III. Fragment. Ursachen der Verachtung der Physiognomik.
Lassen wir nun Hässer, Verächter und Gleichgültige, jeden in seiner Art und Wesen, wie viele sind nicht wieder, denen dieses Buch als das was es ist, willkommen seyn wird. Es wäre ein thörichtes Beginnen, alle Menschen auf einen Punkt, und wenn dieser Punkt die Menschheit selbst wäre, aufmerksam machen zu wollen. Wem es ein Bedürfniß ist, täglich an der menschlichen Na- tur nähern und innigern Antheil zu nehmen, wer nicht Noth hat, sich in eine kalte Beschränkt- heit zu verstecken, nicht durch eine anhaltende Verachtung anderer sich empor zu halten nöthig hat, der wird mit viel Freude seinen eigenen Gesinnungen begegnen und seine innern Gefühle manchmal in Worte ausgebildet sehen.
[Abbildung]
Viertes
III. Fragment. Urſachen der Verachtung der Phyſiognomik.
Laſſen wir nun Haͤſſer, Veraͤchter und Gleichguͤltige, jeden in ſeiner Art und Weſen, wie viele ſind nicht wieder, denen dieſes Buch als das was es iſt, willkommen ſeyn wird. Es waͤre ein thoͤrichtes Beginnen, alle Menſchen auf einen Punkt, und wenn dieſer Punkt die Menſchheit ſelbſt waͤre, aufmerkſam machen zu wollen. Wem es ein Beduͤrfniß iſt, taͤglich an der menſchlichen Na- tur naͤhern und innigern Antheil zu nehmen, wer nicht Noth hat, ſich in eine kalte Beſchraͤnkt- heit zu verſtecken, nicht durch eine anhaltende Verachtung anderer ſich empor zu halten noͤthig hat, der wird mit viel Freude ſeinen eigenen Geſinnungen begegnen und ſeine innern Gefuͤhle manchmal in Worte ausgebildet ſehen.
[Abbildung]
Viertes
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0046"n="22"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Fragment. Urſachen der Verachtung der Phyſiognomik.</hi></fw><lb/><p>Laſſen wir nun Haͤſſer, Veraͤchter und Gleichguͤltige, jeden in ſeiner Art und Weſen, wie<lb/>
viele ſind nicht wieder, denen dieſes Buch als das was es iſt, willkommen ſeyn wird. Es waͤre ein<lb/>
thoͤrichtes Beginnen, alle Menſchen auf einen Punkt, und wenn dieſer Punkt die Menſchheit ſelbſt<lb/>
waͤre, aufmerkſam machen zu wollen. Wem es ein Beduͤrfniß iſt, taͤglich an der menſchlichen Na-<lb/>
tur naͤhern und innigern Antheil zu nehmen, wer nicht Noth hat, ſich in eine kalte Beſchraͤnkt-<lb/>
heit zu verſtecken, nicht durch eine anhaltende Verachtung anderer ſich empor zu halten noͤthig<lb/>
hat, der wird mit viel Freude ſeinen eigenen Geſinnungen begegnen und ſeine innern Gefuͤhle<lb/>
manchmal in Worte ausgebildet ſehen.</p><lb/><figure/></div></div><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Viertes</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[22/0046]
III. Fragment. Urſachen der Verachtung der Phyſiognomik.
Laſſen wir nun Haͤſſer, Veraͤchter und Gleichguͤltige, jeden in ſeiner Art und Weſen, wie
viele ſind nicht wieder, denen dieſes Buch als das was es iſt, willkommen ſeyn wird. Es waͤre ein
thoͤrichtes Beginnen, alle Menſchen auf einen Punkt, und wenn dieſer Punkt die Menſchheit ſelbſt
waͤre, aufmerkſam machen zu wollen. Wem es ein Beduͤrfniß iſt, taͤglich an der menſchlichen Na-
tur naͤhern und innigern Antheil zu nehmen, wer nicht Noth hat, ſich in eine kalte Beſchraͤnkt-
heit zu verſtecken, nicht durch eine anhaltende Verachtung anderer ſich empor zu halten noͤthig
hat, der wird mit viel Freude ſeinen eigenen Geſinnungen begegnen und ſeine innern Gefuͤhle
manchmal in Worte ausgebildet ſehen.
[Abbildung]
Viertes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775/46>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.