Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Verehrung und Verachtung Jesu.
Ihm zu dieser Bestimmung nicht vom Vater gegeben.
Er sollte in seinem Hause, sollte den Seinigen aller-
erst ein Evangelist und Apostel -- ein Zeuge der göttli-
chen Kraft Jesu werden. Er sollte die Erbarmung des
Herrn erst denen bekannt machen, die Ihn nun so lange
gemißt hatten. Was war natürlicher, schicklicher, men-
schenfreundlicher, als daß die, die so viele Thränen über
seinen jämmerlichen Zustand vergossen haben mögen, die
Ersten seyen, die der Anblick seiner vollkommenen Ge-
sundheit zur süssesten Freude, zur herzlichsten Dankbar-
keit erwecken sollte.

Markus VI.
14.
Verehrung und Verachtung Jesu.

Und da der Sabbath kam, hub Er an zuMark. VI.
2-6.

lehren in ihrer Schule. Und viele, die es höre-
ten, verwunderten sich seiner Lehre, und spra-
chen: Woher kommt dem solches? Und was
Weisheit ists, die Ihm gegeben ist; Daß sol-
che Thaten durch seine Hände geschehen? Ist
Er nicht der Zimmermann, Mariä Sohn, und
der Bruder Jacobi und Joses, und Judä und
Simonis? Sind nicht auch seine Schwestern all-
hie bey uns? Und sie ärgerten sich an Ihm. Je-
sus aber sprach zu ihnen: Ein Prophet gilt nir-
gend weniger denn im Vaterland, und daheim
bey den Seinen. Und Er konnte allda nicht eine

einige

Verehrung und Verachtung Jeſu.
Ihm zu dieſer Beſtimmung nicht vom Vater gegeben.
Er ſollte in ſeinem Hauſe, ſollte den Seinigen aller-
erſt ein Evangeliſt und Apoſtel — ein Zeuge der göttli-
chen Kraft Jeſu werden. Er ſollte die Erbarmung des
Herrn erſt denen bekannt machen, die Ihn nun ſo lange
gemißt hatten. Was war natürlicher, ſchicklicher, men-
ſchenfreundlicher, als daß die, die ſo viele Thränen über
ſeinen jämmerlichen Zuſtand vergoſſen haben mögen, die
Erſten ſeyen, die der Anblick ſeiner vollkommenen Ge-
ſundheit zur ſüſſeſten Freude, zur herzlichſten Dankbar-
keit erwecken ſollte.

Markus VI.
14.
Verehrung und Verachtung Jeſu.

Und da der Sabbath kam, hub Er an zuMark. VI.
2-6.

lehren in ihrer Schule. Und viele, die es höre-
ten, verwunderten ſich ſeiner Lehre, und ſpra-
chen: Woher kommt dem ſolches? Und was
Weisheit iſts, die Ihm gegeben iſt; Daß ſol-
che Thaten durch ſeine Hände geſchehen? Iſt
Er nicht der Zimmermann, Mariä Sohn, und
der Bruder Jacobi und Joſes, und Judä und
Simonis? Sind nicht auch ſeine Schweſtern all-
hie bey uns? Und ſie ärgerten ſich an Ihm. Je-
ſus aber ſprach zu ihnen: Ein Prophet gilt nir-
gend weniger denn im Vaterland, und daheim
bey den Seinen. Und Er konnte allda nicht eine

einige
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0599" n="571[591]"/><fw place="top" type="header">Verehrung und Verachtung Je&#x017F;u.</fw><lb/>
Ihm zu die&#x017F;er Be&#x017F;timmung nicht vom Vater gegeben.<lb/>
Er &#x017F;ollte in <hi rendition="#fr">&#x017F;einem Hau&#x017F;e,</hi> &#x017F;ollte den <hi rendition="#fr">Seinigen</hi> aller-<lb/>
er&#x017F;t ein Evangeli&#x017F;t und Apo&#x017F;tel &#x2014; ein Zeuge der göttli-<lb/>
chen Kraft Je&#x017F;u werden. Er &#x017F;ollte die Erbarmung des<lb/>
Herrn er&#x017F;t denen bekannt machen, die Ihn nun &#x017F;o lange<lb/>
gemißt hatten. Was war natürlicher, &#x017F;chicklicher, men-<lb/>
&#x017F;chenfreundlicher, als daß die, die &#x017F;o viele Thränen über<lb/>
&#x017F;einen jämmerlichen Zu&#x017F;tand vergo&#x017F;&#x017F;en haben mögen, die<lb/>
Er&#x017F;ten &#x017F;eyen, die der Anblick &#x017F;einer vollkommenen Ge-<lb/>
&#x017F;undheit zur &#x017F;ü&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Freude, zur herzlich&#x017F;ten Dankbar-<lb/>
keit erwecken &#x017F;ollte.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g">Markus</hi> <hi rendition="#aq">VI.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>14.<lb/>
Verehrung und Verachtung Je&#x017F;u.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Und da der Sabbath kam, hub Er an zu</hi> <note place="right">Mark. <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/>
2-6.</note><lb/> <hi rendition="#fr">lehren in ihrer Schule. Und viele, die es höre-<lb/>
ten, verwunderten &#x017F;ich &#x017F;einer Lehre, und &#x017F;pra-<lb/>
chen: Woher kommt dem &#x017F;olches? Und was<lb/>
Weisheit i&#x017F;ts, die Ihm gegeben i&#x017F;t; Daß &#x017F;ol-<lb/>
che Thaten durch &#x017F;eine Hände ge&#x017F;chehen? I&#x017F;t<lb/>
Er nicht der Zimmermann, Mariä Sohn, und<lb/>
der Bruder Jacobi und Jo&#x017F;es, und Judä und<lb/>
Simonis? Sind nicht auch &#x017F;eine Schwe&#x017F;tern all-<lb/>
hie bey uns? Und &#x017F;ie ärgerten &#x017F;ich an Ihm. Je-<lb/>
&#x017F;us aber &#x017F;prach zu ihnen: Ein Prophet gilt nir-<lb/>
gend weniger denn im Vaterland, und daheim<lb/>
bey den Seinen. Und Er konnte allda nicht eine</hi><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">einige</hi> </fw><lb/>
            </p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[571[591]/0599] Verehrung und Verachtung Jeſu. Ihm zu dieſer Beſtimmung nicht vom Vater gegeben. Er ſollte in ſeinem Hauſe, ſollte den Seinigen aller- erſt ein Evangeliſt und Apoſtel — ein Zeuge der göttli- chen Kraft Jeſu werden. Er ſollte die Erbarmung des Herrn erſt denen bekannt machen, die Ihn nun ſo lange gemißt hatten. Was war natürlicher, ſchicklicher, men- ſchenfreundlicher, als daß die, die ſo viele Thränen über ſeinen jämmerlichen Zuſtand vergoſſen haben mögen, die Erſten ſeyen, die der Anblick ſeiner vollkommenen Ge- ſundheit zur ſüſſeſten Freude, zur herzlichſten Dankbar- keit erwecken ſollte. Markus VI. 14. Verehrung und Verachtung Jeſu. Und da der Sabbath kam, hub Er an zu lehren in ihrer Schule. Und viele, die es höre- ten, verwunderten ſich ſeiner Lehre, und ſpra- chen: Woher kommt dem ſolches? Und was Weisheit iſts, die Ihm gegeben iſt; Daß ſol- che Thaten durch ſeine Hände geſchehen? Iſt Er nicht der Zimmermann, Mariä Sohn, und der Bruder Jacobi und Joſes, und Judä und Simonis? Sind nicht auch ſeine Schweſtern all- hie bey uns? Und ſie ärgerten ſich an Ihm. Je- ſus aber ſprach zu ihnen: Ein Prophet gilt nir- gend weniger denn im Vaterland, und daheim bey den Seinen. Und Er konnte allda nicht eine einige Mark. VI. 2-6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/599
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 571[591]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/599>, abgerufen am 23.11.2024.