Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
Jesus Mutter und Brüder.
110.
Jesus Mutter und Brüder.

Da Er noch also zu dem Volke redete, siehe,Matth.
XII. 46-50

da stunden seine Mutter und seine Brüder draus-
sen; Die wollten mit Ihm reden ... Da sprach
einer zu Ihm: Siehe, Deine Mutter und Deine
Brüder stehen draussen, und wollen mit Dir
reden. Er antwortete aber und sprach zu dem,
der es Ihm ansagte: Wer ist meine Mutter?
Und wer sind meine Brüder? Und Er reckete
seine Hand aus über seine Jünger und sprach:
Siehe da! Das ist meine Mutter und meine
Brüder! Denn, wer den Willen thut meines
Vaters im Himmel, derselbe ist mein Bruder,
Schwester und Mutter.
Nur der ist mit Christus
verwandt, der Christus Sinn hat; In dem Grade
verwandt, wie er Christus Sinn hat; Der ähnlichste
mit seinem Sinn ist sein nächster Blutsfreund! Ma-
ria,
die Mutter Jesus, hat keinen Vorzug als den,
den ihre Gottseeligkeit und ihre Tugend ihr giebt. Wär'
es möglich, daß jemand noch frömmer, heiliger, deh-
müthiger wäre, als Sie -- er wäre Christus näher ver-
wandt, hätte mehr Anspruch auf Ihn -- dürfte Ihm näher
treten, könnte Ihn freyer und inniger geniessen. Wie Mut-
ter, wie Bruder und Schwester will Christus jeden halten,
der seines Vaters Willen gehorcht. Er ist der Erste und
Gehorsamste aller Söhne Gottes -- der steht Ihm am
nächsten, hat den unmittelbarsten Antheil an der Gott-
heit, der von diesem Sinn des Gehorsams, der Geduld,

und
M 2
Jeſus Mutter und Brüder.
110.
Jeſus Mutter und Brüder.

Da Er noch alſo zu dem Volke redete, ſiehe,Matth.
XII. 46-50

da ſtunden ſeine Mutter und ſeine Brüder drauſ-
ſen; Die wollten mit Ihm reden ... Da ſprach
einer zu Ihm: Siehe, Deine Mutter und Deine
Brüder ſtehen drauſſen, und wollen mit Dir
reden. Er antwortete aber und ſprach zu dem,
der es Ihm anſagte: Wer iſt meine Mutter?
Und wer ſind meine Brüder? Und Er reckete
ſeine Hand aus über ſeine Jünger und ſprach:
Siehe da! Das iſt meine Mutter und meine
Brüder! Denn, wer den Willen thut meines
Vaters im Himmel, derſelbe iſt mein Bruder,
Schweſter und Mutter.
Nur der iſt mit Chriſtus
verwandt, der Chriſtus Sinn hat; In dem Grade
verwandt, wie er Chriſtus Sinn hat; Der ähnlichſte
mit ſeinem Sinn iſt ſein nächſter Blutsfreund! Ma-
ria,
die Mutter Jeſus, hat keinen Vorzug als den,
den ihre Gottſeeligkeit und ihre Tugend ihr giebt. Wär’
es möglich, daß jemand noch frömmer, heiliger, deh-
müthiger wäre, als Sie — er wäre Chriſtus näher ver-
wandt, hätte mehr Anſpruch auf Ihn — dürfte Ihm näher
treten, könnte Ihn freyer und inniger genieſſen. Wie Mut-
ter, wie Bruder und Schweſter will Chriſtus jeden halten,
der ſeines Vaters Willen gehorcht. Er iſt der Erſte und
Gehorſamſte aller Söhne Gottes — der ſteht Ihm am
nächſten, hat den unmittelbarſten Antheil an der Gott-
heit, der von dieſem Sinn des Gehorſams, der Geduld,

und
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0207" n="179[199]"/>
          <fw place="top" type="header">Je&#x017F;us Mutter und Brüder.</fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>110.<lb/>
Je&#x017F;us Mutter und Brüder.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Da Er noch al&#x017F;o zu dem Volke redete, &#x017F;iehe,</hi><note place="right">Matth.<lb/><hi rendition="#aq">XII.</hi> 46-50</note><lb/><hi rendition="#fr">da &#x017F;tunden &#x017F;eine Mutter und &#x017F;eine Brüder drau&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; Die wollten mit Ihm reden ... Da &#x017F;prach<lb/>
einer zu Ihm: Siehe, Deine Mutter und Deine<lb/>
Brüder &#x017F;tehen drau&#x017F;&#x017F;en, und wollen mit Dir<lb/>
reden. Er antwortete aber und &#x017F;prach zu dem,<lb/>
der es Ihm an&#x017F;agte: Wer i&#x017F;t meine Mutter?<lb/>
Und wer &#x017F;ind meine Brüder? Und Er reckete<lb/>
&#x017F;eine Hand aus über &#x017F;eine Jünger und &#x017F;prach:<lb/>
Siehe da! Das i&#x017F;t meine Mutter und meine<lb/>
Brüder! Denn, wer den Willen thut meines<lb/>
Vaters im Himmel, der&#x017F;elbe i&#x017F;t mein Bruder,<lb/>
Schwe&#x017F;ter und Mutter.</hi> Nur der i&#x017F;t mit <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi><lb/>
verwandt, der <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> Sinn hat; In dem Grade<lb/>
verwandt, wie er <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> Sinn hat; Der ähnlich&#x017F;te<lb/>
mit &#x017F;einem Sinn i&#x017F;t &#x017F;ein näch&#x017F;ter Blutsfreund! <hi rendition="#fr">Ma-<lb/>
ria,</hi> die Mutter <hi rendition="#fr">Je&#x017F;us,</hi> hat keinen Vorzug als den,<lb/>
den ihre Gott&#x017F;eeligkeit und ihre Tugend ihr giebt. Wär&#x2019;<lb/>
es möglich, daß jemand noch frömmer, heiliger, deh-<lb/>
müthiger wäre, als Sie &#x2014; er wäre <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> näher ver-<lb/>
wandt, hätte mehr An&#x017F;pruch auf Ihn &#x2014; dürfte Ihm näher<lb/>
treten, könnte Ihn freyer und inniger genie&#x017F;&#x017F;en. Wie Mut-<lb/>
ter, wie Bruder und Schwe&#x017F;ter will <hi rendition="#fr">Chri&#x017F;tus</hi> jeden halten,<lb/>
der &#x017F;eines Vaters Willen gehorcht. Er i&#x017F;t der Er&#x017F;te und<lb/>
Gehor&#x017F;am&#x017F;te aller Söhne Gottes &#x2014; der &#x017F;teht Ihm am<lb/>
näch&#x017F;ten, hat den unmittelbar&#x017F;ten Antheil an der Gott-<lb/>
heit, der von die&#x017F;em Sinn des Gehor&#x017F;ams, der Geduld,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179[199]/0207] Jeſus Mutter und Brüder. 110. Jeſus Mutter und Brüder. Da Er noch alſo zu dem Volke redete, ſiehe, da ſtunden ſeine Mutter und ſeine Brüder drauſ- ſen; Die wollten mit Ihm reden ... Da ſprach einer zu Ihm: Siehe, Deine Mutter und Deine Brüder ſtehen drauſſen, und wollen mit Dir reden. Er antwortete aber und ſprach zu dem, der es Ihm anſagte: Wer iſt meine Mutter? Und wer ſind meine Brüder? Und Er reckete ſeine Hand aus über ſeine Jünger und ſprach: Siehe da! Das iſt meine Mutter und meine Brüder! Denn, wer den Willen thut meines Vaters im Himmel, derſelbe iſt mein Bruder, Schweſter und Mutter. Nur der iſt mit Chriſtus verwandt, der Chriſtus Sinn hat; In dem Grade verwandt, wie er Chriſtus Sinn hat; Der ähnlichſte mit ſeinem Sinn iſt ſein nächſter Blutsfreund! Ma- ria, die Mutter Jeſus, hat keinen Vorzug als den, den ihre Gottſeeligkeit und ihre Tugend ihr giebt. Wär’ es möglich, daß jemand noch frömmer, heiliger, deh- müthiger wäre, als Sie — er wäre Chriſtus näher ver- wandt, hätte mehr Anſpruch auf Ihn — dürfte Ihm näher treten, könnte Ihn freyer und inniger genieſſen. Wie Mut- ter, wie Bruder und Schweſter will Chriſtus jeden halten, der ſeines Vaters Willen gehorcht. Er iſt der Erſte und Gehorſamſte aller Söhne Gottes — der ſteht Ihm am nächſten, hat den unmittelbarſten Antheil an der Gott- heit, der von dieſem Sinn des Gehorſams, der Geduld, und Matth. XII. 46-50 M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/207
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 179[199]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/207>, abgerufen am 29.11.2024.