Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.Aus diesem lezten Stück folgern sie ganz na- *) Sehr gut rüget auch diesen Unsinn der Herausgeber der öf-
ters erwähnten Sammlung erbaulicher Gedich- te, S. 446, unten in der Anmerkung. Er zeigt hier zu- gleich, daß die so verschrieene Gleichheitslehre ein Hauptgrundsatz der ersten Christen gewesen ist. -- Wirk- lich, man muß die Achseln zucken, wenn Einige in vollem Ernste behaupten: die französische Nation habe ihr Gleich- heitssystem sogar bis auf die Gleichheit des Vermögens deh- nen wollen, wie wenn die französische Nation nicht einsähe, daß die natürliche Ungleichheit der menschlichen Vermögenheit auch eine Ungleichheit in deren Produkten nach sich ziehe. D[en]n gesezt, man mache das äußere Vermögen aller [B]urger eines Staates gleich: so wird der Fleißige, der Einsichtige, der Sparsame, der Glückliche -- sein Vermögen bal[d] ver- mehren, und es dadurch dem Vermögen des Faulen, des Kurzsichtigen, des Verschwenders, des Unglucklichen -- un- gleich machen. -- Gesezt aber ferner, die Franzosen woll- ten auch dieses hindern: so hieße das gegen das Wesen und den Zweck der menschlichen Natur oder Kräfte vergeblich han- deln, und allen Antrieb zum Fleiß, zum Raffiniren, zum Wetteifern und zum Vervollkommnen hemmen oder beben wollen. Ein Unsinn von dieser Art kann wohl einem Schi- rach und dessen Gleichen in den Kopf kommen, aber nicht einer Nation, wie die Französische ist. Diese ist ganz der Meynung, welche Chrysostomus in seiner Rede über die Armuth und die ungleiche Vertheilung der Weltguter so schön und eindringend aufstellt. Man sehe Chrysostomus Re- den, nach der Uebersetzung von Eulogius Schneider. Aus dieſem lezten Stuͤck folgern ſie ganz na- *) Sehr gut rüget auch dieſen Unſinn der Herausgeber der oͤf-
ters erwähnten Sammlung erbaulicher Gedich- te, S. 446, unten in der Anmerkung. Er zeigt hier zu- gleich, daß die ſo verſchrieene Gleichheitslehre ein Hauptgrundſatz der erſten Chriſten geweſen iſt. — Wirk- lich, man muß die Achſeln zucken, wenn Einige in vollem Ernſte behaupten: die franzoͤſiſche Nation habe ihr Gleich- heitsſyſtem ſogar bis auf die Gleichheit des Vermoͤgens deh- nen wollen, wie wenn die franzoͤſiſche Nation nicht einſähe, daß die natürliche Ungleichheit der menſchlichen Vermoͤgenheit auch eine Ungleichheit in deren Produkten nach ſich ziehe. D[en]n geſezt, man mache das äußere Vermoͤgen aller [B]urger eines Staates gleich: ſo wird der Fleißige, der Einſichtige, der Sparſame, der Glückliche — ſein Vermoͤgen bal[d] ver- mehren, und es dadurch dem Vermoͤgen des Faulen, des Kurzſichtigen, des Verſchwenders, des Unglucklichen — un- gleich machen. — Geſezt aber ferner, die Franzoſen woll- ten auch dieſes hindern: ſo hieße das gegen das Weſen und den Zweck der menſchlichen Natur oder Kräfte vergeblich han- deln, und allen Antrieb zum Fleiß, zum Raffiniren, zum Wetteifern und zum Vervollkommnen hemmen oder beben wollen. Ein Unſinn von dieſer Art kann wohl einem Schi- rach und deſſen Gleichen in den Kopf kommen, aber nicht einer Nation, wie die Franzoͤſiſche iſt. Dieſe iſt ganz der Meynung, welche Chryſoſtomus in ſeiner Rede über die Armuth und die ungleiche Vertheilung der Weltguter ſo ſchoͤn und eindringend aufſtellt. Man ſehe Chryſoſtomus Re- den, nach der Ueberſetzung von Eulogius Schneider. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0094" n="90"/> <p>Aus dieſem lezten Stuͤck folgern ſie ganz na-<lb/> tuͤrlich den Begriff von der <hi rendition="#g">Gleichheit</hi> (<hi rendition="#aq">égalité</hi>),<lb/> welche mit der Freyheit nothwendig verbunden iſt.<lb/> Ich erſtaune, was und wie man uͤber dieſe Gleich-<lb/> heit, in Deutſchland und anderwaͤrts gefaſelt hat!<lb/> Ich mag es nicht wiederholen: man findet den<lb/> deutſchen Unſinn davon in gar vielen Schriften <note place="foot" n="*)">Sehr gut rüget auch dieſen Unſinn der Herausgeber der oͤf-<lb/> ters erwähnten <hi rendition="#g">Sammlung erbaulicher Gedich</hi>-<lb/><hi rendition="#g">te</hi>, S. 446, unten in der Anmerkung. Er zeigt hier zu-<lb/> gleich, daß die ſo verſchrieene <hi rendition="#g">Gleichheitslehre</hi> ein<lb/> Hauptgrundſatz der erſten <hi rendition="#g">Chriſten</hi> geweſen iſt. — Wirk-<lb/> lich, man muß die Achſeln zucken, wenn Einige in vollem<lb/> Ernſte behaupten: die franzoͤſiſche Nation habe ihr Gleich-<lb/> heitsſyſtem ſogar bis auf die Gleichheit des Vermoͤgens deh-<lb/> nen wollen, wie wenn die franzoͤſiſche Nation nicht einſähe,<lb/> daß die natürliche Ungleichheit der menſchlichen Vermoͤgenheit<lb/> auch eine Ungleichheit in deren Produkten nach ſich ziehe.<lb/> D<supplied>en</supplied>n geſezt, man mache das äußere Vermoͤgen aller <supplied>B</supplied>urger<lb/> eines Staates gleich: ſo wird der Fleißige, der Einſichtige,<lb/> der Sparſame, der Glückliche — ſein Vermoͤgen bal<supplied>d</supplied> ver-<lb/> mehren, und es dadurch dem Vermoͤgen des Faulen, des<lb/> Kurzſichtigen, des Verſchwenders, des Unglucklichen — un-<lb/> gleich machen. — Geſezt aber ferner, die Franzoſen woll-<lb/> ten auch dieſes hindern: ſo hieße das gegen das Weſen und<lb/> den Zweck der menſchlichen Natur oder Kräfte vergeblich han-<lb/> deln, und allen Antrieb zum Fleiß, zum Raffiniren, zum<lb/> Wetteifern und zum Vervollkommnen hemmen oder beben<lb/> wollen. Ein Unſinn von dieſer Art kann wohl einem <hi rendition="#g">Schi</hi>-<lb/><hi rendition="#g">rach</hi> und deſſen Gleichen in den Kopf kommen, aber nicht<lb/> einer Nation, wie die Franzoͤſiſche iſt. Dieſe iſt ganz der<lb/> Meynung, welche <hi rendition="#g">Chryſoſtomus</hi> in ſeiner Rede über die<lb/> Armuth und die ungleiche Vertheilung der Weltguter ſo ſchoͤn<lb/> und eindringend aufſtellt. Man ſehe <hi rendition="#g">Chryſoſtomus Re</hi>-<lb/><hi rendition="#g">den</hi>, nach der Ueberſetzung von <hi rendition="#g">Eulogius Schneider</hi>.</note>!<lb/> Mir iſt es genug, den aͤchten Begriff der Franzo-<lb/> ſen von der Gleichheit hier aufzuſtellen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [90/0094]
Aus dieſem lezten Stuͤck folgern ſie ganz na-
tuͤrlich den Begriff von der Gleichheit (égalité),
welche mit der Freyheit nothwendig verbunden iſt.
Ich erſtaune, was und wie man uͤber dieſe Gleich-
heit, in Deutſchland und anderwaͤrts gefaſelt hat!
Ich mag es nicht wiederholen: man findet den
deutſchen Unſinn davon in gar vielen Schriften *)!
Mir iſt es genug, den aͤchten Begriff der Franzo-
ſen von der Gleichheit hier aufzuſtellen.
*) Sehr gut rüget auch dieſen Unſinn der Herausgeber der oͤf-
ters erwähnten Sammlung erbaulicher Gedich-
te, S. 446, unten in der Anmerkung. Er zeigt hier zu-
gleich, daß die ſo verſchrieene Gleichheitslehre ein
Hauptgrundſatz der erſten Chriſten geweſen iſt. — Wirk-
lich, man muß die Achſeln zucken, wenn Einige in vollem
Ernſte behaupten: die franzoͤſiſche Nation habe ihr Gleich-
heitsſyſtem ſogar bis auf die Gleichheit des Vermoͤgens deh-
nen wollen, wie wenn die franzoͤſiſche Nation nicht einſähe,
daß die natürliche Ungleichheit der menſchlichen Vermoͤgenheit
auch eine Ungleichheit in deren Produkten nach ſich ziehe.
Denn geſezt, man mache das äußere Vermoͤgen aller Burger
eines Staates gleich: ſo wird der Fleißige, der Einſichtige,
der Sparſame, der Glückliche — ſein Vermoͤgen bald ver-
mehren, und es dadurch dem Vermoͤgen des Faulen, des
Kurzſichtigen, des Verſchwenders, des Unglucklichen — un-
gleich machen. — Geſezt aber ferner, die Franzoſen woll-
ten auch dieſes hindern: ſo hieße das gegen das Weſen und
den Zweck der menſchlichen Natur oder Kräfte vergeblich han-
deln, und allen Antrieb zum Fleiß, zum Raffiniren, zum
Wetteifern und zum Vervollkommnen hemmen oder beben
wollen. Ein Unſinn von dieſer Art kann wohl einem Schi-
rach und deſſen Gleichen in den Kopf kommen, aber nicht
einer Nation, wie die Franzoͤſiſche iſt. Dieſe iſt ganz der
Meynung, welche Chryſoſtomus in ſeiner Rede über die
Armuth und die ungleiche Vertheilung der Weltguter ſo ſchoͤn
und eindringend aufſtellt. Man ſehe Chryſoſtomus Re-
den, nach der Ueberſetzung von Eulogius Schneider.
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