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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.

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III. Fragment. Ursachen der Verachtung der Physiognomik.

Lassen wir nun Hässer, Verächter und Gleichgültige, jeden in seiner Art und Wesen, wie
viele sind nicht wieder, denen dieses Buch als das was es ist, willkommen seyn wird. Es wäre ein
thörichtes Beginnen, alle Menschen auf einen Punkt, und wenn dieser Punkt die Menschheit selbst
wäre, aufmerksam machen zu wollen. Wem es ein Bedürfniß ist, täglich an der menschlichen Na-
tur nähern und innigern Antheil zu nehmen, wer nicht Noth hat, sich in eine kalte Beschränkt-
heit zu verstecken, nicht durch eine anhaltende Verachtung anderer sich empor zu halten nöthig
hat, der wird mit viel Freude seinen eigenen Gesinnungen begegnen und seine innern Gefühle
manchmal in Worte ausgebildet sehen.

[Abbildung]

Viertes
III. Fragment. Urſachen der Verachtung der Phyſiognomik.

Laſſen wir nun Haͤſſer, Veraͤchter und Gleichguͤltige, jeden in ſeiner Art und Weſen, wie
viele ſind nicht wieder, denen dieſes Buch als das was es iſt, willkommen ſeyn wird. Es waͤre ein
thoͤrichtes Beginnen, alle Menſchen auf einen Punkt, und wenn dieſer Punkt die Menſchheit ſelbſt
waͤre, aufmerkſam machen zu wollen. Wem es ein Beduͤrfniß iſt, taͤglich an der menſchlichen Na-
tur naͤhern und innigern Antheil zu nehmen, wer nicht Noth hat, ſich in eine kalte Beſchraͤnkt-
heit zu verſtecken, nicht durch eine anhaltende Verachtung anderer ſich empor zu halten noͤthig
hat, der wird mit viel Freude ſeinen eigenen Geſinnungen begegnen und ſeine innern Gefuͤhle
manchmal in Worte ausgebildet ſehen.

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Viertes
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[22/0046] III. Fragment. Urſachen der Verachtung der Phyſiognomik. Laſſen wir nun Haͤſſer, Veraͤchter und Gleichguͤltige, jeden in ſeiner Art und Weſen, wie viele ſind nicht wieder, denen dieſes Buch als das was es iſt, willkommen ſeyn wird. Es waͤre ein thoͤrichtes Beginnen, alle Menſchen auf einen Punkt, und wenn dieſer Punkt die Menſchheit ſelbſt waͤre, aufmerkſam machen zu wollen. Wem es ein Beduͤrfniß iſt, taͤglich an der menſchlichen Na- tur naͤhern und innigern Antheil zu nehmen, wer nicht Noth hat, ſich in eine kalte Beſchraͤnkt- heit zu verſtecken, nicht durch eine anhaltende Verachtung anderer ſich empor zu halten noͤthig hat, der wird mit viel Freude ſeinen eigenen Geſinnungen begegnen und ſeine innern Gefuͤhle manchmal in Worte ausgebildet ſehen. [Abbildung] Viertes

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775/46>, abgerufen am 21.11.2024.