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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus VIII.
b.

Wer am Reiche Gottes Antheil hat, wer zu der
Seeligkeit gelangt, die das Evangelium mit dem Wor-
te: Reich Gottes bezeichnet -- der kommt in die Ge-
sellschaft der besten auserwähltesten Seelen. Er hat
Gemeinschaft mit denen, die mit der Gottheit in der un-
mittelbarsten Gemeinschaft stehen. Er hat Zutritt zu
den heiligsten Zirkeln. Er ist ein Freund, ein Vertrau-
ter der Patriarchen und Propheten. Er sitzt mit Abra-
ham, Isaak und Jakob und allen Propheten an
Einem Tische
-- genießt derselben Freuden, und ge-
nießt sie in ihrer Gesellschaft. So wie Moses und Elias
mit Christus redeten von seinem Ende -- So mit die-
sen und andern werden alle Seeligen reden, wovon sie
wollen. Ein armer Lazarus darf wohl einem Abra-
ham
nicht nur ehrerbietig aufhorchend und schweigend
hintennach oder zur Seite gehen -- sondern auch wohl
gar -- wie der Lieblingsjünger am Schooße Jesu --
so an seiner Brust ruhen, und allenfalls sehr buchstäb-
lich in seinem Schooße sitzen. Wer hierüber lachen
kann, kennt weder die Schriften, noch die Kraft der Lie-
be und das menschliche Herz.

c.

In allen Gegenden der Erde hat Gott die Seini-
gen. Wo Erde ist, da ist Pflanzstätte des
göttlichen Reiches.
Wie der Wind wehet, wo er
will -- Wie die Sonne alles erleuchtet -- So der Strahl
der Weisheit, so der Hauch des Geistes dringt allent-

halben
Matthäus VIII.
b.

Wer am Reiche Gottes Antheil hat, wer zu der
Seeligkeit gelangt, die das Evangelium mit dem Wor-
te: Reich Gottes bezeichnet — der kommt in die Ge-
ſellſchaft der beſten auserwählteſten Seelen. Er hat
Gemeinſchaft mit denen, die mit der Gottheit in der un-
mittelbarſten Gemeinſchaft ſtehen. Er hat Zutritt zu
den heiligſten Zirkeln. Er iſt ein Freund, ein Vertrau-
ter der Patriarchen und Propheten. Er ſitzt mit Abra-
ham, Iſaak und Jakob und allen Propheten an
Einem Tiſche
— genießt derſelben Freuden, und ge-
nießt ſie in ihrer Geſellſchaft. So wie Moſes und Elias
mit Chriſtus redeten von ſeinem Ende — So mit die-
ſen und andern werden alle Seeligen reden, wovon ſie
wollen. Ein armer Lazarus darf wohl einem Abra-
ham
nicht nur ehrerbietig aufhorchend und ſchweigend
hintennach oder zur Seite gehen — ſondern auch wohl
gar — wie der Lieblingsjünger am Schooße Jeſu
ſo an ſeiner Bruſt ruhen, und allenfalls ſehr buchſtäb-
lich in ſeinem Schooße ſitzen. Wer hierüber lachen
kann, kennt weder die Schriften, noch die Kraft der Lie-
be und das menſchliche Herz.

c.

In allen Gegenden der Erde hat Gott die Seini-
gen. Wo Erde iſt, da iſt Pflanzſtätte des
göttlichen Reiches.
Wie der Wind wehet, wo er
will — Wie die Sonne alles erleuchtet — So der Strahl
der Weisheit, ſo der Hauch des Geiſtes dringt allent-

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[86[106]/0114] Matthäus VIII. b. Wer am Reiche Gottes Antheil hat, wer zu der Seeligkeit gelangt, die das Evangelium mit dem Wor- te: Reich Gottes bezeichnet — der kommt in die Ge- ſellſchaft der beſten auserwählteſten Seelen. Er hat Gemeinſchaft mit denen, die mit der Gottheit in der un- mittelbarſten Gemeinſchaft ſtehen. Er hat Zutritt zu den heiligſten Zirkeln. Er iſt ein Freund, ein Vertrau- ter der Patriarchen und Propheten. Er ſitzt mit Abra- ham, Iſaak und Jakob und allen Propheten an Einem Tiſche — genießt derſelben Freuden, und ge- nießt ſie in ihrer Geſellſchaft. So wie Moſes und Elias mit Chriſtus redeten von ſeinem Ende — So mit die- ſen und andern werden alle Seeligen reden, wovon ſie wollen. Ein armer Lazarus darf wohl einem Abra- ham nicht nur ehrerbietig aufhorchend und ſchweigend hintennach oder zur Seite gehen — ſondern auch wohl gar — wie der Lieblingsjünger am Schooße Jeſu — ſo an ſeiner Bruſt ruhen, und allenfalls ſehr buchſtäb- lich in ſeinem Schooße ſitzen. Wer hierüber lachen kann, kennt weder die Schriften, noch die Kraft der Lie- be und das menſchliche Herz. c. In allen Gegenden der Erde hat Gott die Seini- gen. Wo Erde iſt, da iſt Pflanzſtätte des göttlichen Reiches. Wie der Wind wehet, wo er will — Wie die Sonne alles erleuchtet — So der Strahl der Weisheit, ſo der Hauch des Geiſtes dringt allent- halben

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 86[106]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/114>, abgerufen am 21.11.2024.