ner Beruhigung verſichern, daß er jezt ſelbſt ein-
ſieht: daß ein unſtaͤtes, renommiſtiſches Leben am
Ende ein elendes Leben iſt, und daß er eben darum
nichts ernſtlicher wuͤnſchet, als ſich jezt ſo zu ſetzen,
daß er ſeine noch uͤbrigen Tage in Ruhe und Ge-
ſundheit verleben koͤnne. Um aber dieſes in gehoͤ-
riger Ordnung zu koͤnnen, wiſſen Sie, iſt eine ge-
wiſſe, feſte haͤusliche Einrichtung noͤthig, wozu
ich vorzuͤglich das rechne, was einen zu Hauſe ſo
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/333>, abgerufen am 22.11.2024.
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