keine Stelle offen wäre; doch -- sezte er hinzu -- würden bald mehrere Kranke ankommen, und als- dann könnte ich den Augenblick eintreten: ich mög- te indessen immer im Hospital mich aufhalten.
Dadurch war ich also geborgen, zumal, da ich die Erlaubniß hatte, in die Stadt -- das Spital lag eine gute Strecke vor dem Thore -- zu gehen, so oft ich wollte. Bisher besorgte ich Manches in der Apotheke, und erhielt dafür manch hübschen Trunk Wein von der vortrefflichsten Sorte.
Einer von meinen Scholaren, Herr von Bran- denstein, sächsischer Lieutnant, wurde um diese Zeit krank, und bezog das Hospital. Seine Krank- heit war aber unbeträchtlich, und so konnten wir immer miteinander gehen, und uns die Zeit ver- kürzen, welche wir übrig hatten. Dieses leistete mir auch die Lektüre, und ich versichere, daß ich während meines ganzen Aufenthalts in den fran- zösischen Spitälern wenigstens 40 Bände durchge- lesen habe, und nicht obenhin.
Die Kranken, welche von den Armeen kommen sollten, und auf deren Ankunft mich Julien ver- tröstet hatte, kamen nicht, und man beschloß im Oktober, das ganze Hospital Marat oder Mably aufzuheben, und es mit dem Spital Jean Jaques zu vereinigen. Dieß geschah, und wir begaben
keine Stelle offen waͤre; doch — ſezte er hinzu — wuͤrden bald mehrere Kranke ankommen, und als- dann koͤnnte ich den Augenblick eintreten: ich moͤg- te indeſſen immer im Hoſpital mich aufhalten.
Dadurch war ich alſo geborgen, zumal, da ich die Erlaubniß hatte, in die Stadt — das Spital lag eine gute Strecke vor dem Thore — zu gehen, ſo oft ich wollte. Bisher beſorgte ich Manches in der Apotheke, und erhielt dafuͤr manch huͤbſchen Trunk Wein von der vortrefflichſten Sorte.
Einer von meinen Scholaren, Herr von Bran- denſtein, ſaͤchſiſcher Lieutnant, wurde um dieſe Zeit krank, und bezog das Hoſpital. Seine Krank- heit war aber unbetraͤchtlich, und ſo konnten wir immer miteinander gehen, und uns die Zeit ver- kuͤrzen, welche wir uͤbrig hatten. Dieſes leiſtete mir auch die Lektuͤre, und ich verſichere, daß ich waͤhrend meines ganzen Aufenthalts in den fran- zoͤſiſchen Spitaͤlern wenigſtens 40 Baͤnde durchge- leſen habe, und nicht obenhin.
Die Kranken, welche von den Armeen kommen ſollten, und auf deren Ankunft mich Julien ver- troͤſtet hatte, kamen nicht, und man beſchloß im Oktober, das ganze Hoſpital Marat oder Mably aufzuheben, und es mit dem Spital Jean Jaques zu vereinigen. Dieß geſchah, und wir begaben
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0075"n="71"/>
keine Stelle offen waͤre; doch —ſezte er hinzu —<lb/>
wuͤrden bald mehrere Kranke ankommen, und als-<lb/>
dann koͤnnte ich den Augenblick eintreten: ich moͤg-<lb/>
te indeſſen immer im Hoſpital mich aufhalten.</p><lb/><p>Dadurch war ich alſo geborgen, zumal, da ich die<lb/>
Erlaubniß hatte, in die Stadt — das Spital lag<lb/>
eine gute Strecke vor dem Thore — zu gehen, ſo<lb/>
oft ich wollte. Bisher beſorgte ich Manches in der<lb/>
Apotheke, und erhielt dafuͤr manch huͤbſchen Trunk<lb/>
Wein von der vortrefflichſten Sorte.</p><lb/><p>Einer von meinen Scholaren, Herr von <hirendition="#g">Bran</hi>-<lb/><hirendition="#g">denſtein</hi>, ſaͤchſiſcher Lieutnant, wurde um dieſe<lb/>
Zeit krank, und bezog das Hoſpital. Seine Krank-<lb/>
heit war aber unbetraͤchtlich, und ſo konnten wir<lb/>
immer miteinander gehen, und uns die Zeit ver-<lb/>
kuͤrzen, welche wir uͤbrig hatten. Dieſes leiſtete<lb/>
mir auch die Lektuͤre, und ich verſichere, daß ich<lb/>
waͤhrend meines ganzen Aufenthalts in den fran-<lb/>
zoͤſiſchen Spitaͤlern wenigſtens 40 Baͤnde durchge-<lb/>
leſen habe, und nicht obenhin.</p><lb/><p>Die Kranken, welche von den Armeen kommen<lb/>ſollten, und auf deren Ankunft mich <hirendition="#g">Julien</hi> ver-<lb/>
troͤſtet hatte, kamen nicht, und man beſchloß im<lb/>
Oktober, das ganze Hoſpital Marat oder Mably<lb/>
aufzuheben, und es mit dem Spital Jean Jaques<lb/>
zu vereinigen. Dieß geſchah, und wir begaben<lb/></p></div></body></text></TEI>
[71/0075]
keine Stelle offen waͤre; doch — ſezte er hinzu —
wuͤrden bald mehrere Kranke ankommen, und als-
dann koͤnnte ich den Augenblick eintreten: ich moͤg-
te indeſſen immer im Hoſpital mich aufhalten.
Dadurch war ich alſo geborgen, zumal, da ich die
Erlaubniß hatte, in die Stadt — das Spital lag
eine gute Strecke vor dem Thore — zu gehen, ſo
oft ich wollte. Bisher beſorgte ich Manches in der
Apotheke, und erhielt dafuͤr manch huͤbſchen Trunk
Wein von der vortrefflichſten Sorte.
Einer von meinen Scholaren, Herr von Bran-
denſtein, ſaͤchſiſcher Lieutnant, wurde um dieſe
Zeit krank, und bezog das Hoſpital. Seine Krank-
heit war aber unbetraͤchtlich, und ſo konnten wir
immer miteinander gehen, und uns die Zeit ver-
kuͤrzen, welche wir uͤbrig hatten. Dieſes leiſtete
mir auch die Lektuͤre, und ich verſichere, daß ich
waͤhrend meines ganzen Aufenthalts in den fran-
zoͤſiſchen Spitaͤlern wenigſtens 40 Baͤnde durchge-
leſen habe, und nicht obenhin.
Die Kranken, welche von den Armeen kommen
ſollten, und auf deren Ankunft mich Julien ver-
troͤſtet hatte, kamen nicht, und man beſchloß im
Oktober, das ganze Hoſpital Marat oder Mably
aufzuheben, und es mit dem Spital Jean Jaques
zu vereinigen. Dieß geſchah, und wir begaben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/75>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.