einer Schanze umgeben, dich ringsweis bela- gern, und allenthalben ängstigen werden. Sie werden dich auf den Boden schleifen und deine Kinder in dir. Und sie werden an dir keinen Stein auf dem andern lassen, darum, daß du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkennet hast.
Das Blut in den Adern steht still, wenn man die Beschreibung dieses Jammers bey Josephus lieset. Und was ist Beschreibung -- auch die umständlich- ste, treuste, darstellendste Beschreibung gegen die Ge- genwart! Ich will nur ein paar Züge aus dem schreck- lichen Gemählde anführen.
Josephus jud. Krieg B. II. K. 14.
"Man sahe im ganzen Lande nichts als Räube- &q;reyen, Mordthaten und die unmenschlichsten Grau- &q;samkeiten. Städte und Dörfer waren mit todten Leich- &q;namen von allerley Alter, Geschlechte und Stande &q;angefüllt. So bald die Juden die Syrer und Römer &q;überwältigen konnten, so vergalten sie ihnen ihre Grau- &q;samkeiten und schonten auch ihrer friedlich gesinnten &q;Brüder nicht. Auf diese Weise wurden neunzig tau- &q;send Juden ums Leben gebracht."
Joseph. v. jüd. Krieg V. B. 1. 2. K
"In der belagerten Stadt selbst gab es drey Par- &q;theyen, die einander aufs wüthendste und unmensch- &q;lichste verfolgten und aufrieben -- Sie verdarben sich &q;aus Wuth die Lebensmittel, die für die Stadt auf &q;viele Jahre hingereicht hätten.
"Da Jerusalem voll Volks war, so riß eine &q;schreckliche Hungersnoth ein, auf welche die Pest folg-
&q;te.
Matthäus XXIV.
einer Schanze umgeben, dich ringsweis bela- gern, und allenthalben ängſtigen werden. Sie werden dich auf den Boden ſchleifen und deine Kinder in dir. Und ſie werden an dir keinen Stein auf dem andern laſſen, darum, daß du die Zeit deiner Heimſuchung nicht erkennet haſt.
Das Blut in den Adern ſteht ſtill, wenn man die Beſchreibung dieſes Jammers bey Joſephus lieſet. Und was iſt Beſchreibung — auch die umſtändlich- ſte, treuſte, darſtellendſte Beſchreibung gegen die Ge- genwart! Ich will nur ein paar Züge aus dem ſchreck- lichen Gemählde anführen.
Joſephus jud. Krieg B. II. K. 14.
„Man ſahe im ganzen Lande nichts als Räube- &q;reyen, Mordthaten und die unmenſchlichſten Grau- &q;ſamkeiten. Städte und Dörfer waren mit todten Leich- &q;namen von allerley Alter, Geſchlechte und Stande &q;angefüllt. So bald die Juden die Syrer und Römer &q;überwältigen konnten, ſo vergalten ſie ihnen ihre Grau- &q;ſamkeiten und ſchonten auch ihrer friedlich geſinnten &q;Brüder nicht. Auf dieſe Weiſe wurden neunzig tau- &q;ſend Juden ums Leben gebracht.„
Joſeph. v. jüd. Krieg V. B. 1. 2. K
„In der belagerten Stadt ſelbſt gab es drey Par- &q;theyen, die einander aufs wüthendſte und unmenſch- &q;lichſte verfolgten und aufrieben — Sie verdarben ſich &q;aus Wuth die Lebensmittel, die für die Stadt auf &q;viele Jahre hingereicht hätten.
„Da Jeruſalem voll Volks war, ſo riß eine &q;ſchreckliche Hungersnoth ein, auf welche die Peſt folg-
&q;te.
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[396[416]/0424]
Matthäus XXIV.
einer Schanze umgeben, dich ringsweis bela-
gern, und allenthalben ängſtigen werden. Sie
werden dich auf den Boden ſchleifen und deine
Kinder in dir. Und ſie werden an dir keinen Stein
auf dem andern laſſen, darum, daß du die Zeit
deiner Heimſuchung nicht erkennet haſt.
Das Blut in den Adern ſteht ſtill, wenn man die
Beſchreibung dieſes Jammers bey Joſephus lieſet.
Und was iſt Beſchreibung — auch die umſtändlich-
ſte, treuſte, darſtellendſte Beſchreibung gegen die Ge-
genwart! Ich will nur ein paar Züge aus dem ſchreck-
lichen Gemählde anführen.
„Man ſahe im ganzen Lande nichts als Räube-
&q;reyen, Mordthaten und die unmenſchlichſten Grau-
&q;ſamkeiten. Städte und Dörfer waren mit todten Leich-
&q;namen von allerley Alter, Geſchlechte und Stande
&q;angefüllt. So bald die Juden die Syrer und Römer
&q;überwältigen konnten, ſo vergalten ſie ihnen ihre Grau-
&q;ſamkeiten und ſchonten auch ihrer friedlich geſinnten
&q;Brüder nicht. Auf dieſe Weiſe wurden neunzig tau-
&q;ſend Juden ums Leben gebracht.„
„In der belagerten Stadt ſelbſt gab es drey Par-
&q;theyen, die einander aufs wüthendſte und unmenſch-
&q;lichſte verfolgten und aufrieben — Sie verdarben ſich
&q;aus Wuth die Lebensmittel, die für die Stadt auf
&q;viele Jahre hingereicht hätten.
„Da Jeruſalem voll Volks war, ſo riß eine
&q;ſchreckliche Hungersnoth ein, auf welche die Peſt folg-
&q;te.
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 396[416]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/424>, abgerufen am 23.11.2024.
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