hen. Da sie aber Jesus sahe, rufete Er sie zu Sich, und sprach zu ihr: Weib! Sey los von deiner Krankheit, und Er legte die Hände auf sie. Und alsobald richtete sie sich auf, und prei- sete Gott. Da antwortete der Oberste der Schu- le, und ward unwillig, daß Jesus auf den Sab- bath heilete und sprach zu dem Volke: Es sind sechs Tage, da man arbeiten soll. An denselbi- gen kommet und lasset euch heilen, und nicht am Sabbathtage. Da antwortete ihm der Herr, und sprach: Du Heuchler! Löset nicht ein jeg- licher unter euch seinen Ochsen oder Esel von der Krippe am Sabbath und führet ihn zur Trän- ke? Sollte aber am Sabbath nicht gelöset wer- den diese, die doch Abrahams Tochter ist, von diesem Bande, welche Satanas gebunden hatte nun wohl achtzehen Jahr? -- Wahrheit und Heu- cheley -- Vernunft und Aberglaube -- Menschlichkeit und Fühllosigkeit -- wie klar sehen wir hier beyde ne- ben einander? Zu welcher von diesen beyden Schulen wollen wir uns wenden? Wo werden wir Wahrheit und Menschenfreundlichkeit, wo weise Auslegung des göttlichen Willens finden, wenn nicht bey Ihm -- der grösser ist als der Tempel? Bey Ihm dem leben- digen Tempel des ewig lebenden Gottes?
Wozu ist der Sabbath verordnet? Den Menschen zu quälen? Zum Sclaven zu machen? Nein! Zu seinem Vortheil, seiner Ruhe, seiner Freude. Diese Verord- nung ist Mittel nicht Zweck. Das Mittel zum
Zwecke
Sabbath.
hen. Da ſie aber Jeſus ſahe, rufete Er ſie zu Sich, und ſprach zu ihr: Weib! Sey los von deiner Krankheit, und Er legte die Hände auf ſie. Und alſobald richtete ſie ſich auf, und prei- ſete Gott. Da antwortete der Oberſte der Schu- le, und ward unwillig, daß Jeſus auf den Sab- bath heilete und ſprach zu dem Volke: Es ſind ſechs Tage, da man arbeiten ſoll. An denſelbi- gen kommet und laſſet euch heilen, und nicht am Sabbathtage. Da antwortete ihm der Herr, und ſprach: Du Heuchler! Löſet nicht ein jeg- licher unter euch ſeinen Ochſen oder Eſel von der Krippe am Sabbath und führet ihn zur Trän- ke? Sollte aber am Sabbath nicht gelöſet wer- den dieſe, die doch Abrahams Tochter iſt, von dieſem Bande, welche Satanas gebunden hatte nun wohl achtzehen Jahr? — Wahrheit und Heu- cheley — Vernunft und Aberglaube — Menſchlichkeit und Fühlloſigkeit — wie klar ſehen wir hier beyde ne- ben einander? Zu welcher von dieſen beyden Schulen wollen wir uns wenden? Wo werden wir Wahrheit und Menſchenfreundlichkeit, wo weiſe Auslegung des göttlichen Willens finden, wenn nicht bey Ihm — der gröſſer iſt als der Tempel? Bey Ihm dem leben- digen Tempel des ewig lebenden Gottes?
Wozu iſt der Sabbath verordnet? Den Menſchen zu quälen? Zum Sclaven zu machen? Nein! Zu ſeinem Vortheil, ſeiner Ruhe, ſeiner Freude. Dieſe Verord- nung iſt Mittel nicht Zweck. Das Mittel zum
Zwecke
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[157[177]/0185]
Sabbath.
hen. Da ſie aber Jeſus ſahe, rufete Er ſie zu
Sich, und ſprach zu ihr: Weib! Sey los von
deiner Krankheit, und Er legte die Hände auf
ſie. Und alſobald richtete ſie ſich auf, und prei-
ſete Gott. Da antwortete der Oberſte der Schu-
le, und ward unwillig, daß Jeſus auf den Sab-
bath heilete und ſprach zu dem Volke: Es ſind
ſechs Tage, da man arbeiten ſoll. An denſelbi-
gen kommet und laſſet euch heilen, und nicht
am Sabbathtage. Da antwortete ihm der Herr,
und ſprach: Du Heuchler! Löſet nicht ein jeg-
licher unter euch ſeinen Ochſen oder Eſel von der
Krippe am Sabbath und führet ihn zur Trän-
ke? Sollte aber am Sabbath nicht gelöſet wer-
den dieſe, die doch Abrahams Tochter iſt, von
dieſem Bande, welche Satanas gebunden hatte
nun wohl achtzehen Jahr? — Wahrheit und Heu-
cheley — Vernunft und Aberglaube — Menſchlichkeit
und Fühlloſigkeit — wie klar ſehen wir hier beyde ne-
ben einander? Zu welcher von dieſen beyden Schulen
wollen wir uns wenden? Wo werden wir Wahrheit
und Menſchenfreundlichkeit, wo weiſe Auslegung des
göttlichen Willens finden, wenn nicht bey Ihm — der
gröſſer iſt als der Tempel? Bey Ihm dem leben-
digen Tempel des ewig lebenden Gottes?
Wozu iſt der Sabbath verordnet? Den Menſchen
zu quälen? Zum Sclaven zu machen? Nein! Zu ſeinem
Vortheil, ſeiner Ruhe, ſeiner Freude. Dieſe Verord-
nung iſt Mittel nicht Zweck. Das Mittel zum
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 157[177]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/185>, abgerufen am 09.11.2024.
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