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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus VIII.
erzählt wird, nichts angeht, wenn er, ohne zu wissen,
wie und warum? Von aller Theilnahm, allem Genuß
an dem Wohlwollen und der Kunst des Arztes ausge-
schlossen ist. --

Was macht den wesentlichen Innhalt der Vier
Evangelien aus? Was macht sie zu dem sonderbarsten
und originellsten Büchern in der Welt? Was ists,
warum sie von den einen mit dem Ehrfurchtsvollesten
Glauben umfaßt, von den andern mit einer so höhnen-
den Verachtung bespottet und zertreten werden? ----
Eben die Geschichten sind's, die wir ausgezogen und so
eben angeführt haben. -- Eben das Grosse, Ausseror-
dentliche der Person, der Kraft, der Wirksamkeit Jesus
-- das ist den Juden Aergerniß, und den Griechen
Thorheit, den Einen zu groß, daß sie's glauben wollten;
Zu klein und gering den andern, als daß es ewiger Text
der Lehre, der Ermunterung seyn soll -- übrigens für
alle die, die sich zum Glauben an diese wundervolle
Macht Jesus bekennen, und dennoch sich über diesen
Glauben als Aberglauben wegsetzen -- ohne wahre Wir-
kung -- ohne bestimmenden kräftigen Einfluß. Bis
dieser Einfluß täglich stärker und wirksam ist; Bis wir
ganz an Ihm hangen -- unsere Bedürfnißvolle Natur
sich mit dem Zweifelfreysten Vertrauen an Ihn wendet,
wie wenn Er da sichtbar gegenwärtig vor uns stünde
-- dastünde -- mit aller seiner hülfreichen Liebe, all sei-
ner hinreissenden Liebeswürdigkeit -- Mit jener alles an-
dere gleichsam vergessenden, nur uns, nur unsere Bedürf-
nisse anschauenden und mitfühlenden Bruderliebe! bis

seine

Matthäus VIII.
erzählt wird, nichts angeht, wenn er, ohne zu wiſſen,
wie und warum? Von aller Theilnahm, allem Genuß
an dem Wohlwollen und der Kunſt des Arztes ausge-
ſchloſſen iſt. —

Was macht den weſentlichen Innhalt der Vier
Evangelien aus? Was macht ſie zu dem ſonderbarſten
und originellſten Büchern in der Welt? Was iſts,
warum ſie von den einen mit dem Ehrfurchtsvolleſten
Glauben umfaßt, von den andern mit einer ſo höhnen-
den Verachtung beſpottet und zertreten werden? ——
Eben die Geſchichten ſind’s, die wir ausgezogen und ſo
eben angeführt haben. — Eben das Groſſe, Auſſeror-
dentliche der Perſon, der Kraft, der Wirkſamkeit Jeſus
— das iſt den Juden Aergerniß, und den Griechen
Thorheit, den Einen zu groß, daß ſie’s glauben wollten;
Zu klein und gering den andern, als daß es ewiger Text
der Lehre, der Ermunterung ſeyn ſoll — übrigens für
alle die, die ſich zum Glauben an dieſe wundervolle
Macht Jeſus bekennen, und dennoch ſich über dieſen
Glauben als Aberglauben wegſetzen — ohne wahre Wir-
kung — ohne beſtimmenden kräftigen Einfluß. Bis
dieſer Einfluß täglich ſtärker und wirkſam iſt; Bis wir
ganz an Ihm hangen — unſere Bedürfnißvolle Natur
ſich mit dem Zweifelfreyſten Vertrauen an Ihn wendet,
wie wenn Er da ſichtbar gegenwärtig vor uns ſtünde
— daſtünde — mit aller ſeiner hülfreichen Liebe, all ſei-
ner hinreiſſenden Liebeswürdigkeit — Mit jener alles an-
dere gleichſam vergeſſenden, nur uns, nur unſere Bedürf-
niſſe anſchauenden und mitfühlenden Bruderliebe! bis

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[78[98]/0106] Matthäus VIII. erzählt wird, nichts angeht, wenn er, ohne zu wiſſen, wie und warum? Von aller Theilnahm, allem Genuß an dem Wohlwollen und der Kunſt des Arztes ausge- ſchloſſen iſt. — Was macht den weſentlichen Innhalt der Vier Evangelien aus? Was macht ſie zu dem ſonderbarſten und originellſten Büchern in der Welt? Was iſts, warum ſie von den einen mit dem Ehrfurchtsvolleſten Glauben umfaßt, von den andern mit einer ſo höhnen- den Verachtung beſpottet und zertreten werden? —— Eben die Geſchichten ſind’s, die wir ausgezogen und ſo eben angeführt haben. — Eben das Groſſe, Auſſeror- dentliche der Perſon, der Kraft, der Wirkſamkeit Jeſus — das iſt den Juden Aergerniß, und den Griechen Thorheit, den Einen zu groß, daß ſie’s glauben wollten; Zu klein und gering den andern, als daß es ewiger Text der Lehre, der Ermunterung ſeyn ſoll — übrigens für alle die, die ſich zum Glauben an dieſe wundervolle Macht Jeſus bekennen, und dennoch ſich über dieſen Glauben als Aberglauben wegſetzen — ohne wahre Wir- kung — ohne beſtimmenden kräftigen Einfluß. Bis dieſer Einfluß täglich ſtärker und wirkſam iſt; Bis wir ganz an Ihm hangen — unſere Bedürfnißvolle Natur ſich mit dem Zweifelfreyſten Vertrauen an Ihn wendet, wie wenn Er da ſichtbar gegenwärtig vor uns ſtünde — daſtünde — mit aller ſeiner hülfreichen Liebe, all ſei- ner hinreiſſenden Liebeswürdigkeit — Mit jener alles an- dere gleichſam vergeſſenden, nur uns, nur unſere Bedürf- niſſe anſchauenden und mitfühlenden Bruderliebe! bis ſeine

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 78[98]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/106>, abgerufen am 21.11.2024.