himmlischen Ehren. Das, was Johannes sah und hörte, war ihm nur vorübergehende Erscheinung. Der Geringste der vollendeten Reichsgenossen des Meßias hat mehr, als Erscheinungen. Er lebt, er ist ein Bürger in der unsichtbaren Welt. Ihn beleuchtet nicht nur selten etwa ein Strahl der himmlischen Herrlichkeit. Er folgt dem göttlichen Lamme nach, wo es hin- geht. Wer reines, aufrichtigen Herzens ist, der wird Gottes Angesicht in Jesus Christus unaufhörlich se- hen. Er wird ihn sehen, wie Er ist, und Ihm gleich seyn. Bey aller seiner Grösse war Johannes doch noch ein sterblicher Mensch -- Noch mit Fleisch und Blut, dem Elemente der Sünde und des Todes bekleidet -- der Geringste der Unsterblichen -- wie er- haben muß Er über den größten aller Sterblichen seyn!
97. Das gewaltleidende Reich Gottes.
Von den Tagen Johannes, des Täufers bis hieher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt thun, reissen es zu sich. Denn alle Propheten und das Gesetz haben geweissagt bis auf Johannes, und so ihr's wollt annehmen: Er ist der Elias, der da soll zukünftig seyn. Wer Ohren hat zu hören, der höre. Wem soll ich aber dieß Geschlecht vergleichen? Es ist den Kind- lein gleich, die am Markte sitzen und rufen gegen ihre Gesellen: Wir haben euch gepfiffen, und ihr wolltet nicht tanzen; Wir haben euch Klag-
lieder
Matthäus XI.
himmliſchen Ehren. Das, was Johannes ſah und hörte, war ihm nur vorübergehende Erſcheinung. Der Geringſte der vollendeten Reichsgenoſſen des Meßias hat mehr, als Erſcheinungen. Er lebt, er iſt ein Bürger in der unſichtbaren Welt. Ihn beleuchtet nicht nur ſelten etwa ein Strahl der himmliſchen Herrlichkeit. Er folgt dem göttlichen Lamme nach, wo es hin- geht. Wer reines, aufrichtigen Herzens iſt, der wird Gottes Angeſicht in Jeſus Chriſtus unaufhörlich ſe- hen. Er wird ihn ſehen, wie Er iſt, und Ihm gleich ſeyn. Bey aller ſeiner Gröſſe war Johannes doch noch ein ſterblicher Menſch — Noch mit Fleiſch und Blut, dem Elemente der Sünde und des Todes bekleidet — der Geringſte der Unſterblichen — wie er- haben muß Er über den größten aller Sterblichen ſeyn!
97. Das gewaltleidende Reich Gottes.
Von den Tagen Johannes, des Täufers bis hieher leidet das Himmelreich Gewalt, und die Gewalt thun, reiſſen es zu ſich. Denn alle Propheten und das Geſetz haben geweiſſagt bis auf Johannes, und ſo ihr’s wollt annehmen: Er iſt der Elias, der da ſoll zukünftig ſeyn. Wer Ohren hat zu hören, der höre. Wem ſoll ich aber dieß Geſchlecht vergleichen? Es iſt den Kind- lein gleich, die am Markte ſitzen und rufen gegen ihre Geſellen: Wir haben euch gepfiffen, und ihr wolltet nicht tanzen; Wir haben euch Klag-
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[148[168]/0176]
Matthäus XI.
himmliſchen Ehren. Das, was Johannes ſah und
hörte, war ihm nur vorübergehende Erſcheinung. Der
Geringſte der vollendeten Reichsgenoſſen des Meßias hat
mehr, als Erſcheinungen. Er lebt, er iſt ein Bürger in
der unſichtbaren Welt. Ihn beleuchtet nicht nur ſelten
etwa ein Strahl der himmliſchen Herrlichkeit. Er
folgt dem göttlichen Lamme nach, wo es hin-
geht. Wer reines, aufrichtigen Herzens iſt, der wird
Gottes Angeſicht in Jeſus Chriſtus unaufhörlich ſe-
hen. Er wird ihn ſehen, wie Er iſt, und Ihm
gleich ſeyn. Bey aller ſeiner Gröſſe war Johannes
doch noch ein ſterblicher Menſch — Noch mit Fleiſch
und Blut, dem Elemente der Sünde und des Todes
bekleidet — der Geringſte der Unſterblichen — wie er-
haben muß Er über den größten aller Sterblichen ſeyn!
97.
Das gewaltleidende Reich Gottes.
Von den Tagen Johannes, des Täufers
bis hieher leidet das Himmelreich Gewalt, und
die Gewalt thun, reiſſen es zu ſich. Denn alle
Propheten und das Geſetz haben geweiſſagt bis
auf Johannes, und ſo ihr’s wollt annehmen:
Er iſt der Elias, der da ſoll zukünftig ſeyn. Wer
Ohren hat zu hören, der höre. Wem ſoll ich
aber dieß Geſchlecht vergleichen? Es iſt den Kind-
lein gleich, die am Markte ſitzen und rufen gegen
ihre Geſellen: Wir haben euch gepfiffen, und
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 148[168]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/176>, abgerufen am 26.11.2024.
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